Gastbeitrag von Rüdiger Christ
Während die Thüringer SPD in Erfurt erneut eine Minderheitsregierung unterstützen und sich damit zwei Landesministerien sichern möchte, zeigt sich in der Parteibasis ein wachsender Riss. Ein prominentes Beispiel dafür ist der jüngste Austritt von Hans-Joachim Ziegler, ehemaliger Bürgermeister von Ruhla und Gründungsmitglied der SPD in der Wendezeit.
Ziegler war 1989 Gründungsmitglied der SPD im Kreis Eisenach und deren langjähriger Vorsitzender, sowie jahrzehntelang Mitglied des Kreistages und des Stadtrates in seiner Heimatstadt Ruhla und somit ein tragender Pfeiler der Kommunalpolitik.
Von 2012 bis 2018 führte er Ruhla erfolgreich als Bürgermeister. Doch nicht nur sein politisches, sondern auch sein berufliches und ehrenamtliches Engagement zeichneten ihn aus.
Nach dem Abitur absolvierte Ziegler eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und schloss ein Studium an der Technischen Universität Dresden als Diplom-Ingenieur-Ökonom im Maschinenbau ab. Beruflich war er lange Zeit in leitender Position tätig, zuletzt als Geschäftsführer der Kommunalen Personennahverkehrsgesellschaft Eisenach mbH (KVG).
Außerdem ist er vielen in der Thüringer Rhön als Mitglied der Rockband „Tramp“ bekannt, die seit den 1970er-Jahren für musikalische Highlights in der Region sorgte.
Sein persönliches Statement zu seinem Austritt aus der SPD führte Ziegler so aus: „Die SPD hat sich immer mehr von ihren eigenen Grundwerten entfernt und sich immer mehr dem ‚aufgewachten‘ Zeitgeist unterworfen, anstatt die Interessen der fleißigen, täglich hart arbeitenden Menschen zu vertreten. Gute Bildung, das Leistungsprinzip und das Versprechen von Aufstiegschancen sind dabei auf der Strecke geblieben.“
Besonders scharf formulierte Ziegler seine Kritik an der aktuellen Sicherheits- und Wirtschaftspolitik: „Wir waren eine Friedenspartei. Wenn ein SPD-Minister verkündet, wir müssten kriegsfähig werden und permanent auf immer mehr und gefährlichere Waffen gesetzt wird, ist das einfach unerträglich. Mit Wehmut denke ich an die Friedenspolitik von Willy Brandt und die staatstragende Kompetenz von Helmut Schmidt.“
Auch die wirtschaftspolitische Entwicklung unter SPD-Beteiligung bezeichnete er als inakzeptabel: „Als studierter Betriebswirtschaftler und ehemaliger Bürgermeister kann ich diese - in der Welt einzigartige - Zerstörung unserer Wirtschaft einschließlich Infrastruktur, also der Grundlagen unseres Wohlstandes und Sozialstaates, nicht länger mittragen.“
Zeichen eines größeren Problems?
Zieglers Austritt steht offensichtlich für die zunehmende Entfremdung zwischen der SPD-Führung und langjährigen Mitgliedern an der Basis.
Während die SPD auf Landesebene Regierungsbeteiligungen eingeht, verliert sie zunehmend Rückhalt bei jenen, die einst das Fundament ihrer politischen Stärke bildeten.
Stimmen wie die von Hans-Joachim Ziegler werfen ein Schlaglicht auf den innerparteilichen Zustand der Thüringer SPD als Regierungspartei.