Gastbeitrag von Susann Eberlein
In Kirchen ist es kalt. Irgendwie langweilig. Und sie sind nicht einmal halbvoll, wenn überhaupt mit alten Menschen. Zwei Teenager aus dem Wartburgkreis kennen all diese Klischees.
Trotzdem gehen sie regelmäßig zum Gottesdienst in Schweina, einem Ortsteil von Bad Liebenstein.
„Eine ältere Dame freut sich immer, wenn sie uns sieht“, hat Marie Bubbel (17) bemerkt. „Man kann ja auch einmal mit gutem Vorbild vorangehen und andere junge Leute dazu animieren. Vielleicht entdecken sie dann, das da noch mehr ist“, meint ihre Freundin Tara Bock (18).
Die jungen Frauen besuchen das Albert-Schweitzer-Gymnasium Ruhla, legen noch in diesem Frühjahr ihr Abitur ab und wollen danach wahrscheinlich studieren.
Über ihre Zukunftspläne tauschen sie sich mit ihren Klassenkameraden aus, viel weniger hingegen über die Kirche und den Glauben.
„Wir sind da eher die Exoten“, sagt Tara Bock und lacht. „Die wenigsten der Mitschüler glauben, manche verspotten es sogar.“
Sie selbst ist in einer christlichen Familie aufgewachsen.
„Ich war bei der Christenlehre und wir gehen regelmäßig in den Gottesdienst. Und wenn wir in den Urlaub fahren, besuchen wir als erstes oft eine Kirche. Gerade die am Meer sind sehr interessant“, sagt sie.
Trotzdem war sie sich nicht sicher, ob sie konfirmiert werden will. Auch wegen der gängigen Klischees, sie befürchtete zusätzlichen Stress neben dem oft hektischen Schulalltag.
Bis sie die Feier einer Freundin miterlebte, sich mit ihr austauschte und selbst in den Konfirmationsunterricht hinein schnupperte. „Ich habe gemerkt: So schlimm ist das gar nicht. Und dann bin ich geblieben“, erinnert sie sich.
Neues Image
Die Frage, ob sie konfirmiert werden will, habe sich für Marie Bubbel nicht gestellt.
„Ich bin oft mit meiner Familie in die Kirche gegangen. Es gab keine andere Option. Mittlerweile bin ich froh darüber“, sagt sie. Damit andere Jugendliche die gleiche Erfahrung machen können, müssten die Begriffe entstaubt werden.
„Wenn sie das Wort Konfirmationsunterricht hören, haben viele schon keine Lust mehr. Dabei ist der Unterricht nicht wie in der Schule, sondern viel spielerischer“, sagt Tara Bock. Auch von der Prüfung hätten viele Angst.
„Das ist kein Abitur oder wie beim Führerschein. Man muss nicht drei Stunden über die Bibel referieren“, betont Marie Bubbel.
Der Glaube festigt sie, gerade in belastenden, stressigen Zeiten mit der Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und den bevorstehenden Abi-Prüfungen. Aus den Bibelgeschichten ziehen sie Lehren, die sie im Alltag nutzen.
„Die Bibel ist noch heute aktuell. Es ist einfach schön, wenn man etwas hat, woran man glauben kann. Auch in schweren Zeiten“, sagt Tara Bock.
„Wenn mir alles zu viel ist, gehe ich sonntags in die Kirche und kann eine Stunde abschalten und Ruhe finden“, sagt Marie Bubbel.
Dass sie zu den wenigen jungen Gottesdienstbesuchern gehören, wollen sie nicht hinnehmen. Dafür engagieren sie sich im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach.
Sie haben die Kileika- und Juleika-Ausbildung in der Tasche und geholfen, die nächsten Gruppen auszubilden. Sie gestalten Gottesdienste mit und haben Krippenspielproben und Projektaufgaben übernommen.
„Man hat das Gefühl, nicht untätig rumzusitzen, sondern dazu beizutragen, dass etwas Altes erhalten wird“, sagt Marie Bubbel.
Große Fragen
An diesem Wochenende wird ihnen eine wichtige Aufgabe zuteil. Die Schülerinnen vertreten den Kirchenkreis bei der Jugendsynode in Naumburg.
In verschiedenen Arbeitsgruppen sollen dort die großen Fragen der Kirche besprochen werden: Wie kann Kirche cooler werden? Wie können sich Kinder und Jugendliche engagieren? Und wie viel Politik gehört in die Kirche?
Um Antworten zu finden, haben Tara Bock und Marie Bubbel sogar eine kleine Umfrage im Religionsunterricht gestartet. „Wir wollen nicht nur unsere Meinung einbringen“, sagen sie.
Die Referentin für Kinder, Jugend und Familie im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach, Doris Gerhardt, kennt sie seit einigen Jahren und hat sie als Vertreterinnen vorgeschlagen.
„Sie leben ihren christlichen Glauben, unterstützt durch ihre Familien, und übernehmen Verantwortung in ihrer Kirchengemeinde, indem sie sich ehrenamtlich ins Gemeindeleben einbringen.
Es ist ihnen wichtig, ihre Gaben in Kirche und Gemeinde einzusetzen, damit fröhliche Gemeinschaft im Glauben gelingt. Ihr offenes Wesen lädt suchende Menschen ein, Kirche und Glauben wahrzunehmen, als einen Ort des Angenommenseins und des Trostes“, begründet sie.
Den Austausch bei der Jugendsynode wollen sie nutzen, um frische Ideen in den Kirchenkreis zu bringen. Besonders wichtig sind ihnen Angebote, die über die eigene Gemeinde hinaus gehen und auch nach der Konfirmation Bestand haben.
„Wenn die Konfirmation vorbei ist, wird man ein wenig allein gelassen. Für viele ist sie eine Art Abschluss. Sie gehen, wenn überhaupt, erst wieder zu Weihnachten in die Kirche oder wenn sie heiraten“ sagt Marie Bubbel. Tara Bock nickt.
„Dabei ist die Konfi doch eigentlich erst ein Startpunkt“, sagt sie.