Gastbeitrag von Katja Schramm
Das Rhönschaf gehört zu den Lieblingstieren der Kaltennordheimer Vorschulgruppe des Kindergartens „Haus der Entdecker“. Über mehrere Wochen wurden wollige Tiere gebastelt und zu diesem Thema besondere Gäste willkommen geheißen.
„Lämpchen“, „Wolli“ und „Peppi“ stehen friedlich auf der grünen Weide, kuscheln sich aneinander im gemütlichen Zusammensein, „denn genau wie wir, sind auch Schafe nicht gern allein“.
So steht es in der „Rhönschaf-Post“ der Vorschulkinder aus dem Kindergarten Kaltennordheim geschrieben. Adressiert an die Jury vom „Rhönschaf im Schuhkarton“, dem Bastelwettbewerb, bei welchem auch die ältesten Kindergartenkinder aus Kaltennordheim mitgemacht haben – 14 „Wilde Pferde“ gestalteten mit großem Eifer eine wuschelige Rhönschaf-Herde.
Das Malatelier im Kindergarten verwandelte sich dazu vier Wochen lang in eine wollige Bastelstube. Mit voller Begeisterung ging es los, die Kinder sammelten Materialien - von Kiefernzapfen über Heu, Filz, Papier, Knöpfen bis Moos.
„Mit Schere, Kleber, Nadel und Faden sogar, wurde jeden Tag gewerkelt bis die Rhönschaf-Herde samt Stall und Weide fertig war.“
Der Monat September war somit dem Rhönschaf gewidmet, samt aller Ideen, die die Kinder beim Basteln und Gestalten der Tiere und des Schuhkartons entwickelten. Ein kreativer Prozess aus Kinderhand, mit Unterstützung von Katja Schramm.
Die Erzieherin der Vorschulgruppe „Wilde Pferde“ griff den Gedanken des Bastelwettbewerbs auf, um das Rhönschaf aus verschiedenen Perspektiven betrachtet in den Mittelpunkt des Gruppenlebens zu rücken.
Nicht zuletzt, da der Kaltennordheimer Kindergarten im vergangenen Jahr als „Biosphären-Kita“ ausgezeichnet, sich intensiv mit Regionalität im Rahmen der pädagogischen Arbeit auseinandersetzt.
Dazu gehört es eben auch, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die aus ihrer Lebens- und Arbeitswelt berichten, um den Kindern auf diese Weise altersgerechtes Wissen zu vermitteln.
So wie Christian Friese, der als Schäfer bestens über die wolligen Tiere Bescheid weiß und zur Einstimmung auf das Thema zu Gast in der Vorschulgruppe war. In Tracht gekleidet, mit Schäferstab und Schippe nahm er sich viel Zeit, den „Wilden Pferden“ von den Besonderheiten der Rhönschafe, der Schäferei und den Traditionen zu erzählen.
Dabei beantwortete er viele Fragen wie: „Schwitzen die Schafe im Sommer?“, „Was essen sie besonders gern?“ und „Ist es schwer, Schafe zu hüten?“
Aufmerksam hörten die Kinder zu und wissen jetzt, dass ein echtes Rhönschaf einen schwarzen Kopf und weiße Beine hat, 10 bis 13 Stunden auf der Weide steht, Gras und Heu sehr gerne mag und eine wertvolle Ware mit sich trägt, die Wolle.
„Drei bis fünf Kilo können von einem Schaf gewonnen werden“, erklärte Christian Friese und gab jedem Kind eine „Kostprobe“ Schafswolle in die Hand, ein wachsweiches Gefühl. Kein Wunder, aus dem Wollfett kann heilsame Creme hergestellt.
Außerdem kühlt die Wolle im Sommer und wärmt im Winter, kann als Dünger im Garten und zur Dämmung verwendet werden, und, na klar, aus Wolle können Kleidungsstücke hergestellt werden wie Strümpfe, Pullover und Mützen.
Aber wie wird denn die geschorenen Schafswolle zu einem Faden verzwirbelt? Dieser spannenden Frage ging Erika Greifzu auf den Grund.
Sie brachte nicht nur ein historisches Spinnrad in den Kindergarten mit, welches von der Folkloretanzgruppe Kaltenlengsfeld dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurde.
Die 85-Jährige beherrscht sogar die Kunst des Spinnens. Aus der Not heraus, berichtete Erika Greifzu, habe sie als Kind mit 12 Jahren dieses Handwerk erlernt.
Aus Schlesien vertrieben, kam sie mit Mutter und Bruder kurz nach dem zweiten Weltkrieg in die Rhön, arbeitete in der Landwirtschaft mit, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen.
Das Spinnen am Spinnrad hat die lebensfrohe Kaltennordheimerin bis heute nicht verlernt. Welch ein Glück für die Vorschulkinder, die hautnah erleben durften wie aus Schafswolle ein Faden entsteht, der sich lustig auf die Spule wickelte.
Die übrig gebliebene Wolle wärmt jetzt die selbst gebastelten Rhönschafe im Schuhkarton. Jedes von ihnen hat einen eigenen Namen bekommen, verliehen von ihren kreativen kleinen Besitzern.
Die warten nun sehnsüchtig darauf, ihre Schäfchen nach der Begutachtung der Jury wieder zurückzubekommen. Damit „Lissi“, „Bella“ und all die anderen wolligen Freunde endlich bei den „Wilden Pferden“ zuhause einziehen dürfen.