Gastbeitrag von Stefanie Hohmann
Die Backhaustradition in der Rhön hat eine lange Geschichte. Früher hatte jedes Dorf mindestens ein Backhaus, in dem regelmäßig alle Einwohner der Ortschaft selbst Brot backen konnten.
Der Heimat- und Traditionsverein Spahl e.V. hat es sich zur Aufgab gemacht diese Tradition zu erhalten und damit die Ortsgemeinschaft zu stärken.
Doch nicht immer kann ein Verein seine Ziele ausschließlich mit eigenen Mitteln verfolgen. Umso schöner ist es, dass sich die Wartburg-Sparkasse, die Werner-Deschauer Stiftung und die Stadt Geisa die Anliegen der Spahler zu Herzen genommen haben und ein Bauprojekt
des Heimat- und Traditionsvereins großzügig unterstützt haben.
Doch von vorne... In Spahl gab es früher drei Backhäuser. Das Backhaus im Oberdorf wurde bis Mitte der Zweitausender einmal jährlich genutzt um Ploatze und Kartoffeldätscher für das Spahler Backhausfest zu backen.
Ein weiteres Backhaus gab es mitten im Ortskern gegenüber dem Dorfplatz. Dieses Backhausgebäude, in dem zwischenzeitlich auch die Feuerwehr untergebracht war, sollte 2011 nach dem Bau des neuen Feuerwehgerätehauses in Spahl verkauft werden.
Um das traditionsreiche Gebäude zu erhalten und die Backhauskultur der Rhön auch in Spahl weiter zu erhalten wurde der Heimat- und Traditionsverein im Ort gegründet.
Der Verein erwarb das kleine Gebäude und machte es sich zur Aufgabe, es soweit auf Vordermann zu bringen, dass hier wieder regelmäßig Rhöner Backwaren wie Brot, Zwibbelsploatze und Dätscher für die Einwohner von Spahl und Umgebung hergestellt und zum Verkauf angeboten werden können.
So konnte zunächst die Außenfassade umfangreich renoviert und neu gestaltet werden. Im Jahre 2015 wurde dann zusammen mit dem Ofenbauer Willi Kümpel aus dem hessischen Günthers ein neuer Gewölbebackofen im mittleren Teil des Gebäudes gebaut.
Zudem wurde auch ein Backraum eingerichtet, ausgestattet mit Teigmollen, Rührmaschine und einem Kachelofen.
Zuletzt wurde 2021/2022 das marode Obergeschoss bis in den Kern saniert und zu einem kleinen Versammlungsraum umfunktioniert, den die Spahler regelmäßig für Vereinstreffen und den sonntäglichen Frühschoppen nach dem Gottesdienst nutzen.
Über die Jahre gab es in dem neuen Backhaus immer wieder Backaktionen, darunter auch das alljährliche Backhausfest im August. Es wurde wieder begonnen regelmäßig Brot in dem neuen Backofen zu backen.
Doch plötzlich kam die Pandemie und es wurde aufgrund ausfallender Veranstaltungen und Versammlungsverboten sehr ruhig im neuen Backhaus.
Da die Spahler ja bekanntlich Dickköpfe sind, lassen sie sich auch ungern ihre Traditionen nehmen.
So begann eine kleine Gruppe von Vereinsmitgliedern, natürlich unter Beachtung der geltenden Regeln, ihre Brote zum Eigenverbrauch und für die Verwandtschaft wieder im Backhaus zuzubereiten.
Erstmals wurden dann im Mai 2021 16 Brote im Backhaus am Dorfplatz gebacken. Das Fazit: Der Ofen war zu heiß, die Brote sind zu dunkel... Das lassen wir nicht auf uns sitzen.
Einen Monat später der nächste Versuch: besser aber noch nicht perfekt. Brot backen ist wirklich eine Kunst. Ziel war es von Anfang
an nur natürliche Zutaten zu verwenden.
Es wurde ein eigener Sauerteigansatz aus Roggenmehl und Wasser hergestellt und außer Salz kamen auch keine weiteren Zutaten zum Brot. Nach und nach konnte das Rezept perfektioniert und auch die Hitze des Backofens optimal genutzt werden.
Es sprach sich im Dorf rum, dass hier wieder ein- bis zweimal im Monat frisches Roggenbrot gebacken wird. Das Interesse der Spahler am selbst gebackenen Brot wuchs und es gingen monatlich mehr Bestellungen ein.
So wurden dann bis Mitte 2022 über 80 Brote und seit Anfang diesen Jahres bis zu einhundert Brote alle drei bis vier Wochen im neuen Backhaus gebacken.
Aufgrund der Mengen kamen auch neue Backhelfer dazu, doch eines blieb über die ganze Zeit ein Problem: das Wasser.
Sowohl das Wasser für den Brotteig als auch zum Reinigen der Gerätschaften wurde beim Nachbarn geholt und mühevoll in Eimern und Wannen zum Backraum geschleppt.
Auch ein Handwaschbecken und Toiletten fehlten im Backhaus. Den Plan, das Backhaus an das Wasser- und Abwassernetz anzuschließen und sanitäre Anlagen im Gebäude zu errichten hatte der Heimat- und Traditionsverein schon lange Zeit, doch die Bürokratie machte uns hier immer wieder einen Strich durch die Rechnung.
Dorferneuerung? Nein, da seid ihr noch nicht dran. Schade, dann warten wir. Doch dann ein Lichtblick. Der Kreis stellt Fördermittel zur Verfügung.
Der Fokus liegt auf Vereinen und kleinen Projekten zur Förderung der Gemeinschaft. Na das passt doch perfekt! Es wurden Angebote eingeholt, Anträge ausgefüllt, Termine gemacht und Besichtigungen durchgeführt.
Mit Hilfe von Stadtratsmitglied Udo Klinzing, Bürgermeisterin Manuela Henkel und Ortsteilbürgermeister Danilo Schlapmann hatten wir schnell alle erforderlichen Unterlagen zusammen und reichten optimistisch den Förderantrag ein.
Dann die Ernüchterung - Antrag abgelehnt! Es bestand die Möglichkeit, im nächsten Jahr noch einmal Fördermittel zu beantragen oder das Projekt aus Eigenmitteln zu stemmen. Diese beiden Möglichkeiten waren jedoch nicht optimal.
Ein Anruf unserer Bürgermeisterin machte uns wieder Mut: „Fragt doch mal bei der Wartburg Sparkasse und bei der Werner-Deschauer Stiftung an, die unterstützen solche Projekte bestimmt. Und wenn‘s dann nicht reicht, bekommt ihr auch noch ein bisschen Hilfe von der Stadt.“
Gesagt getan! Einige Anrufe und Schreiben später hatten wir die Zusagen. Die Wartburg Sparkasse Filiale Geisa mit ihrer neuen Filialleiterin Lisa-Marie Stranz unterstützte uns mit einer Spende von 1.000 Euro.
Bei der Wartburg Sparkasse können seit vielen Jahren PS-Lose für 6 Euro erworben werden. Der Lospreis setzt sich aus dem Loseinsatz inkl. Spende i.H.v. 1,20 Euro und einem Sparbetrag von 4,80 Euro zusammen.
Aus diesem Lostopf werden jedes Jahr verschiedene Vereine aus der Region bedacht. Die Werner-Deschauer Stiftung aus Geisa wendete uns 1.750 Euro zu und auch die Stadt Geisa beteiligte sich an den Kosten für den neuen Wasseranschluss.
Dank dieser drei großzügigen Spenden konnten wir im Oktober diesen Jahres mit den dreiwöchigen Baumaßnahmen beginnen und sind nun seit Anfang November an das Wasser- und Abwassernetz des WVS angeschlossen - ein wichtiger Grundstein für die geplanten Sanitärräume im Spahler Backhaus.
Am letzten Samstag besuchten uns Frau Stranz und Frau Bräutigam als Vertreterinnen der Sparkasse sowie Frau Henkel als Vertreterin der Stadt Geisa und der Werner-Deschauer Stiftung und bekamen einen kleinen Einblick in die Backstube und den Brotbackraum.
Selbstverständlich dürfen die Damen auch von dem ofenfrischen Brot probieren und eine Kostprobe mit nach Hause nehmen.
Wir möchten uns auch auf diesem Wege noch einmal für die überaus großzügige Unterstützung bedanken und freuen uns auch für die Zukunft auf gute Zusammenarbeit.
Ein weiteres Dankeschön geht an Stadtratsmitglied Udo Klinzing, der über kurze Dienstwege viel möglich machte und sich engagiert mit Rat und Tat für das Projekt einsetzte.
Natürlich dürfen auch an dieser Stelle die wertvolle Eigenleistung und das Engagement zahlreicher Vereinsmitglieder nicht unerwähnt bleiben.
So bedanken wir uns auch hier nochmal für die vielen helfenden Hände bei den Pflaster- und Baggerarbeiten und kommen auch hier wieder zu dem Schluss: Ein Verein lebt nur durch seine Gemeinschaft.
Ohne diese und deren Zusammenhalt wäre ein aktives Vereinsleben wie wir es in Spahl erleben dürfen nicht möglich.