Gastbeitrag von Nadja Moalem
Bereits seit 2017 setzt das LIFE-Projekt „Rhöner Bergwiesen“ Pflegemaßnahmen auf Flächen im Tanner Stadtgebiet zur Förderung seltener Vogel- und Pflanzenarten um.
Nachdem zunächst die so genannte „Hofwiese“ der Tanner Hute beim Weiler Dietgeshof und die Mühlberghute nordöstlich von Tann bearbeitet wurden, ist jetzt der Habelberg bei Wendershausen ein neuer Schwerpunktbereich.
Die Tanner Hute, im einstigen Grenzgebiet gelegen, ist wertvoller Lebensraum für seltene Vogelarten. Zwischen artenreichen Bergmähwiesen, feuchtem Grünland, Bächen und Gräben finden sowohl Bodenbrüter wie Wachtelkönig, Wiesen- und Baumpieper als auch Würgerarten wie Neuntöter und Raubwürger optimale Bedingungen.
Bis 2015 gab es hier sogar noch Braunkehlchen. Aber die Bestände der typischen Rhöner Offenlandarten gingen immer weiter zurück: Intensive Nutzung als Weide und Mähwiese haben über die Jahre Rückzugsbereiche für Vögel schwinden lassen.
Zudem setzen Störungen durch Menschen und freilaufende Hunde den sensiblen Arten zu. 2018 wurde ein Teil der Tanner Hute zu einem Maßnahmenraum des LIFE-Projekts „Rhöner Bergwiesen“.
In Abstimmung mit den Bewirtschaftern konnte der Lebensraum seitdem deutlich verbessert werden. Indem von Beweidung auf eine späte Mahd zu unterschiedlichen Terminen umgestellt und Schonflächen ausgewiesen wurden, ist ein Mosaik aus Rückzugsmöglichkeiten für die Vögel und ihre Beutetiere entstanden.
Für Wiesen- und Baumpieper wurden Bambusstäbe als „künstliche“ Ansitzwarten in die Schonbereiche gesteckt, um sie als Lebensraum aufzuwerten.
Die Maßnahmen zahlen sich aus. Sowohl die Wiesenpieper- als auch die Neuntöter-Bestände erholen sich laut den Zahlen des LIFE-Monitorings auf der Tanner Hute.
Während 2017 nur zwei Neuntöter-Reviere gezählt wurden, waren es 2023 Jahr bereits sechs. Auch Wiesenpieper und Grauammern haben die Hute als Lebensraum angenommen.
„Wir hoffen, mit den Maßnahmen auch seltenere Arten wie den Wachtelkönig langfristig hier halten und das Braunkehlchen eines Tages auf die Hute zurückholen zu können“, sagt Kristine Schmitt vom LIFE-Projekt. Damit das so bleibt, müssen die getroffenen Maßnahmen auch nach Ende des Projekts weitergeführt werden.
Um botanische Schätze dreht sich alles auf der Mühlberghute nordöstlich von Tann. Hier befindet sich ein wertvoller Komplex an artenreichen Kalkmagerrasen.
„Ihren Ursprung haben die Rasen als Schafweiden und Mähwiesen zur Heugewinnung. Werden sie nicht mehr bewirtschaftet, verbuschen die Flächen und die Vielfalt an Pflanzen und Tieren geht zurück“, erklärt Kristine Schmitt den Zusammenhang.
Das war auch auf der Mühlberghute, die jahrzehntelang brach gelegen hatte und stark verbuscht war, der Fall. Die Entbuschung hatte daher Priorität, als 2018 die Maßnahmen begannen.
Auf die zurückgewonnenen Flächen kam im Anschluss eine Schaf- und Ziegenherde. Die Tiere übernehmen bis heute die wichtige Nachpflege, um Büsche zurückzudrängen.
Die botanische Entwicklung der Fläche und damit den Erfolg der Maßnahmen überprüft Rhön-Botaniker Uwe Barth.
„Durch die Entbuschung und Wiederbeweidung mit Ziegen hat sich der Zustand der Mühlberghute deutlich verbessert.
Besonders erfreulich ist für mich das zahlreiche Auftreten der Fliegen- und Bienenragwurz. Diese sensiblen Orchideen waren jahrelang verschwunden.
Die hübsche Bienenragwurz gedeiht inzwischen sogar an Wegrändern im Bereich der Hute, etwa dort wo der Wanderweg zum Dietgeshof abzweigt. Hier ist sie zur Blütezeit Mitte Juni bis Anfang Juli leicht zu finden und schön zu sehen“, sagt Barth.
Auch der Habelberg bei Wendershausen ist als Maßnahmenraum für Vögel wie den Neuntöter und den Raubwürger für das LIFE-Projekt von besonderem Interesse. Hier sind in den letzten Wochen in enger Abstimmung mit der Stadt Tann Hecken „auf den Stock gesetzt“ worden.
„Wir konzentrieren uns auf Hecken in Nachbarschaft zu extensiven Wiesen, die seltener im Jahr gemäht und nicht gedüngt werden und unseren Zielarten ein reiches Nahrungsangebot bieten“, erklärt Kristine Schmitt die Standortwahl.
Damit vorhandene Hecken am Habelberg auch künftig ihre Funktion als Lebensraum für typische Heckenbewohner, aber auch für den Klima- und Erosionsschutz erfüllen können, müssen sie alle 10-20 Jahre eine Handbreit über dem Boden sauber abgeschnitten werden.
Dann treiben sie im Folgejahr umso dichter wieder aus. Neuntöter gibt es bereits rund um den Habelberg und vielleicht auch bald wieder die noch selteneren Raubwürger.
Über die Erfolge freut sich auch der Tanner Bürgermeister Mario Dänner: „Mit den umgesetzten Maßnahmen aus dem LIFE-Projekt konnte in den letzten Jahren ein wertvoller Beitrag zum Erhalt unserer einmaligen Landschaft mit seiner Flora und Fauna geleistet werden.“