Gastbeitrag von Tamara Burkardt
Wer kennt es nicht: Man liegt im Bett und hofft, dass es mit dem Einschlafen dann doch irgendwann klappt. Schließlich will man ja fit sein für den nächsten Tag.
Oft trifft uns die Schlaflosigkeit aber auch genau dann, wenn wir am nächsten Tag eigentlich nicht so richtig ausschlafen können. Nur erzwingen lässt sich Schlaf eben leider nicht.
Wohl aber beeinflussen – und das ziemlich erfolgreich auch nichtmedikamentös. Wie verrät Schlafmediziner Frank Schilling, Leitender Oberarzt des Fachbereichs Neurologie des Helios Klinikums Meiningen.
Schlaflosigkeit – davon betroffen ist ein ziemlich beachtlicher Teil der Bevölkerung: Rund 15 Prozent der Menschen leiden unter gelegentlichen Schlafstörungen, nochmal genauso viele unter chronischen.
In der Gruppe der über 65-Jährigen sind es in beiden Fällen schon 25 Prozent, Tendenz steigend. Ist das nun die Konsequenz aus unserer leistungsgetriebenen Gesellschaft? Jaein.
Was viele nicht wissen: Schlaf unterliegt der Regulation unseres sogenannten vegetativen Nervensystems. Das bedeutet, Funktionen, die diesem System unterliegen, werden unabhängig von unserem Willen, also autonom gesteuert, wie z.B. auch Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Darmtätigkeit oder die sogenannte „Gänsehaut“, wenn wir frieren.
„Über die meisten Vorgänge davon machen wir uns keine Gedanken, solange alles funktioniert. Genau wie übers Schlafen. Erst, wenn Funktionen des vegetativen Nervensystems gestört oder eingeschränkt sind, rücken sie in unser Bewusstsein. Halten diese Störungen an, werden sie gar lästig“, betont Schlafmediziner Frank Schilling.
Er ist Leitender Oberarzt des Fachbereichs Neurologie des Helios Klinikums Meiningen und setzt sich dafür ein, Schlafstörungen erstmal nichtmedikamentös entgegen zu wirken.
„Dauerhafte Schlafstörungen machen natürlich müde, reizbar oder stören gar die Konzentration und Leistungsfähigkeit. Das kann zu Unfällen oder einer erhöhten Anfälligkeit für weitere Erkrankungen führen.
Doch bevor der Griff zur Schlaftablette das Problem nur verschiebt, ist es wichtig, die Ursache der Schlafstörung herauszufiltern und ihre nichtmedikamentös entgegen zu wirken“, betont der Schlafexperte.
Ruhe schaffen und Rhythmus einführen
Besonders wichtig ist dabei die Schlafhygiene. Wer unter Schlaflosigkeit leidet, sollte diese also auf den Prüfstand stellen: schlafstörende Faktoren beseitigen und schlaffördernde Maßnahmen einläuten.
Das fängt zum Beispiel schon damit an, für Entspannung und Gelassenheit zu sorgen, bevor man ins Bett geht. Der Tag sollte in Ruhe ausklingen, das Schlafzimmer kühl, gut gelüftet, dunkel und geräuscharm sein. Auch ein lauter Schlaf des Bettnachbarn kann diese Ruhe beeinträchtigen.
Einschlafrituale können helfen. Probleme sollten nicht mit ins Bett genommen werden.
„Auch Uhren oder Wecker in Sichtweite schaffen meist Frustration, wenn man auf Schlaf hoffend ständig darauf blickt und merkt, dass die verbleibende Zeit bis zum Aufstehen unaufhaltsam weniger wird.“
Regelmäßige körperliche Aktivität fördert dagegen den Schlaf. Doch Vorsicht: Sport, heiße Bäder oder Saunabesuche zu später Stunde sind eher schlafstörend und sollten etwa vier Stunden vor dem geplanten Zubettgehen beendet werden.
„No-Go“ nächtliche Essattacken
Auch der Umgang mit Nahrungs- und Genussmitteln beeinflusst unseren Schlaf. Obwohl Alkohol als altbewährtes Schlafmittel gilt, ist es jedoch leider ziemlich ungesund, kalorienhaltig und genau wie Nikotin ein Suchtmittel. Es gilt also: in Maßen.
Ebenfalls aufpassen sollten Menschen, die unter Schlaflosigkeit leiden beim Genuss von Kaffee oder Schwarztee, der durch Koffein und Tein eher aufputschende Wirkung hat und daher spätestens bis zum frühen Nachmittag getrunken werden sollte.
Auch ein zu voller oder zu leere Magen stört den Schlaf. Absolutes „No-Go“ ist leider nächtliches Essen. Denn das kann schnell einen Reflex auslösen, der einen schon nach wenigen Tagen mit Hunger erwachen lässt.
Lerche oder Eule – Klassische Typenfrage
Letztlich ist der Schlaf, weil so individuell wie wir Menschen selbst, eben auch eine Typensache.
„Der Morgentyp, die Lerche, ist abends früher müde als die sogenannte Eule, also der Abendtyp. Letzterer steht dafür gern später auf und benötigt früh oft eine längere Anlaufzeit, während die Lerche meist zeitig und spontan erwacht.
Jeder sollte also für sich entscheiden, wann er zu Bett geht und das nicht der Uhr überlassen oder warten, bis der Partner müde wird“, erklärt der Schlafmediziner im Helios Klinikum Meiningen Frank Schilling.
Schläft man abends bereits auf der Couch oder im Sessel ein, müsse man sich nicht wundern, wenn das Einschlafen später im Bett nicht mehr klappt – die dafür erforderliche Müdigkeit ist erst einmal verpufft.
Neben all‘ diesen Tipps zur Schlafhygiene spielen auch verhaltenstherapeutische Verfahren eine wichtige Rolle in der nichtmedikamentösen Behandlung chronischer Ein- und Durchschlafstörungen.
Die sogenannte Stimuluskontrolle prüft das Bett auf seine primäre Funktion und ist laut Schlafmediziner Schilling eine der wirksamsten Techniken. Sie soll helfen, die kognitive Verbindung „Bett = Schlaf“ wiederherzustellen, indem das Schlafzimmer künftig wieder ausschließlich dem Schlafen dient.
Fernsehen, Essen oder Lesen sollten darin vermieden werden. Ausnahme ist allenfalls das Ermüdungslesen als Einschlafritual.
Entsprechend qualifizierte Berater in schlafmedizinischen Zentren wie dem im Helios Klinikum Meiningen geben individuelle Tipps zur konkreten Durchführung dieser wie auch anderer verhaltensorientierter Techniken sowie Möglichkeiten der Entspannungsverfahren, die helfen können, wieder zu erholsamem Schlaf zu gelangen.