Gastbeitrag von Nadja Moalem
Stefan Weber ist auf dem Weg zu seiner kleinen Mutterkuhherde am Pferdskopf. Dort weiden Angus-Rinder mit glänzend schwarzem Fell auf einer steilen und sehr hügeligen Fläche.
Diese wirklich hübsch anzusehenden Weideflächen im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön sind extrem schwer landwirtschaftlich nutzbar, sind aber Heimat selten gewordener Tiere und Pflanzen.
Nur wenige Landwirtinnen und Landwirte bewirtschaften solche Flächen. Der 52-jährige Stefan Weber ist einer von ihnen.
Auf der Hutung angekommen, fängt Stefan Weber an zu erzählen – umringt von seinen Rindern. Weber schätzt seine Tiere, hat aber dafür gesorgt, dass sie Respekt vor ihm haben.
Es gibt sonst brenzlige Situationen, sagt er. Wanderer sollten sich hüten, auf eine Weide mit Kühen zu gehen, besonders, wenn sie mit einem Hund unterwegs sind.
Rinder sind neugierig, haben eine feste Rangordnung in der Gruppe und jeder „Eindringling“ wird bedrängt oder angerempelt. Stefan Weber ist mit den Tieren vertraut und er weiß bei jedem einzelnen wie es „tickt“.
Er hat aber auch schon die Flucht ergriffen, denn beispielsweise das Anbringen von Ohrmarken bei einem ein paar Tage alten Kalb, wenn die Mutter in der Nähe ist, ist echt eine Herausforderung. Heute sind die Tiere eher zahm und zutraulich.
Stefan Webers landwirtschaftlicher Betrieb ist – auch für Rhöner Maßstäbe – etwas Besonderes. Weber wirtschaftet auf fast 100 Prozent ökologisch wertvollem Grünland, das heißt, dass die Wiesen und Weiden sehr artenreich sind.
Er hat sich zudem auf Naturschutz spezialisiert und sagt, rund 60 Prozent seines landwirtschaftlichen Einkommens haben mit Naturschutz und Landschaftspflege zu tun.
Als „Landschaftspflege-Landwirt“ beweidet er termingerecht artenreiche Hutungen, dadurch schont er die Nester von Wiesenvögeln und sorgt dafür, dass seltene Kräuter Samen bilden können.
Weber arbeitet außerdem mit einer ganz speziellen Maschine für den Erhalt der Natur, dem sogenannten „eBeetle“.
Mit dem „eBeetle“ werden Samen von seltenen Kräutern auf einer Wiese geerntet und auf andere Bereiche, die in artenreiche Wiesen umgewandelt werden sollen, eingesät.
Weber mäht außerdem alle seine Wiesen mit dem Messerbalkenmäher, bei dem Insekten und Kleintiere eher geschont werden.
Stefan Weber ist mit seinem Leben und mit seiner Landwirtschaft am Pferdskopf zufrieden.
Er ist mit Begeisterung Landwirt und Naturschützer und versucht, mit seiner Arbeit den Naturschutz voranzubringen und gleichzeitig mit der Landwirtschaft erfolgreich zu sein.
Erfolgreich wirtschaften kann er auf solchen Flächen nur deshalb, weil es in der Rhön viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit gibt, wie bei der Samengewinnung und der „Tierschonenden Mahd“.
Er arbeitet viel mit dem LIFE-Projekt „Rhöner Bergwiesen“ bei der Hessischen Verwaltung des Biosphärenreservats zusammen und bezeichnet die Kooperation als sehr wertvoll für seinen Betrieb.
Auch mit den Fachdiensten Natur und Landschaft und Landwirtschaft beim Landkreis Fulda macht er immer wieder gute Erfahrungen, zum Beispiel bei der Beantragung von Agrar-Umweltmaßnahmen wie dem „HALM“ und auch der „Tierschonenden Mahd“.
Einen Wunsch an die Agrarpolitik in der EU und in Deutschland hat Stefan Weber: Die Vorschriften und Fördermöglichkeiten müssen verlässlicher für die Landwirtschaft werden.
Er spricht sich dafür aus, dass es mehr Bestandsschutz für das, was vor ein paar Jahren propagiert wurde, gibt. Das ist wichtig, wenn Landwirte zum Beispiel in einen Stall investieren wollen.
Weber: „Es muss eine Art Vertrauensschutz für Maßnahmen geben. Nicht, dass ein Stall, der heute gebaut wird, in 20 Jahren wertlos ist.“
Wenn man Stefan Weber nach seiner Lieblingsarbeit fragt, lächelt er: „Koppeln und die Stallarbeit im Winter“.
Koppeln, das heißt Weidezäune bauen – und das ist bei den steilen, hügeligen und teilweise felsigen Flächen eine Herausforderung. Wenn der Zaun dann steht, sieht man, was man geschafft hat.
Weidezäune bauen und auch die Stallarbeit im Winter, das ist für ihn beruhigend und entspannend. „Andere Leute gehen stattdessen vielleicht zu Meditationskursen“, schmunzelt Stefan Weber.
Stolz macht ihn die Einigkeit in der Familie, denn ohne die generationenübergreifende Zusammenarbeit geht es nicht.
Bei Arbeitsspitzen hilft die ganze Familie: Stefan Weber und seine Frau Christine haben drei Söhne und eine Tochter, die mit anpacken können.
Stefan Weber erzählt immer wieder begeistert von den Silberdisteln, Trollblumen und sogar Orchideen auf seinen Wiesen und Weiden, oder wenn er eine Bekassine gehört hat.
Weber merkt sich genau, wenn Gutachter über seltene Vögel wie Wiesenpieper auf seinen Flächen berichten und berücksichtigt das bei der Arbeit. Man merkt, Stefan Weber ist mit Leib und Seele Landwirt und Naturschützer.