Gastbeitrag von Anna-Lena Bieneck
Wie geht es den Rhöner Gewässern und ihrer Artenvielfalt in Zeiten des Klimawandels? In einem Vortrag mit 30 Teilnehmenden hat der Fischbiologe Christoph Dümpelmann die Auswirkungen der heißen Sommer auf Fische, Krebse und Muscheln aufgezeigt.
Eingeladen hatten die Hessische Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön und der Aquarien- und Terrarienverein Scalare Fulda.
Zu Beginn des Vortrags zeigte der Referent zunächst auf, wie sich in der jüngeren Vergangenheit die Niederschläge, aber auch die Temperaturen verändert haben.
Aus Niederschlag und Temperatur berechnet sich die Wasserbilanz. Oft wird die Bedeutung der Temperaturentwicklung unterschätzt – diese wirkt sich aber direkt auf den Verdunstungsgrad aus.
Die Wasserbilanz ist entscheidend dafür, wie viel Wasser im Bach ankommt. Bundesweit war die Wasserbilanz in 2020 und 2022 deutlich unterdurchschnittlich, während sie in 2021 als durchschnittlich bewertet werden kann.
Dümpelmann veranschaulichte eindrücklich, welche Folgen geringere Wassermengen im Bach auf die Lebewesen im Gewässer haben. Weniger Wasser bedeutet auch weniger Lebensraum. Gleichzeitig steigen die Wassertemperatur und auch die biologische Produktivität.
Hinzu kommt ein Absinken des Sauerstoffgehalts. Die Folgen sind teilweise drastisch. Große Fische wie zum Beispiel adulte Brassen, Hechte und Barben bekommen „Platzprobleme“.
Natürliche Feinde wie Kormorane, Reiher und auch der Waschbär haben leichtes Spiel. Bei den Kleinfischen wie den Elritze und Schneider kann es andererseits unter diesen Umständen zu Massenvermehrungen kommen.
Auch Muscheln haben Probleme, wenngleich sie einige Tage im feuchten Schlamm überstehen können. Unterschiedlich schaut es bei den heimischen Krebsen aus. Steinkrebse können sich tief eingraben.
Der Deutsche Edelkrebs kann dies nicht, ist aber in seinem Kernlebensraum auch eher in größeren Fließgewässern anzutreffen und damit weniger von Austrocknung bedroht.
Mehr Probleme bereiten den Edelkrebsen die höheren Temperaturen. Alle Muscheln und Krebse leiden aber auch unter der Tatsache, dass ihre Feinde sie bei Niedrigwasser besser finden können.
Explizit wurde in diesem Zusammenhang der nachtaktive Waschbär erwähnt, der erhebliche Schäden sowohl an Muschel- als auch an Krebspopulationen verursachen kann.
Als besonderes kritisch beschreibt der Wissenschaftler die Auswirkungen der sinkenden Sauerstoffgehalte bei steigender Temperatur. Je höher die Temperatur im Gewässer, umso mehr Sauerstoff benötigen die Fische für den Stoffwechsel.
Gleichzeitig sinkt aber der Sauerstoffgehalt bei steigenden Temperaturen. Als besonders empfindlich werden Äschen und Forellen beschrieben, die auf kühlere Gewässer angewiesen sind.
Steigen die Temperaturen auf über 20 Grad, droht Arten wie den Forellen, Äschen und Quappen der Kollaps. Auch die Bachmuschel sucht schnellfließende Gewässerbereiche auf, um den Sauerstoffbedarf zu decken.
Störfaktor Mensch – und fehlendes Bewusstsein
Besonders kritisch sieht Dümpelmann, dass der Mensch den Stress für die Gewässertiere verschlimmert. Die Rückstände aus Kläranlageneinleitungen werden bei Niedrigwasser weniger gut verdünnt.
Der Ackerbau in Hanglagen und Randbereichen von Gewässern führt bei Starkregen zur Erosion in den Bach hinein. Die Sand- und Schlammfracht führt dann nicht selten zum Absterben ganzer Fischjahrgänge.
Wanderhindernisse verhindern, dass Äschen und Forellen die kühleren Bereiche der Oberläufe aufsuchen können und führen durch Rückstau zu langsam fließenden bis stehenden Gewässerbereichen, die sich dann besonders stark erwärmen und deutlich geringere Sauerstoffverhältnisse aufweisen.
Die Äsche gilt bundesweit als bedroht, die Bachforelle steht erstmalig auf der Roten Liste als bundesweit gefährdete Art. Aber es gibt, so Dümpelmann, auch Profiteure des Klimawandels. Barben, Schneider, Aland, Karpfen und Schleie werden begünstigt.
Aus Sicht des Experten sind Maßnahmen wie die Schaffung von tieferen und schnellfließenden Gewässerabschnitten nötig.
Das Gewässerumland müsse fischverträglich entwickelt, die Jagd auf Kormorane und Waschbär müsse an besonders gefährdeten Standorten intensiviert werden.
Insgesamt konstatiert Dümpelmann, dass den meisten Menschen das Bewusstsein für den Wert natürlicher Gewässer fehlt.