Gastbeitrag von Michael Knauf
Die Rhönstadt Kaltennordheim liegt im oberen Feldatal, im Südwesten des Freistaats Thüringen und gehört zum Landkreis Schmalkalden-Meiningen.
Die Stadt Kaltennordheim umfasst zwölf Stadtteile in denen 5700 Einwohner leben. Die Stadt liegt rund 440 Meter über N/N. Eine urkundliche Ersterwähnung erfolgte bereits am 6. Juli 795.
Das Stadtrecht mit Wappen bekam Kaltennordheim am 12. Oktober 1562 durch den Grafen Wilhelm von Henneberg verliehen.
Seit dem Jahr 1563 wird jährlich zu Pfingsten der weithin bekannte und beliebte Heiratsmarkt abgehalten. Es handelt sich um das größte Volksfest in der thüringischen Rhön.
Erwähnenswert ist, dass in der Stadt Kaltennordheim, in klaren Winternächten, regelmäßig die niedrigsten Temperaturen Thüringens und in einigen seltenen Fällen sogar deutschlandweit gemessen werden.
Lassen wir an dieser Stelle den Kaltennordheimer Klaus Schmidt (+) zum Thema Notgeld zu Wort kommen.
Herr Schmidt hatte, vor fast drei Jahrzehnten, in der Festschrift "1200 Jahre Kaltennordheim" von 1995 und in einer Ausstellung des Heimat & Geschichtsverein „Merlins“ die Thematik Notgeld/Gutscheine wie folgt treffend beschrieben (Zitat):
„Die herausgegebenen Notgeldscheine waren oft von hoher künstlerischer Qualität - allemal aber sind sie ein Spiegelbild der Hoffnungen, Befürchtungen und Situationseinschätzungen der Zeitgenossen jener Jahre während des Ersten Weltkrieges und der Inflationszeit.
Serienscheine wahren in der Regel auf der Vorderseite, noch ihren Geldcharakter, obwohl die meisten von ihnen wohl nie im Umlauf gewesen sind.
Auf der Rückseite hingegen zeigen sie in Fortsetzung Ortsansichten, berühmte Persönlichkeiten, Themen aus der Literatur, geschichtliche Ereignisse, Sagen usw. - alles das, was den Auftraggebern oder dem mit dem Entwurf beauftragten Künstler zu dem jeweiligen Ort einfiel.
Man hat kaum den Eindruck, Geld in der Hand zu haben, äußerst interessante Sammelbilder sind es, die man zusammenträgt.“
Infolge des Ersten Weltkriegs wurden die Ressourcen an kriegswichtigen Bunt-und Edelmetallen, für die Rüstungsindustrie im deutschen Kaiserreich knapp.
Es gab eine staatliche Abgabepflicht für Gegenstände aus Zinn, Kupfer und für die Umlaufmünzen aus Gold und Silber. In Kaltennordheim mussten zwei Kirchenglocken abmontiert, zerschlagen und abgegeben werden.
Die Rhönstadt hatte 74 gefallene Männer in diesem Krieg zu beklagen.
Da 75 Prozent des Münzgeldes aus dem Zahlungsverkehr gezogen wurden, war es unumgänglich für den Handel, dieser Situation mit der Herausgabe von Notgeld/Gutscheinen entgegen zu steuern.
Auch wurde in dieser Zeit ein starkes Interesse an Notgeldscheinen von Sammlern geweckt und es entwickelte sich ein regelrechter Tausch-und Handelssektor.
Nach einem staatlichen Genehmigungsverfahren durch das Land Sachsen-Weimar-Eisenach, konnten von der damaligen Stadtverwaltung Kaltennordheims am 1. September 1919, zwei verschiedene Notgeldscheine mit den Werten 25 Pfennig und 50 Pfennig herausgegeben werden.
Am 20. November 1920 folgte eine weitere, neugestaltete Serie von 25 Pfennig und 50 Pfennig-Gutscheinen. Die staatliche Druckgenehmigung wurde durch das am 1. Mai 1920 neu gegründete Land Thüringen erteilt.
Die Notgeldscheine von 1919 hatten eine Größe von 59 mm x 90 mm und eine Papierstärke von 1 mm. Der grafische Entwurf und das Layout der Gutscheine stammen von dem Künstler Ludwig Hummel.
Die Scheine besaßen keinerlei Wasserzeichen. Die Vorderseiten zeigen in der Mitte das Stadtwappen von Kaltennordheim, rechts und links die jeweilige Wertangabe und den sinngemäßen Vers: „Aus Sklavenketten kann nur Arbeit uns retten“.
Die Rückseite ist zweigeteilt, auf der linken Seite ist ein Landwirt abgebildet, der vor einer Kleinstadt-Kulisse die Saat ausbringt.
Auf der rechten Seite ist nochmalig eine Wertangabe, die Gemeinde und die Gültigkeit (Laufzeit) des Gutscheines vermerkt. Die Gutscheine sind mehrfarbig und matt bedruckt.
Die neugestaltete Notgeldserie von 1920 hatte etwas kleinere Abmessungen und zwar von 54 mm x 81 mm und ebenfalls eine Papierstärke von einen Millimeter.
Der Kaltennordheimer Stadtrat beauftragte mit dem Druck der Serienscheine die Weimarische Druckerei AG in Saalfeld / Thüringen. Die Scheine sind mehrfarbig, in einer schönen künstlerischen Grafik und ohne Wasserzeichen ausgeführt.
Auf der Vorderseite ist unter der Wertangabe die Gültigkeit vermerkt, darunter ist der Ausstellungsort, das Datum und die Unterschrift des Bürgermeisters, sowie mittig das Stadtwappen und links die Seriennummer zu sehen.
Die Rückseite ziert wiederum der Spruch: „Das Alte Stürzt. Es ändert sich die Zeit und neues Leben blüht aus den Ruinen.“
In der Mitte des Scheines ist nach der jeweiligen Wertangabe rechts/links, eine sinngemäße Stadt-Silhouette von Kaltennordheim angedeutet.
Nach Überlieferungen sollen sich einige Ratsherren auf der Scheinrückseite ein Bild von der 1875 durch Friedrich Christian Dittmar im Gemeindebrauhaus gegründeten, privaten Rhönbrauerei gewünscht haben.
Auch soll von einigen anderen Herrn eine Abbildung der Nikolaikirche favorisiert worden sein. Beide gutgemeinten Vorschläge wurden verworfen und es blieb bei der schematischen Darstellung der Rhönstadt.
Wer Lust auf das Sammeln von Kaltennordheimer Notgeldscheinen bekommen hat, der wird im Internet bei ebay oder in Sammlershops fündig. Die Preise für zwei Scheine (25 Pf. und 50 Pf.) liegen im Schnitt um die 6,00 Euro.
Auf diesem Wege möchte ich mich bei einigen Mitgliedern des Heimat & Geschichtsverein „Merlins“ aus Kaltennordheim für die Hilfe und Unterstützung bei der Erstellung des Beitrages bedanken.
Einen besonderen Dank an Frau Carola Schmidt und Frau Claudia Greifzu, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Frau Carola Schmidt stellte mir wichtige Unterlagen und Abbildungen aus ihrem Archiv zur Verfügung.