Beitrag von Lutz Gerlach, MDR THÜRINGEN
Hanna Heiderich aus Oechsen in der Rhön ist unsere Thüringerin des Monats April. Sie ist eine von vielen Engagierten, die sich um Hilfstransporte für die Ukraine gekümmert haben und selbst vor Ort waren.
Seit Wochen engagieren sich Thüringerinnen und Thüringer im ganzen Land für die Ukraine und für die Menschen, die von dort zu uns gekommen sind.
Stellvertretend für dieses außergewöhnliche Engagement haben MDR THÜRINGEN und die Ehrenamtsstiftung die junge Frau aus dem kleinen Ort im Wartburgkreis ausgezeichnet.
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Jugend als Motor für große Hilfsbereitschaft in kleinem Ort
Das Engagement der jungen Leute sichtbar machen, das ist dem Geschäftsführer der Thüringer Ehrenamtsstiftung, Niels Lange, besonders wichtig: "Was ihr hier gemacht habt, ist so wahnsinnig, so spontan:
Das ganze Dorf auf die Beine zu stellen, Spenden zu sammeln und loszufahren… Da sieht man, was für eine Power in der Jugend steckt."
Dank und Ehrung sieht Hanna Heiderich aber nicht für sich allein, sondern für alle Unterstützerinnen und Unterstützer aus dem Ort und der Umgebung:
"Das beschreibt Oechsen wieder ganz gut: Wir schaffen das zusammen", sagt sie und fügt gleich noch an: "Ihr wisst natürlich alle, dass ich das in Eurem Namen annehmen werde und für Euch annehmen werde.
Ich habe in den letzten Wochen viel geholfen. In dieser Ehrung steckt aber von jedem von Euch ein Teil mit drin. Da sollte überall Eurer Name mit draufstehen."
Und sie dankt auf Englisch ihren Gästen - vierzehn Kinder, Frauen, Mütter und Großmütter aus der Ukraine hat die Rhöngemeinde aufgenommen. Mit ihnen sind alle als Gemeinschaft gewachsen.
Und sie sei sehr glücklich, sie als Freunde und Familie hier zu haben, sagt Hanna ganz bewegt.
Helfen als Selbstverständlichkeit
Die 26-Jährige handelt, hilft gern spontan, ohne sich erst lange Gedanken über eine Sache zu machen. Schnell war für sie nach den ersten Kriegstagen in der Ukraine klar:
Gemeinsam mit einem guten Freund aus dem Ort, Florian Schlotzhauer, bringt sie die in Oechsen gesammleten Hilfsgüter im Kleinbus des Kirchenkreises Bad Salzungen-Dermbach dorthin, wo sie dringend gebraucht werden.
In einem ersten Konvoi fuhren sie zu einem Logistikzentrum in Warschau. Unmittelbar darauf fuhren die beiden ein zweites Mal, in einem von dem Oechsener Elektromeister Jens Kürschner organisierten Transport an die polnisch-ukrainische Grenze.
Die Eindrücke und Bilder in einem Flüchtlingslager an der Grenze hätten sie in ihrem Handeln bestärkt, sagt Hanna:
"Wir haben Menschen gesehen, die ihr Zuhause verloren haben und nicht wussten, wo sie hinsollen… Das war der Moment, wo wir wussten: Es hat sich gelohnt, die Hilfe kommt an."
Auf der Rückfahrt haben sie immer hilfsbedürftige Menschen aus der Ukraine mit in die Rhön genommen, nach dem Motto "Wir haben Platz, los geht’s".
Dorfgemeinschaft bietet Heimat und Lebensqualität
Zu den neuen Gästen gehört Yuliana Brahina mit ihrer zweijährigen Tochter, ihrer Mutter und ihrer Großmutter. Für sie ist Oechsen das zweite Zuhause.
"Wir haben alles, was wir brauchen, Unterstützung, Freunde… Es ist so wichtig, dass Leute in Oechsen uns helfen wie Hanna."
Es geht ums Lernen der deutschen Sprache, Arztbesuche, Wege zum Landratsamt oder zum Einkaufen.
"Das ganze Dorf hilft mit, jeder wie er kann", sagt Jens Kürschner, "und Hanna ist mit ihrer Weltoffenheit und Sprachgewandtheit der Türöffner und Telefonjoker."
Die 26-Jährige studierte Event- und Projektmanagerin, weiß aber auch, was noch wichtig ist: regelmäßige Treffen zum Kennenlernen, Erfahrungsaustausch und einander besser verstehen - bei Kaffee und Kuchen, den auch die ukrainischen Frauen mit gebacken haben.
"Wir wollen auf keinen Fall den Menschen sagen: Okay, Ihr seid jetzt hier angekommen, viel Erfolg…‘, sondern wir wollen sie wirklich eingliedern und ihnen das Gefühl geben, dass wir für sie da sind. Das ist superwichtig.
Denn sie haben gerade alles verloren und wir wollen auf jeden Fall eine Stütze sein."
Stolz hält Hanna Heiderich den Scheck über 500 Euro Preisgeld vom MDR für ihre Auszeichnung als Thüringerin des Monats in die Höhe und sagt: "Der ist für Euch."
Im Blick hat sie dabei die Helferinnen und Helfer aus dem Ort und die ukrainischen Gäste. Das Zusammenwachsen der neuen Gemeinschaft ist auf dem besten Weg.