Das Rote Moor im hessischen Teil des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön ist nicht nur einzigartiger Lebensraum für hochspezialisierte und vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und Tierarten, sondern ein wichtiger CO2-Speicher.
Doch insbesondere nach den trockenen Sommern der vergangenen Jahre ist das Rote Moor – wie zahlreiche weitere Moore bundesweit – stark gefährdet.
Zur Umsetzung des Klimaplans Hessen 2030 wird daher im Auftrag der Oberen Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium (RP) Kassel in diesem Sommer mit umfangreichen Maßnahmen zur Renaturierung und Wiedervernässung des Roten Moors begonnen.
Erste Arbeiten sind bereits im Gange – während der ersten drei Juliwochen wird der Bohlenpfad dann zeitweise für Besucher*innen gesperrt.
„Der Erhalt unserer Moore ist nicht nur im Sinne des Artenschutzes eine zentrale Aufgabe. Intakte Moorböden sind unerlässlich für den Klimaschutz – nicht nur bei uns in Hessen, sondern weltweit“, erklärt Regierungspräsident Mark Weinmeister.
Um das voranschreitende Freisetzen von CO2 und Methan zu verhindern, bestehe dringender Handlungsbedarf. Die Revitalisierung des Roten Moors ist eines von zahlreichen Projekten, die das RP Kassel mit Mitteln aus dem Klimaplan Hessen 2030 umsetzt.
Die Folgen des Klimawandels haben im Roten Moor deutliche Spuren hinterlassen, zahlreiche Stellen sind trockengefallen. Hinzu kommen die in weiten Teilen irreparablen Schäden, die die Anlage von Entwässerungsgräben und der jahrzehntelange Abbau von Torf bis Anfang der 80er-Jahre mit sich gebracht hatten.
Schon damals war klar, dass diese Schäden am Moorkörper nicht rückgängig gemacht werden können. Um aber die Relikte als Lebensraum für viele geschützte Arten erhalten und entwickeln zu können und um den gebundenen Kohlenstoff im Hochmoorkörper zu halten, fand bereits 1981 bis 1985 im Roten Moor eines der ersten Renaturierungs- und Wiedervernässungsprojekte für Hochmoore in Deutschland statt.
Mit großem Aufwand wurden die Entwässerungsgräben mit Holzspundwänden wieder verschlossen und sogenannte Mönche zur Wasserregulierung eingebaut.
Diese hölzernen Bauwerke sind heute, rund 40 Jahre später, weitgehend verrottet und nicht mehr funktionstüchtig. Der Hochmoorkörper kann deshalb die restlichen Niederschläge nicht mehr optimal speichern, und in dem abgetorften Bereich, der Leegmoor genannt wird, haben sich Wasserrinnen entwickelt. Das haben verschiedene Untersuchungen ergeben.
Die Maßnahmen
Auf dem Hochmoorkörper müssen deshalb die Mönche vollständig rückgebaut und die Abläufe verschlossen werden. Die maroden Holzspundwände werden dabei saniert. Hierzu wurden bereits im Mai Lieferwege geschaffen und Material angeliefert.
Seit Anfang Juni sind nun mit dem Bergwaldprojekt e. V. insgesamt über 140 überwiegend ehrenamtliche Teilnehmende acht Wochen lang im Einsatz, die sich in den sensiblen Bereichen des Hochmoors auf Bohlenwegen bewegen und die Arbeiten per Hand umsetzen.
Bereits seit 2009 unterstützt das Bergwaldprojekt, das seit über 30 Jahren deutschlandweit Freiwilligeneinsätze im Wald, im Moor und in Kulturlandschaften durchführt, die Hessische Verwaltung des Biosphärenreservats Rhön bei Pflege- und Schutzmaßnahmen.
Ziel dieser Einsätze ist auch, die Teilnehmenden über die Projektwochen hinaus für einen schonenden Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen zu sensibilisieren.
Parallel zum Bergwaldprojekt im Hochmoor geht es Anfang Juli auch im Leegmoor los, das vom Aussichtsturm gut einsehbar ist: Hier wird mit Stahlspundwänden gearbeitet, die bis zur Tonschicht mittels Bagger eingedrückt werden und künftig einen zu starken Abfluss des Wassers verhindern sollen.
Maschinen und Material werden von dem westlich gelegenen Forstweg, der sogenannten Alten Reichsstraße, über eine schmale Gasse ins Moor gebracht.
Da die Zuwegung den Bohlenpfad kreuzt, wird dieser voraussichtlich ab dem 30. Juni für etwa drei Wochen, spätestens bis zum 21. Juli, gesperrt.
Hilfe für Sonnentau, Libellen und Bodenbrüter
Ziel ist, den Wasser-Abfluss zu verringern, so dass der noch vorhandene Torfkörper wieder stärker vernässt und sich im abgetorften Leegmoor wieder die moortypischen Pflanzengesellschaften entwickeln können.
Durch das Anheben des Wasserspiegels soll das Rote Moor sowohl als CO2-Speicher als auch als Lebensraum für seltene, an den Lebensraum Moor angepasste Arten wie die Kleine Moorjungfer, den Hochmoor-Perlmuttfalter und den Sonnentau erhalten werden.
Im direkten Umfeld des Hochmoorkörpers befinden sich weitere wasserabhängige Lebensräume – Birken-Moorwald, Feuchtwiesen und Borstgrasrasen –, die ebenfalls von den Maßnahmen profitieren sollen.
Hier sind sehr seltene klimasensible Arten wie die Arktische Smaragd-Libelle, der Skabiosen-Scheckenfalter und die bodenbrütende Bekassine zuhause.
Zur Planung sind umfangreiche hydrologische, vegetationskundliche und zoologische Untersuchungen durchgeführt worden. Bei allen Maßnahmen ist eine ökologische Baubegleitung integriert, um zu gewährleisten, dass die vorhandenen wertvollen Biotopstrukturen des Moores möglichst geringen Schaden nehmen.
Beteiligt sind das Forstamt Hofbieber (HessenForst) als Umsetzungspartner des RP Kassel, das Ingenieurbüro Meier & Weise, Bergwaldprojekt e. V. sowie die Hessische Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön für die fachliche und organisatorische Betreuung vor Ort.
Hintergrund: Das Rote Moor als Lebensraum
Das Rote Moor im hessischen Teil des UNESCO-Biosphärenreservat Rhön ist seit 1979 als Naturschutzgebiet ausgewiesen, Teile davon sind seit 1997 zudem Kernzone des Biosphärenreservats. Der zentrale Bereich hat eine Fläche von etwa 15 Hektar.
Das Rote Moor ist, wie das Schwarze Moor in Bayern, ein Hochmoor. Hochmoore werden auch Regenmoore genannt, da sie ihren Wasserüberschuss ausschließlich aus Niederschlägen beziehen.
Die Entstehung und Existenz eines Hochmoores und seiner speziellen Lebenswelt ist also von ausreichend hohen Niederschlägen abhängig, die von sogenannten Torfmoosen wie von einem Schwamm festgehalten werden. Diese können sehr viel Wasser speichern – einige Arten mehr als das 25-Fache ihres Trockengewichts.
Durch einen ständigen Wasserüberschuss herrscht in einem intakten Moor starker Sauerstoffmangel, der dafür sorgt, dass organisches Material nicht vollständig abgebaut werden kann.
Die Pflanzenteile zersetzen sich nicht, sondern werden abgelagert. Diese Besonderheit unterscheidet Moore von allen anderen Ökosystemen der Erde. Das Pflanzenmaterial sammelt sich über Jahrtausende an und wird nach und nach zu Torf, der die Grundlage des Moores bildet.
Die Vegetation im verbliebenen Hochmoor des Roten Moors ist geprägt von Torfmoosen wie dem roten Magellanstorfmoos und dem Spießtorfmoos, zudem finden sich hier Rundblättriger Sonnentau, Fettkraut und Moosbeere.
Insbesondere fleischfressende Pflanzen wie der Sonnentau sind ganz besonders spezialisierte Arten, die man nur im Moor finden kann. Auf dem Randgehänge des Moores wachsen Karpatenbirkenwälder mit Untergehölzen aus Besenheide, Heidelbeere und Rauschbeere.
Die anschließende Niedermoorzone ist geprägt von Kleinseggenrieden, Feuchtwiesen mit Trollblumen und Borstgrasrasen. Auch die bedrohte Moosbeere, Krähenbeere und Purpur-Reitgras wachsen hier.
Zur Fauna des Roten Moores zählen über 36 Säugetierarten, darunter absolute Raritäten wie Sumpf- und Alpenspitzmaus, Baummarder und sechs Fledermausarten.
Zur heimischen Vogelwelt zählen das sehr selten gewordene Birkhuhn und die Waldschnepfe. Auch Zwergschnepfe und Bekassine haben hier ein letztes Rückzugsgebiet gefunden. Insgesamt sind über 120 Vogelarten im Gebiet Rotes Moor zu finden. Große Bedeutung hat das Moor auch für bedrohte Falterarten und Libellen.