Gedicht von Charlotte Rothschild, ca. 1980 Israel
Heimweh nach der Rhön
Und wieder ist vergangen ein Jahr,
oft war es bewegt, doch schön.
Und wie es jetzt 40 Jahre lang war,
gedanklich war ich in der Rhön.
Den Rhönkalender halt ich in der Hand,
er wird mir alljährlich aus Tann gesandt
von einem, der mit mir fühlt.
Ich schau mir die schöne Landschaft an,
im Innersten aufgewühlt.
In Dermbach wurde ich geboren.
Die Eltern geflohen, die Heimat verloren.
Ich hielt noch aus, ich dacht, es wird gut,
doch bald verließ auch mich der Mut.
Ich konnte die Nazizeit nicht mehr ertragen.
Ich musste mich entschließen, die Flucht zu wagen.
Bei Nacht floh ich wie ein gejagter Hund
durch die Wälder nach Belgien, lebt im Untergrund,
bis sich ein Frachter bereit für uns fand,
uns Flüchtlinge bracht ins Gelobte Land.
Was damals geblieben, es ist kein Witz,
ein Rucksack war unser einziger Besitz.
Der Rucksack, der in guten Zeiten
auf Rhönwanderungen tat mich begleiten.
An dieser Stelle möchte ich noch gedenken
an einen, der mir sein Buch ließ schenken.
Ein Buch über Dermbach wie wunderbar,
als der Schreiber schon nicht mehr am Leben war,
Herr Dr. Mittermüller genannt,
war mir als Nachbar wohlbekannt.
Seine Mutter wohnte gleich nebenan,
an sie ich noch gut mich erinnern kann.-
Ich hab mich bemüht, mein Land hier zu lieben,
gedanklich doch bin in der Rhön ich geblieben.