Gastbeitrag von Manuela Henkel
Auf Schusters Rappen konnten interessierte Wanderer am vergangenen Sonntag das Kohlbachtal entdecken und dabei viel über die Geschichte der Region erfahren.
Eingeladen zu der zwölf Kilometer langen geführten Wanderung hatte der Heimatverein Kohlbachtal. Los ging es am Kirchplatz in Kranlucken, wo Wanderführer Thomas Henkel und Vereinsvorsitzender Thomas Schütz die Wanderfreunde mit einem Schnaps begrüßten.
Bei sonnigem Frühlingswetter machten sich die circa 200 Besucher dann auf in Richtung Geisaer Waldhaus.
„Dieses schöne Fleckchen Erde hat viel Spannendes zu erzählen“, berichtete Manuela Henkel, die in Vertretung für Heimatforscher Bruno Leister von der Geschichte des Ortes berichtete.
So hieß der Geisaer Wald ursprünglich „Roppels“ oder „Ruppels“. Hier lag nämlich einst unter dem heutigen Geisaer Waldhäuschen der Roppelshof, der erstmals 1632 in Unterlagen nachgewiesen ist.
„Die Bezeichnung kommt von „rupp“ oder ruppig, was so viel wie rau oder bergig bedeutet“, erläuterte Manuela Henkel. Der Hof gehörte der Stadt Geisa, die ihn verpachtete.
Die Bauern hatten hier oben durchaus ihr Auskommen. Das spiegelt sich auch in alten Sagen wieder, zum Beispiel derer vom Roppelshans mit seiner Tochter Käthchen, die ein „Vermögen in barem Gelde von 100 Gulden“ haben sollte und damit das reichste Mädchen in der ganzen Gegend war.
Die Wiesen rund um das Geisaer Waldhaus waren früher Ackerland des Roppelshofes. Das erkennt man heute noch an der terrassenförmigen Anlage mit den sogenannten „Miedelrainen“, den Abschnitten zwischen den einzelnen Äckern. Außerdem gibt es am Wiesenrand einen Basaltstein, auf dem ein Pflug oder eine Egge ihre Einkerbung hinterlassen haben.
Vor etwa 275 Jahren sollte direkt über dem Hof eine Höhenstraße angelegt werden. Auf einer entsprechenden Karte von 1750, die von Claudia Greifzu vom Geschichtsverein „Merlins“ aus Kaltennordheim zur Verfügung gestellt wurde, gibt es den Vermerk: „Roppelshof gestanden“.
In der Nähe des Geisaer Waldhauses gab es 1881 auch einen tragischen Jagdunfall. Ein Jagdpächter erschoss eine Mutter von fünf Kindern aus Zitters, die mit Grassuche im Walde beschäftigt gewesen war.
Laut Familienüberlieferung hatte die Frau ihr Kopftuch am Hinterkopf in zwei Zipfeln so zusammengebunden, dass der Jäger sie für die Ohren eines Rehes hielten.
Zur Erinnerung ist ein Hinweisschild gleich hinter dem Waldhaus an einem Basaltstein angebracht. Thomas Henkel berichtete dann von einem dramatischen Flugzeugabsturz, der von Lothar Wehner aus Kranlucken recherchiert wurde.
Am 22. Januar 1944 stürzte ganz in der Nähe des Waldhauses ein Flugzeug der deutschen Wehrmacht ab. „Es war eine Heinkel 111 aus dem Kampfgeschwader 100, genannt „Viking““, so Thomas Henkel.
Man nimmt an, dass sich die Maschine auf einem Test- und Ausbildungsflug befand. Die Maschine stürzte in eine mächtige Eiche und zerschellte am Boden.
Der Pilot und ein zweiter Mann waren sofort tot. Zwei weitere Besatzungsmitglieder konnten sich mit Fallschirmen retten. Weiterhin konnten die Wanderer Interessantes zur Geschichte des Geisaer Waldhauses zu erfahren.
Die Stadt Geisa hat heute noch mit 1.200 Hektar einen beachtlichen Waldbestand und verkaufte vor etwa 250 Jahren jährlich 534 Klafter Bau- und Werkholz, das sind immerhin etwa 1.800 Kubikmeter. Dazu kamen noch 22.500 Bündel Reisigwellen.
Vor etwa 150 Jahren ließ sich ein Jagdpächter aus Köln das erste Waldhaus bauen. 1918 wurde das Waldhaus an die Stadt verkauft, die es als Unterkunft für die Holzfäller nutzte.
Nach dem Krieg bemühten sich die Natur- und Heimatfreunde des Kulturbundes aus Geisa um den Erhalt. Sie renovierten und reparierten in ihrer Freizeit das Häuschen und verhinderten so den Verfall.
Aus Angst, das Waldhaus könnte Fluchtwilligen als Unterkunft dienen und wegen der weiten Sicht nach Hessen, wurde es Mitte der 1970er Jahre vom DDR-Regime abgerissen.
Nach einigen „Husarenstreichen“ der Geisaer konnte 1998 der Neuaufbau erfolgen, bei dem viele Handwerker, Betriebe, Vereine und die Bürger der Stadt ehrenamtlich mithalfen.
Heute bietet das Waldhaus Wanderern eine Unterkunft und zeugt von der reichhaltigen Geschichte der Region. Im Anschluss machten sich die Wanderer auf den Weg nach Gerstengrund, wo es Kaffee und selbstgebackenen Kuchen gab.
Da der Rückweg bergab ging, war man dann auch schnell wieder in Kranlucken, wo die Vereinsmitglieder auf dem Kirchplatz zu Gegrilltem und gemütlichen Beisammensein einluden.