Beitrag von Michael Knauf
Es gab kaum eine Burg, eine Ruine oder einen Berg, zu diesem nicht eine Sage ihren Weg gefunden hätte. So auch der Rockenstuhl – mit 529 Metern die höchste Erhebung im Raum bei Geisa und Schleid. Die Sage gab dem Namen „Rockenstuhl“ nachfolgende Deutung.
Eine Sage in neuer Form
In jener Zeit, als zum ersten Mal droben auf der Basaltkuppe des Rockenstuhls ein Ritter sich eine Burg erbaute, hatte diese zunächst noch keinen Namen. Der Ritter war durch sein hochmütiges und bösartiges Wesen weit und breit gefürchtet.
Sein Sohn hingegen war freundlich und überall sehr gern gesehen. Da er außerdem ein tapferer und hübscher Kerl war, war es nicht verwunderlich, dass ihm manche Jungfrau der Gegend begehrlichen Herzens nachblickte. Dann kam die Stunde in der, unser junge Herr sein Herz verlor.
Auf der Heimkehr von einer Jagd sah er im Dorfe Geismar eine junge blühende Bauerntochter. Sie saß vor ihrer Haustür, hatte vor sich einen Spinnrocken und war fleißig bei der Arbeit. Ein so liebliches Bild hatte der Jüngling noch nicht erschaut und mit seinem Seelenfrieden war es vorbei.
Auch die Jungfrau fand ein größtes Wohlgefallen an dem galanten Rittersohn. Von da an suchte der Ritter die schöne Bauerntochter und Spinnerin jeden Tag auf. Schließlich beschloss der Ritter das Mädchen mit guten Ruf ernstlich zu ehelichen. Also trat der junge Mann bald danach vor seinen hochmütigen Herrn Vater und teilte diesem seine Heiratsabsichten mit.
Der alte Ritter war außer sich und geriet in einen maßlosen Zorn. Aber sein Sohn blieb fest. Da er trotz aller väterlichen Drohungen und Warnungen von seinem Vorsatz nicht abweichen wollte, ließ der alte gewalttätige Ritter seinen eigenen Sohn in den Hungerturm werfen.
In der darauffolgenden Zeit wartete die schöne Jungfrau vergebens auf Ihren Geliebten und grämte sich fast zu Tode. Endlich erfuhr sie durch einen Bediensteten, was Entsetzliches auf der Burg geschehen war. Jetzt konnte die Jungfrau zu Hause überhaupt keine Ruhe finden.
Eines schönen Tages wanderte sie mit ihrem Rockenstuhl den Berg zur Burg hinauf. Sie suchte und fand einen Platz wo sie den Turm sah, wo ihr Geliebter schmachtete. Dort setzte sie sich mit ihrem Spinnrad hin.
Tag und Nacht schaute sie sehnsuchtsvoll und tränenden Augen nach jenem Verließ, bis man sie eines Morgens entseelt dort vorfand. Ihr Geliebter, der junge Ritterssohn blieb trotz aller Ungemach am Leben.
Als er später selbst der Burgherr wurde, ließ er den Rockenstuhl seiner Geliebten, auf seiner Burg aufstellen und gab anschließend dem Berg den Namen Rockenstuhl.
Nach einer anderen Darstellung soll der Berg seinem Namen von einem gewissen Roggs haben, der einmal Gaugraf des Buchenwaldes war. *
Nach dieser Sage in neuer Form nun einige geschichtliche Fakten aus alten Aufzeichnungen und aus historischen Akten zu unserem Rockenstuhl.
Im Jahr 1186 übereignete der Abt Konrad, den Herrn Gerlach vom Rockenstuhl das Gut. Der Abt Bertho von Leipholz erklärte in den Jahren zwischen 1261 und 1271 den Rockenstuhl als Raubritterburg und ließ diese zerstören. Es erfolgte aber ein unverzüglicher Neubau der Burg.
Im Jahr 1354 unter Fürstabt Heinrich VII. von Kranlucken (Craluck), wird direkt neben der Burg eine Kapelle erbaut die dem heiligen Pankratius geweiht wurde. Durch einen Vikar der Pfarrei von Schleid erfolgte die Seelsorgerische Betreuung. 1497 wird der Junker Bastian von Wildungen zum Amtmann des Rockenstuhl berufen.
In den Jahren 1631/32 wurde die Burg vom Rockenstuhl und das Dorf Schleid von Reitertruppen ausgeplündert. Die Gebäude der Burg am Rockenstuhl sollen 1699 durch einen Blitzschlag oder Brand total zerstört worden sein. Es erfolgte der Neubau eines Fürstabtlichen Schlosses.
Anfang des 18. Jahrhunderts erhält der letzte Amtmann Petrus Faber, die Anweisung das Justizamt Rockenstuhl in die Rhön- Stadt Geisa anzusiedeln. Im Jahr 1714 wird das Schloss am Rockenstuhl abgebrochen.
Sämtliches Inventar nebst Akten wurden in das schmucke Amtsgebäude mit Turm nach Geisa verbracht, welches 1668-1700 von Placidos von Droste erbaut wurde. Das nun entstandene Geisaer Amt war eine große Erleichterung für die Bewohner des Ulstertals. Nun konnte man alle anfallenden Amtsgeschäfte mit Einkäufen o.ä. in Geisa verbinden.
Der letzte Amtmann von Rockenstuhl Petrus Faber fand seine Ruhe auf dem Friedhof am Gangolfiberg in Geisa. Sein Grabstein wurde auf der Südseite/Ulsterseite der Friedehofskapelle eingemauert. In der rechten oberen Ecke des Grabsteines ist eine Ansicht des Rockenstuhlschlosses zu sehen.
Anfang des 20. Jahrhundert errichtete der Rhönklub eine Schutzhütte (1901) und einen hölzernen Aussichtsturm (1926) auf dem Rockenstuhl.
In den früheren 1970 iger Jahren wurde ein VHF Umsetzer für das Fernsehprogramm Kanal 12, DFF 1 (ex DDR), auf dem Rockenstuhl errichtet. Der Stahlgerüst-Turm wurde mittels Interflug Hubschrauber von Schleid aus auf den Rockenstuhl geflogen und vor Ort montiert.
Zu DDR Zeiten war der Berg über vier Jahrzehnte für auswärtige Wanderer wegen der Grenznähe kaum zugänglich. Ab den 1990 iger Jahren ist der Berggipfel des Rockenstuhls wieder für jeden Wandersmann frei zu erklimmen.
Auf dem Plateau hat der Rhönklub eine Gedenktafel für die weltbekannten und aus Geisa stammenden Botaniker Moritz Goldschmidt und Adalbert Geheeb errichtet. Außerdem befinden sich Informationstafeln, ein Schutzhaus, ein Grillplatz und eine Aussichtsplattform auf dem Gipfel.
In der Nähe des Rockenstuhls konnte nach der Wende das weithin bekannte Geisaerämter Kreuz errichtet werden. Ein 11 km langer historischer Lehrpfad von Geisa, über Schleid zum Gipfel des Rockenstuhls, lädt zum Wandern und Verweilen ein.
Auf diesem Wege möchte ich mich bei den Geschichts- & Heimatforschern Frau M. Hahn, Herrn A. Henning, W. Ritz, B. Leister, H. Kleber (+), und M. Dittmar für ihre Jahrzehnte langen Erforschungen der Geschichte des Geisaer Lands und der Rhön bedanken. Ohne deren Recherchen und Vorarbeiten wäre die Erstellung dieses Beitrags nicht möglich gewesen.
Wer mehr über die Geschichte des Rockenstuhls erfahren möchte dem empfehlen wir das Buch von dem Geistlichen Rat Herr Adelbert Schröder(+): „Land an der Straße.“ St.Benno-Verlag,Leipzig 1989, ISBN 3-7462-0430-5,