Gastbeitrag von Manuela Henkel
Die Bürgermeister und Ortsteilbürgermeister des Geisaer Landes trafen sich vor kurzem mit den Landwirten aus der Region zu einem Austausch im Rathaussaal der Stadt Geisa.
Themen waren die neue Verordnung des Biosphärenreservates im Bereich thüringische Rhön, die Kürzung der KULAP-Förderflächen, eine erhöhte Bürokratie durch das landesweit neu eingeführte PORTIA-Programm und der Wolf, der bereits einige Male in der Region gesichtet wurde.
Als Gäste des Abends begrüßte Geisas Bürgermeisterin Manuela Henkel den Landtagsabgeordneten Martin Henkel (CDU), vom Kreisbauernverband Eisenach/Bad Salzungen Geschäftsführer Andreas Fernekorn sowie Uwe Ropte und vom Thüringer Bauernverband den stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Michael König.
Vor allen Dingen die geplante neue Verordnung für den thüringischen Teil des Biosphärenreservates Rhön stand im Mittelpunkt der Diskussionen.
„Nach der Offenlegung im letzten Jahr gab es aus der Region außerordentlich viele Widersprüche und Stellungnahmen vor allen Dingen zur geplanten Aufhebung des Windkraftanlagenverbotes und zur Erweiterung der Pflegezone“, berichtete Manuela Henkel.
Das Thüringer Umweltministerium und die Biosphärenreservats-Verwaltung hätten daraufhin eine sogenannte „Expertenrunde“ mit Vertretern aus den Kommunen und der beiden betroffenen Landkreise initiiert, die sich mit den vorgelegten Änderungen nochmals intensiv in mehreren Gesprächsterminen beschäftigte.
Dabei stellten sich die Bürgermeister auch grundsätzlich die Frage welchen tatsächlichen Mehrwert man von dem Status UNESCO Biosphärenreservat in der Region hat.
„Finanziell wirkt sich das kaum für uns aus“, berichtete Geisas Bürgermeisterin. Die Gewerbesteuereinnahmen aus der Tourismusbranche schlagen in der Stadt Geisa mit etwa 1.500 Euro jährlich zu Buche.
„Die Gäste kommen vor allen Dingen wegen der Ruhe, der Natur und der schönen Landschaft“, so Henkel „Den einzigen Vorteil, den wir bis jetzt hatten, war das Verbot von Windkraftanlagen“, fasste es Landtagsabgeordneter Martin Henkel zusammen.
Dieses soll nach der neuen Verordnung nun aber fallen. „Damit ist der Titel „Land der offenen Fernen“ für mich hinfällig und die Arbeit der letzten 30 Jahre wird komplett in Frage gestellt“, stellte Martin Henkel fest.
„Das Windkraftverbot muss weiterhin bestehen bleiben, da das grundsätzliche Ziel des Biosphärenreservates vor allen Dingen der Schutz des Landschaftsbildes ist“, betonte Martin Henkel.
Auch die anwesenden Ortsteilbürgermeister sprachen sich für ein Verbot aus, gerade Dingen da die örtlichen Netzwerke für solche Anlagen gar nicht dementsprechend ausgebaut seien.
„Bei den Bürgern vor Ort gibt es ein klares Nein zum Ausbau für Windkraft im Geisaer Land“, stellte Wiesenfelds Ortsteilbürgermeister Michael Kehl fest.
Problematisch sehen die Landwirte die geplante Flächenerweiterung des Biosphärenreservates. Die Mindestanforderung für die Fläche eines Biosphärenreservates liegen bei 30.000 Hektar, dabei sollten 150.000 Hektar außer bei länderübergreifender Kulisse nicht überschritten werden.
„Das sich über Teile von Thüringen, Hessen und Bayern erschließende Biosphärenreservat Rhön hat aktuell eine Gesamtfläche von 243.000 Hektar“, berichtete Manuela Henkel.
Die von der UNESCO geforderten Anteile für Pflege- und Kernzone seien länderübergreifend eigentlich längst ausreichend. Der notwendige Pflegezonenanteil wäre bereits um ca. 12.500 Hektar übererfüllt.
Um den Status UNESCO Biosphärenreservat weiter aufrecht zu erhalten, wäre eine weitere Ausweitung der Pflegezone im Thüringer Teil quasi gar nicht notwendig. „Die weitere Ausweisung der Pflegezone wird von uns abgelehnt“, waren sich die Landwirte einig.
„Die Landwirtschaft wird immer mehr in engere Korridore getrieben“, so Andreas Fernekorn. „Das was den Landwirten noch an Flächen bleibt, kann mit den ganzen Auflagen kaum noch bewirtschaftet werden.“
Außerdem würden Flächen in der Pflegezone beim Verkauf geringere Preise erzielen. Die Landwirte waren sich dann auch einig: „Mehr Flächen in der Pflegezone bedeutet für uns weitere Einschränkungen, das lehnen wir ab!“
Ebenso sollte nach einhelliger Meinung der kommunalen Vertreter und Landwirte der asphaltierte Aus- und Neubau von landwirtschaftlichen Wegen weiterhin in der Pflegezone möglich sein. In der neuen Verordnung war dieser nur in wasserdurchlässiger Bauweise möglich.
Besonders problematisch wird von den meist nebenlandwirtschaftlich tätigen Bauern im Geisaer Land die Kürzung der sogenannten KULAP-Flächen gesehen. Dies sind Flächen, die extensiv von den Landwirten gepflegt werden. Dafür könne man Fördermittel beantragen.
„Das KULAP-Programm wurde auf Heckenraine und Waldränder umgelegt“, berichtete ein Nebenerwerbslandwirt. Wiesen, die teilweise bis zu 20 Jahren in der Förderkulisse waren, seien einfach herausgenommen worden.
„Die Flächen, die aus dem KULAP-Programm gefallen sind, können nicht mehr wirtschaftlich von Landwirten gepflegt werden“, so Michael König vom Thüringer Bauernverband.
Ebenso hat die Bürokratie im landwirtschaftlichen Bereich in den letzten Jahren enorm zugenommen. Förderanträge können nur noch digital über das Programm PORTIA, welches das Land Thüringen 40 Millionen EURO gekostet hat, gestellt werden.
„Viele Landwirte waren Anfang des Jahres damit komplett überfordert, da das Programm unpraktikabel in der Umsetzung ist sowie massive Personal und Technikkosten in den Betrieben verursachte“, berichtete Andreas Fernekorn.
Auch die Bürgermeister aus dem Geisaer Land konnten dies bestätigen. Die Bearbeitung von Förderanträgen sei nur noch über das digitalisierte Personalausweisverfahren möglich, sehr kompliziert und unübersichtlich.
„Die überbordende Bürokratie ist mittlerweile zu einem der größten Probleme in diesem Land geworden“, fasste Schleids Bürgermeisterin Bernadett Hosenfeld-Wald zusammen.
Auch das Thema Wolf ist mittlerweile im Geisaer Land angekommen. Vermehrt hatte es Wolfssichtungen gegeben.
„Seine Rückkehr stellt für Weidetiere wie Schafe und Ziegen eine große Gefahr dar. Die Risse und die erhöhten Aufwendungen zur Sicherung der Tierbestände gefährden die Existenz vieler Thüringer Weidetierhalter“, so Andreas Fernekorn.
„Ohne Weidetiere wird auch die Pflege ökologisch wichtiger Offenlandflächen infrage gestellt.“ Fördermittelantragstellung bei Rissen seien kompliziert.
Abschussgenehmigungen gäbe es kaum, da Umweltverbände sowie bei der Ohrdrufer Wölfin Klagen gegen den Abschuss einreichen.
„Die Strategie im Umgang mit dem Wolf muss sich grundsätzlich ändern“, sagte Martin Henkel. Dem stimmten alle Landwirte zu. Eine Verharmlosung und Schönfärberei führe zu immer mehr Problemen.
Im Jahr 2021 wurden 3.374 Weidetiere durch den Wolf gerissen, verletzt oder vermisst. Laut dem Deutschen Jagdverband hat Deutschland mittlerweile die weltweit höchste Wolfsdichte erreicht.
„Das kann so nicht mehr hingenommen werden“, betonte ein Landwirt. „Die Landwirte haben mit Sicherheit wie wir alle eine große Verantwortung gegenüber dem Natur- und Umweltschutz“, fasste Geisas Bürgermeisterin das Gespräch zusammen.
„Aber sie müssen zum Schluss auch noch ihre eigentliche Kernaufgabe ausüben können: nämlich Lebensmittel produzieren, mit denen sie unsere Ernährungssicherheit gewährleisten“.
Dazu bräuchten sie mehr Unterstützung und Verständnis und weniger Vorschriften und Bürokratie.