Gastbeitrag von Wolfgang Weber
Auf die Frage „Wie kann man mehr Rhön erleben und erfahren?“ haben die Autoren Hans-Dieter Bieniek, Gerhard Schätzlein und Karin Kampf eine neue Antwort.
Das Wanderbuch „Grenzland Rhön“ mit elf exklusiven Wanderrouten auf historischen Pfaden im und am Grünen Band soll die Region, ihre politisch-historische Geschichte und Sehenswürdigkeiten erlebbar machen.
Präsentiert wurde die druckfrische Lektüre der Öffentlichkeit nun erstmals im Haus auf der Grenze. Für Abwechslung sorgten dabei Zeitzeugen, die über ihre außergewöhnlichen Fluchten am ehemaligen Eisernen Vorhang berichteten.
Dem Leser wird auf den 184 Seiten nicht nur schmackhaft gemacht, die vielfältigen Landschaftsformen der Rhön mit möglichst intakter und unberührter Natur im Umfeld des früherer Eisernen Vorhangs mit Rucksack und Wanderstock zu entdecken.
Mitgeliefert werden nämlich auch gleich eine Reihe an interessanten Begebenheiten zum Leben am und im ehemaligen Grenzgebiet sowie abenteuerliche Geschichten von gelungenen und gescheiterten Fluchtversuchen.
Einige Episoden davon hatten bei der Buch-Präsentation die Zeitzeugen im Gepäck. So zum Beispiel ließen Rainer Bonss, Wolfgang Heggen und Hans-Norbert Endter ihre waghalsige Flucht auf dem Podium detailreich Revue passieren, die sie 1965 als 16-Jährige mit einem selbstgebauten Minensuchgerät bei Hermannsfeld riskierten.
Auch Alexander Kiel berichtete über seine Beweggründe aus Geisa als 16-Jähriger Junge abzuhauen und wie es ihm und einem Kumpel gelang, die Grenzsperranlagen 1965 bei Wiesenfeld unverletzt zu überwinden.
Über seine Entscheidung als Grenzsoldat spontan bei Unterbreizbach „in den Westen zu machen“, erzählte schließlich Eberhard Wünsche. Mit einem Augenzwinkern fügte er an, dass er, als er sich in Sicherheit wähnte, nicht an einer Wohnungstür klopfte, sondern am Eingangstor eines Hühnerstalls auf Einlass hoffte.
Mit dem vorliegenden Buch wird erstmals ein politisch-historischer Wanderführer aufgelegt, der nicht nur die herrliche Landschaft der offenen Fernen im Dreiländereck zwischen Henneberg und Geisa beschreibt, sondern zu jeder Route auch immer wieder Bezug auf Ereignisse der ehemaligen innerdeutschen Grenze Bezug nimmt.
Hans-Dieter Bieniek, Gerhard Schätzlein und Karin Kampf schilderten den rund 120 Zuhörern die Motivation, die zur Umsetzung des Projektes führten sowie Hintergründe zu den Recherchen und die Hürden, die es bei der Suche nach den Unterlagen aus den unterschiedlichsten Quellen und Archiven zu überwinden galt.
Verwertet wurden eine Vielzahl an Informationen, die vor allem aus persönlichen Gesprächen mit Betroffenen, von Mitarbeitern aus Behörden, vor allem aber aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl und den Archiven von Kommunen und Zeitungen stammen.
Die elf Rundwanderrouten entlang des Grünen Bandes in dem Wanderführer „Grenzland Rhön“ - alle geeignet für durchschnittlich geübte Wanderer und meist in etwa zwei bis vier Stunden Wanderzeit zu bewältigen - legen ein besonderes Augenmerk auf die vielfältigen Landschaftsformen der Rhön und auf möglichst intakte, unberührte Natur.
Die Strecken sind ausführlich beschrieben und zur Orientierung gibt es jeweils eine Übersichtskarte sowie Angaben zu Schwierigkeitsgrad, Länge und Höhenmeter.
Ein QR-Code leitet bei Bedarf weiter zur Komoot-Wander-App. Weiterhin geben die Verfasser Tipps zu Gasthäusern, Sehenswürdigkeiten und interessanten Zielen in der Umgebung.
Erhältlich ist das Produkt für 14 Euro an der Kasse im Haus auf der Grenze sowie in parzellers Buchverlag (ISBN 978-3-7900-0574-5).
Zu Beginn der Buchvorstellung hatte Benedikt Stock das Publikum, die Verfasser, die Zeitzeugen und den Geschäftsführer von parzellers Buchverlag, Rainer Klitsch, in der Gedenkstätte Point Alpha begrüßt.
Es sei erfreulich, merkte der Geschäftsführende Vorstand mit Blick in das bis auf den letzten Platz vollbesetzte Forum an, dass lokale Themen mit Bezug zur deutsch-deutschen Teilung ein solch großes Interesse erzeugen.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Jan Ludwig Antoni, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Point Alpha Stiftung.