Reisebericht einer Mutter zur Klimaheiltherapie am Toten Meer
Unzählige Arztbesuche, unterschiedliche Expertenratschläge, mehrere Klinikaufenthalte, ununterbrochen gut gemeinte Tipps aus allen Richtungen und ständig die Frage, ob der kleine schwer gestürzt sei - das alles und noch viel mehr begleitet einen, wenn man (kleine) Kinder mit starker atopischer Dermatitis/Neurodermitis hat.
Dazu kommen schlaflose Nächte und die Frage nach der richtigen Behandlung, die nachhaltig wirkt und nicht noch zusätzlich schadet.
Die Idee, mit meinen kleinen Söhnen (2 und 5 Jahre) ans Tote Meer zu fahren, kam öfter auf, aber die Realisierung schien schlichtweg unmöglich.
Auf der Suche nach einer weiteren Klinik um abermalig Linderung zu erfahren, war es eine freundliche Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung, die mir nachdrücklich den Tipp gab, mit einer Selbsthilfegruppe ans Tote Meer zu fliegen.
An dieser Stelle sei nur kurz erwähnt, dass die Hürden für eine Übernahme der Kosten für eine Klimaheiltherapie am Toten Meer unverhältnismäßig groß waren. Es ist traurig, dass ein sechswöchiger Klinikaufenthalt in Deutschland problemlos bezahlt und die dreiwöchige Klimareise mit viel Aufwand nur anteilig bezuschusst wird.
Die im Vorfeld eingereichten aktuellen Fotos meiner Kinder und die Arztberichte genügten nicht. Es mussten zusätzlich noch Gutachten vom Amtsarzt eingeholt werden. Selbst nach den vielen Mühen und zahlreichen Gesprächen wurde mir keine vollständige Kostenübernahme zugesichert, weshalb wir die Reise nur durch die finanzielle Unterstützung von Freunden und Verwandten realisieren konnten.
Aufgrund der vielzähligen Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten meiner Söhne war es eine meiner größten Sorge, meine Jungs abwechslungsreich satt zu bekommen. Im Vorfeld telefonierte und schrieb ich ausgiebig mit der Gruppenleiterin Margita Heß, die sich unheimlich um uns bemühte.
Wir sprachen über Sonnenschutz, Essen, Spielzeug, Kleidung und Salben für die Kinder und versuchten, uns so gut wie möglich auf die Reise vorzubereiten. Unter anderem brachten wir einen kleinen Pool mit und spezielle eigene Nahrungsmittel.
Die langjährige Erfahrung von Margita war Gold wert! Alles, was wir im Vorfeld jedoch nicht planen konnten, wurde vor Ort in Angriff genommen mit beachtlicher Zusammenarbeit des Hotels in Jordanien. So bekamen wir nach einiger Zeit sogar spezielle Nahrungsmittel wie Sojamilch und ein Wechsel des Zimmers konnte problemlos realisiert werden.
Aber nun ein paar Worte zum Hautzustand meiner Söhne: Mein kleiner Ole war am schwersten betroffen. Im Grunde genommen war es nur der Windelbereich, der ausgespart war. Am Flughafen trafen wir zum ersten Mal auf die Selbsthilfegruppe und wurden herzlich von Margita in Empfang genommen und meine Jungs bekamen sogar kleine Spielzeuge, damit der Flug nicht so lange wurde.
In Jordanien angekommen beichtete Margita mir, dass sie bereits am Flughafen schockiert vom Hautzustand Oles war und durchaus ihre Zweifel hatte, ob es richtig war, dass sie uns mitgenommen hat. Es ist sowieso eine große Verantwortung mit so einer großen Reisegruppe mit unterschiedlichen Krankheiten zu verreisen, doch am meisten sorgte sie sich um meinen kleinen Ole.
Auch im Nachhinein bin ich ihr noch sehr dankbar dafür, dass sie sich dieses Abenteuer mit uns zugetraut hat. An dieser Stelle möchte ich allen Eltern Mut machen. Traut euch auch mit euren Kindern solch eine Reise zu, denn es kann nur besser werden!
Natürlich war der Hautzustand extrem, aber wir waren auch am absoluten Limit. Nach dem letzten Klinikaufenthalt, der mit zwei kleinen Patienten unfassbar anstrengend war, war ich nicht in der Lage so etwas noch einmal durchzustehen. Der Erfolg damals war da, allerdings unverhältnismäßig schwer erarbeitet und bedauerlicherweise nicht von Dauer.
Eine Kur wäre für uns drei absolut notwendig gewesen, aber für Kinder in diesem Alter und diesen vielen verschiedenen (Nahrungsmittel-) Allergien existieren derartige Angebote nicht (mehr).
Ein noch humanes Foto von Oles Rücken zeigt den Zustand kurz vor der Jordanienreise. Man sieht die vielen Kratzspuren, Rötungen, Verkrustungen und den geringen Anteil an gesunder Haut. Ein permanentes Kratzen und Schubbern ließ uns allen keine Ruhe.
Zusätzlich waren Hände und Füße sowie das Gesicht sehr stark betroffen. Manchmal so stark, dass er im Kindergarten nicht richtig malen konnte oder die Füße nicht in seine Schuhe passten. Trockne und juckende Haut war überall vorhanden und auch die Kopfhaut nicht davon ausgenommen.
Bei Anton war der Hautzustand weniger schlimm, aber auch behandlungsbedürftig. Anton verstand schon besser, dass das Kratzen eher schadet als lindert und konnte besser abgelenkt werden und selbst Alternativen zum Kratzen anwenden.
Dennoch war die Haut extrem trocken, rissig und gespannt. Er hatte etliche Dellwarzen und auch juckreizbedingte Schlafstörungen. Als Kindergartenkind ist so etwas noch eher zu bewältigen, aber es stand für ihn die Einschulung an, weshalb wir auch für ihn dringend
nachhaltige Linderung brauchten.
Bei ihm spielte der mentale Faktor auch eine große Rolle. Dass er auf viele Nahrungsmittel verzichten musste, war für ihn schwierig und auch, dass er sich mit seiner Krankheit oft allein fühlte. Das hemmte ihn, sich in vielen Bereichen zu entfalten.
Kurz gesagt: wir konnten alle nur gewinnen und das haben wir auch! Und das nicht zuletzt auch durch das Miteinander innerhalb der Selbsthilfegruppe.
Von Margita sprach ich bereits und auch unser Reisebegleiter Uli Zängler war stets für uns und alle da. So bot er beispielsweise eine bewegte Meditation an, die mir unheimlich gutgetan hat. Die Anteilnahme und Hilfe untereinander waren überwältigend!
Es ist ein Unterschied, irgendjemandem bzw. auch einem Arzt sein Leid zu klagen oder sich mit selbst Betroffenen auszutauschen. Plötzlich merkt man, dass man wirklich verstanden wird und derjenige nicht nur zustimmend nickt.
Dieser regelmäßige Austausch und die ehrliche Fürsorge füreinander waren so wertvoll und haben einen großen Teil zum Heilungserfolg beigetragen. Wir haben zusammen geweint und gelacht, Karten gespielt und meditiert, uns über Therapien ausgetauscht und uns gegenseitig bei der Therapie geholfen, über allergenarmes und heilendes Essen gesprochen und zusammen gegessen.
Es waren zwei gemeinsame Abende, die wir im großen Rahmen miteinander verbrachten. Dort wurde bei landestypischem Essen gesungen, gelacht und getanzt und jeder brachte sich mit dem ein, was ihm am besten lag. Dabei wurde schnell klar: jeder hatte sein eigenes Päckchen zu tragen, aber alle Päckchen hatten ähnliche Bestandteile und wurden gemeinsam leichter.
Neben dem heilungsfördernden Miteinander darf man das heilsame Klima des Toten Meeres natürlich nicht vergessen. Das unbeschreiblich losgelöste und freie Gefühl, wenn man vom Toten Meer getragen wird, ist einzigartig und eine wunderschöne Erfahrung.
Aber selbst für die, die wegen ihres extrem schlechten Hautzustandes nicht dort ins Wasser gehen durften, trat die Heilung aufgrund des Klimas und der Luftzusammensetzung ein. Mein kleiner Ole hätte dort niemals mit dem Wasser in Berührung kommen dürfen, wir waren dennoch mehrmals täglich direkt am Toten Meer und er spielte im schattigen Sand.
Die Erstverschlechterung seiner Haut nach ca. 10 Tagen machte mir zunächst schwer zu schaffen. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, mit so einem kleinen Kind und solch einem Hautzustand in ein fremdes Land zu reisen?
Doch die Zweifel waren schlagartig verschwunden, als es dann von Tag zu Tag ganz deutlich besser wurde. Jeder Tag mehr zählte, was auch der behandelnde Arzt bestätigte. Deshalb haben wir kurzentschlossen fünf Tage verlängert und sind nahezu beschwerdefrei nach Hause gekommen. (Das Foto zeigt Oles Rücken kurz vor der Heimreise.)
Nicht nur die Haut meiner Söhne sondern auch ihr Gemütszustand wurde schlagartig besser. Sie hatten sich akklimatisiert und konnten die restliche Zeit zusammen mit liebgewonnenen Gruppenmitgliedern genießen. Mein großer Anton profitierte sehr stark von der Reise. Zum einen war seine Haut so weich wie noch nie in seinem Leben und zum anderen hat er ganz viel Neues in Jordanien gelernt.
Er ist mental über sich hinaus gewachsen und glücklich und gestärkt wieder nach Hause gekommen. Nicht zuletzt auch dadurch, weil er einen ganz wertvollen Freund dort gefunden hat, der sich liebevoll um ihn gekümmert hat und der ihm ein großes Vorbild war.
Sein Schlüsselerlebnis war es, sich ins Tote Meer zu trauen. Das folgende Foto zeigt diesen besonderen Moment, den wir alle niemals vergessen werden, ebenso wenig wie diese besondere Reise in ein besonderes Land.
An dieser Stelle möchte ich mich auch im Namen meiner Söhne ganz herzlich bei der Belegschaft des Hotels für das Erfüllen von Sonderwünschen und den angenehmen Aufenthalt bedanken.
Ebenso gilt mein Dank allen Mitgliedern der Gruppe, die mich und uns in irgendeiner Form unterstützt haben, sei es durch Ratschläge, liebe Worte, ein offenes Ohr, Salben, Essen, Hilfe beim Zimmerwechsel oder das Schwarze-Peter-Kartenspiel. Die Erinnerung daran bleibt immer in unseren Herzen!
Die Haut gilt nicht umsonst als Spiegelbild unserer Seele. Die Haut meiner Söhne hat sich stark verbessert und die blutige Nachtwäsche gehört der Vergangenheit an.
Tschüss Jordanien, vielleicht sehen wir uns 'mal wieder!
Die nächste Gruppenreise der Selbsthilfegruppe für Neurodermitis und Psoriasis aus Ostheim startet am 7. September 2024. Weitere Infos erhalten Interessierte online unter www.shgostheim.de/klimareise.