Gastbeitrag von Thomas Wehner
Es war der vorletzte Samstag in diesem kalten und winterlichen März 2018. Der erste wirklich frühlingshafte und warme Tag in diesem Jahr. Und was passiert da in unserer schönen und noch verschlafenen Thüringer Rhön bei Dermbach: einige Besitzer von Quads und geländetauglichen Motorrädern halten es nicht mehr aus und müssen „Gas geben“.
Aber was ist das Ziel? Wo geht es hin? Diese Fragen schienen wohl eher nebensächlich zu sein, und nach so einem langen Winter muss man jetzt einmal der angestauten winterbedingten Fahruntüchtigkeit begegnen. Also, wahrscheinlich eher blind drauf los!
Jeder weiß natürlich, dass die Böden immer noch feucht oder teils gefroren sind. Die Wiesen sind noch nicht aktiv und gerade unser ganz besonderer Kalkmagerrasen verträgt ein stollenbesetztes, fast durchdrehendes Crossrad ganz besonders nicht. Und so sah es kurz nach 16.00 Uhr am unteren und oberen Staudtblick wieder einmal aus. Man raste wie besessen diesen steilen Berg hinauf und wollte es wissen, was die Maschine so draufhat.
Die Grasnarbe ist nun völlig zerstört und es dauert nun zwei bis drei Jahre, damit sich diese Flora wieder regeneriert. Das Befahren von Wiesen ist im Biosphärenreservat Rhön und vor allem auf diesen hochempfindlichen Biotopen nicht gestattet.
Man muss sich einmal vorstellen: Zwei bis drei Sekunden Spaß auf der Maschine und dagegen stehen zwei bis drei Jahre Regeneration der empfindlichen Natur. Ist das nicht der absolute Wahnsinn? Man könnte dagegenhalten und sagen: „Ist das nicht ein bisschen Wiese und die wächst schon wieder zu.“ Nein, es ist eine einzigartige Rhöner Landschaft, es ist eine Landschaft, auf der verschiedene Blumen und Gräser, die Silberdistel und viele Orchideenarten wachsen. Und dies ist schützenswert!
Und nicht nur das! Diese Maschinen lassen nicht nur uns Menschen wegen der Lärmbelästigung aufschrecken, sondern auch die Tiere des Waldes am helllichten Tag und gerade diese wissen nicht, wohin sie fliehen sollen.
Darüber hinaus liegt das landschaftlich wunderschöne und aussichtsreiche Gebiet des Staudtblicks, wie viele andere Wanderwege Dermbachs, auf dem Hochrhöner Premium Wanderweg. Dieser ist mittlerweile der deutschlandweit bekannteste Weg der Rhön geworden. Nun soll in diesem Herbst der Hochrhöner neu zertifiziert werden. Ob es die Verantwortlichen, wenn sie diese zerfahrenen Wiesen sehen, freuen wird, kann man sich kaum vorstellen.
Dass daran aber auch nicht wenige Existenzen und Lebensgrundlagen von Gastronomen und Unterkünften in und um Dermbach hängen, ist wohl diesen gasgebenden und zerstörenden Spaßfahrern wohl nicht bewusst. Dieser so sanfte Tourismus wird in Zukunft für viele Erholungssuchende und stressgeplagte Menschen eine gute Alternative zu den sonstigen „überlaufenen“ Gebirgen sein. Und dies wissen schon die einheimischen Gastronomen und Gastgeber.
Falls durch diese fahrlässigen Handlungen dieser Motorräder und „Ackerquads“ unsere Wiesen zerstört werden, hat das einen immens gefährlichen Niederschlag auf unsere in langen Jahren aufgebaute Infrastruktur. Wie wäre es alternativ, wenn sich die gasgebenden und ackernden Fahrer zusammentun und die ehemalige Dermbacher Crossstrecke neu entdecken?
Was ist uns nun wichtiger? Der kurze Spaß am Gasgeben einer Crossmaschine, was ohne die knappen fossilen Rohstoffe unserer Erde eigentlich gar nicht möglich wäre, oder die uneingeschränkte Freude an der Natur, die wir Menschen zur Erholung brauchen, uns brauch die Natur aber eben nicht!
Text & Fotos: Thomas Wehner