Information der Gemeinde Schleid
Zum großen „Backevent“ hatten die Schleider Backhausfrauen Vertreter aller Vereine des Dorfes eingeladen. Das erste gemeinsame Backen nach der Sanierung des Dorfbackhauses sollte aber vor allen Dingen ein Dankeschön an die Sparkassenstiftung sein, die mit 2.500 EURO die Backhausgruppe unterstützt hatte.
„Brot essen ist keine Kunst, aber Brot backen.“ Mit diesem alten deutschen Sprichwort begrüßte Bürgermeisterin Manuela Henkel und hieß Joachim Press von der Sparkassenstiftung, Heimatforscher Bruno Leister, Schleids Ersten Beigeordneten Martin Schuchert sowie alle Backhausfrauen und Gäste willkommen.
„Um Backen zu können, braucht man ordentliche Voraussetzungen und die haben wir mit dem Geld der Sparkasse, kommunalen Mitteln und der Unterstützung von vielen Ehrenamtlichen hier geschaffen“, so die Bürgermeisterin.
In den letzten Monaten wurden in dem bis dahin frei zugänglichen Vorraum des Backhauses zwei Haustüren eingebaut, Elektrik und Wasseranschluss verlegt, ein neuer Sockel gefliest und eine neue Küchenzeile eingebaut.
„Bisher waren unsere Backutensilien in mehreren Haushalten verteilt, doch jetzt haben wir hier alles unterbekommen und damit viel Zeit gespart“, so war von „Backhausmann“ Michael Fischer zu hören.
Er hatte vor der Renovierung bereits den Backofen in mühseliger Kleinarbeit wiederaufgebaut und funktionstüchtig gemacht.
„Wir wollen hier nicht nur traditionelle Gerichte wie den typischen Rhöner „Zwiebelsploatz“ oder Brot backen, sondern uns auch an neuen Rezepten ausprobieren“, erklärte Michael Fischer.
So hatten die Backhausfrauen bereits Spannferkel, Braten oder Pizza aus dem Schleider Backofen kredenzt. Mittlerweile packen auch viele jüngere Frauen aus dem Ort mit an.
„Das war uns besonders wichtig, weil wir die Tradition des gemeinsamen Backens auch gerne an die jüngere Generation weitergeben wollen“, so Michael Fischer.
Seine Frau Andrea – Bäckerin aus Leidenschaft – gab Einblicke in die Geschichte des Brotes. Dabei erfuhren die Gäste, dass die ersten Brote von den Ägyptern gebacken wurden. Die große Erfolgsgeschichte des Brotes hat rein praktische Gründe: Man konnte es gut aufbewahren und unterwegs mitnehmen und essen.
Joachim Press, Bruno Leister, Martin Schuchert und Manuela Henkel wurden dann auch gleich zum Kneten, Belegen und Einschieben der vorbereiteten Pizza- und Zwiebelsploatzteige eingeladen. Dazu gab es von dem Ersten Beigeordneten zuvor flotte Backschürzen mit dem Gemeindelogo und der Aufschrift: „Wir kriegen es gebacken!“ Gemeinsam wurden dann kleine Fladen mit dem „Wellerholz“ ausrollen und mit den verschiedensten Zutaten belegen.
Im Anschluss wurden die kleinen Köstlichkeiten in den Backofen eingeschoben und dann hieß es warten. Diese Wartezeit überbrückte Heimatforscher Bruno Leister mit Einblicken über den Getreideanbau und die landwirtschaftliche Entwicklung in der Rhön. Nach einer Steuerliste aus dem Jahr 1510 gab es in Schleid 31 Bauern, die insgesamt 91 Pferde hielten.
„Die Pferde wurden zum Ackerbau, also zum Anbau von „Frucht“ gebraucht“, so Bruno Leister. Mit „Frucht“ bezeichnet man in der Rhön das typische Brotgetreide Roggen.
Zu dieser Zeit erntete man in einem Jahr etwa 16 Zentner Getreide pro Hektar“, berichtete der Heimatforscher. Dazu wurden bereit 4 Zentner für die Aussaat benötigt. Mit der Erfindung der Drillmaschine vor über 100 Jahren stiegen die Erträge auf 20 bis 25 Zentner pro Hektar an.
„Heute werden in der Landwirtschaft weit über 100 Zentner erreicht“, weis Bruno Leister.
Außerordentlich beschwerlich war das Dreschen mit dem Dreschflegel zu früheren Zeiten. „Sobald die Glocke eins geschlagen hatte, rief der Vater: Kinder, steht auf.“, so lass der Heimatforscher aus den historischen Aufzeichnungen von Fabian Treis aus Kranlucken vor.
Bei einer über Wochen andauernden schweren Arbeit fanden die Bauern und ihre Familien täglich nur zwei bis drei Stunden Schlaf. Tagsüber musste die andere im Herbst reichlich anfallende Arbeit erledigt werden. Fabian Treis schreibt dann später zur Erfindung der Dreschmaschine: „Dem Erfinder, wenn sein Name bekannt wäre, gehört ein aus Erz gegossenes unverwüstliches Denkmal gesetzt.“ Weiterhin gab Bruno Leister Einblicke in die Mühlenentwicklung und in die von der fuldischen Regierung erlassene „Backordnung“.
Letztere sollte nämlich vorrangig die Brandgefahr in den Orten eindämmen und so durften vielerorts nur noch Gemeinschaftsbackhäuser betrieben werden.
„Heute haben wir Brot im Überfluss, dass sollten wir uns hin und wieder bewusst machen und dankbar dafür sein“, beschloss Bruno Leister seine Ausführungen.
Dann war es endlich soweit: die duftenden und knusprigen Pizzen und „Zwiebelsploatze“ wurden aus dem heißen Ofen gezogen. Weiterhin hatten die Backhausfrauen bereits am Vormittag kreative Sternenbrote, saftige Blechkuchen und adventliche Zimtknoten gebacken. Im Pfarrheim waren alle Gäste zur Verkostung eingeladen und ließen es sich schmecken.
Bürgermeisterin Manuela Henkel bezog sich abschließend nochmals auf das zu Beginn zitierte deutsche Sprichwort und stellte fest: „Die Kunst des Backens beherrschen die Backhausfrauen von Schleid sehr gut, aber auch das Genießen will gelernt sein und ist durchaus als Kunst anzusehen und diese haben wir heute wirklich außerordentlich gut umgesetzt!“