Schnepfenburg am Burgsee – Die Geschichte des verschwundenen Bad Salzunger Gebäudes

Beitrag von Michael Knauf

Vergeblich sucht man heute am wildromantischen Burgsee in Salzungen eine Burg, welche damals wahrscheinlich zum Schutze der Salzquellen, der Saline und des Zugangs zur Stadt errichtet wurde.

Die Burg thronte um die 15 bis 20 Meter auf einem steilen Felsen, westseitig des Burgsees, über dem Wasserspiegel. Die fast senkrecht aufsteigende Felswand bildete zusammen mit den Burgmauern und den Türmen, am höchsten Punkt der Stadt, ein schwer einzunehmendes Bollwerk.

Auf den anderen Seiten befanden sich als Schutz tiefe Wallgräben und starke Mauern mit Türmen und Stadttoren. Die erste urkundliche Erwähnung einer burgähnlichen Anlage ist auf das Jahr 775, zusammen mit der Ersterwähnung von Salzungen, datiert.

Die Schnepfenburg zu Salzungen, Kupferstich

Andere Quellen gehen schon auf das Vorhandensein von Verteidigungsanlagen, welche im Jahr 128 unserer Zeit von den Chatten erbaut wurden, aus.

Der erste Salzunger Stadtchronist Johann Christian Schwarz verwies 1676 in seinen Schriften, dass sich schon im Jahr 380 an der Stelle der Schnepfenburg, schloss- oder burgähnliche Gebäude befunden haben sollen. Nicht belegte Überlieferungen berichten von der Zerstörung einer Burg im Jahr 923 durch die Ungarn. Ein Neuaufbau soll im Jahr 942 beendet worden sein.

Erst im Jahr 1160 konnten die Burganlagen, unter dem Kloster Fulda, militärisch ausgerüstet werden. Weitere urkundliche Erwähnungen gehen auf das Jahr 1166 zurück.

Die Schnepfenburg zu Salzungen, Kupferstich 1717

Zweimal wurde die Burg erobert und zerstört. König Otto der IV. eroberte sie am 19. Mai 1212 im Krieg gegen den Kaiser Philipp von Schwaben und zerstörte diese. Sofort erfolgte der Wiederaufbau, bis im Jahr 1295 Adolf von Nassau die Burg im Kampf gegen die Thüringer Landgrafsöhne Diezmann und Friedrich einnahm und anschließend dem Erdboden gleich machte.

Nach diesen Geschehnissen und noch einige Jahrhunderte später oblag die Führung der Burg in den Händen von vier adligen Burgvögten. Zwei der Burgvogte hatten ihre Gemächer direkt in der Burg, wobei die zwei anderen in besonderen Steinhäusern oder Kemenaten ihr Domizil fanden.

Es steht heute noch ein Steinhaus aus alten Zeiten, der Haunsche Hof. Es soll das einzige bedeutende Gebäude sein, welches den großen Stadtbrand von 1786 überstanden hat und für die Nachwelt in Salzungen erhalten geblieben ist.

Modell der Schnepfenburg im Museum am Gradierwerk

Der Haunsche Hof wird noch heute von Einheimischen und Touristen wegen seiner romantischen Lage und Schönheit, im Malerwinkel zwischen dem Bad Salzunger Markt und dem Burgsee, sehr oft besucht, fotografiert und es finden im Garten und im Gebäude anspruchsvolle, kulturelle Veranstaltungen statt.

Die Geschlechter der Burgvogte waren Abkömmlinge der Familien von Haun, von Leimbach, von Kralach, später von Buttlar, von Militz und von Reckrodt. Der Eisenacher Herzog Johann Ernst erwarb im Jahr 1605 die Burg von den letzten Burgvögten von Reckrodt und von Kralach.

Der Herzog Johann Ernst zu Eisenach baute die Burg neu auf und brachte diese auf den damals modernsten, militärischen Verteidigungszustand. Außerdem wurden Teile der Burgmauern und einige Wohnsitze abgerissen und an deren Stelle ein fürstliches Schloss errichtet.

hist. Stadtansicht von Salzungen 1704

Während der Umbauarbeiten um 1560 stürzte ein Turm der Burg ein. Im Turmkopf wurde ein uraltes, vergilbtes Pergament aufgefunden. Am Ende der Nachricht soll gestanden haben: „Auf unsere unüberwindliche Schnepfenburg.“

Der Name geht also nicht auf ein schönes, hochnäsiges Burgfräulein, sondern auf die unterhalb der Burg am Felsen brütenden Schnepfenvögel (Bekassinen) zurück. Die Burg wurde vom Eisenacher Herzog Johann Ernst ab 1609 per Dekret „Schnepfenburg“ genannt.

Das Salzunger Amtssiegel zierte noch bis vor 200 Jahren die Abbildung eines Schnepfenvogels. Die Burg diente zeitweilig auch als Gerichtsort, als Kerker oder Verlies und war als Amtssitz und Stadtburg allgegenwärtig. Eine Beschreibung der Burg lies Herzog Ernst der Fromme 1670 anfertigen.

Weg zu den Schnepfenburg-Terrassen oberhalb des Burgsee und vor dem Amtsgericht

Zur Burg sollen  das alte Amtshaus, ein neues Amtshaus (um 1609 erbaut), die Burghäuser von Kralach und von Reckrodt, Backhäuser und Küchenhäuser, vier Vieh-und Pferdeställe, ein hohes Kornhaus (um 1673 erbaut), sowie ein Ziehbrunnen und ein Torbogenhaus gehört haben.

Zu erwähnen ist außerdem, dass während des Dreißigjährigen Krieges, im September 1625, General Wallenstein mit 25.000 Soldaten durch Salzungen zog und der General für kurze Zeit auf der Schnepfenburg Quartier bezog.

Herzog Ernst der Fromme besuchte öfters, meistens im Frühjahr und im Sommer, die Burg. Nach seinem Tod im Jahr 1775 wurden Salzungen und Thüringen unter seinen Söhnen aufgeteilt.

hist. Ansichtskarte, über dem Burgsee, das Amtsgericht und Mauerreste der Schnepfenburg

Der eine Sohn, ab 1780 der Meininger Herzog Georg der I., hatte Ambitionen in Salzungen am See ein Lustschloss zu errichten, er sei total von der Schönheit des Sees und der Natur angetan, ja sogar begeistert, gewesen.

Schwierigkeiten beim Erwerb der Grundstücke veranlassten ihn letztendlich ein Lustschloss bei Liebenstein auf dem Altenstein zu erbauen. Für Salzungen leider eine verpasste Gelegenheit.

Während des großen Stadtbrands in Salzungen am 5. November 1786 brannte auch die Schnepfenburg bis auf die Grundmauern nieder. Die Burg mit Schloss wurde nicht wieder aufgebaut, sondern ein im klassizistischen Stil errichtetes Amtsgebäude. Hier fanden ein Steueramt und ein Amtsgericht ihr Domizil.

hist. Stadtplan von Salzungen 1719

Das Amtsgericht ist ein zweigeschossiger Mitteltrakt mit einem Satteldach, an dem jeweils rechts und links, seeseitig ein Seitenflügel mit einem Walmdach angebaut wurde. Ab dem Jahr 1769 bezogen die herzoglichen Beamten den Neubau. Außerdem entstand zur gleichen Zeit neben dem Amtsgericht die evangelische Stadtkirche „St. Simplicius“.

Im Jahr 2000 fand man bei Bauarbeiten umfangreiche Reste von Kellergewölben der Burganlage von der Schnepfenburg.

Bei Grabungen am Amtsgericht, dem ehemaligen Standort der Schnepfenburg, wurden im Mai 2017 von den Bauhistorikern Udo Hopf und Benjamin Rudolph, alte Hofpflaster und Mauersteine des Haupturms der Schnepfenburg freigelegt.

Die Schnepfenburg-Terassen am Bad Salzunger Burgsee

Es sollten Erkenntnisse gewonnen werden ob und wie eine touristische Erschließung des Bodendenkmals „Schnepfenburg“ möglich wäre oder in Zukunft möglich ist. Die Funde wurden gesichert, katalogisiert und wieder verschlossen, da zur Zeit keine aktuellen Pläne für ihre Nutzung vorliegen.

Meines Wissens und nach intensiven Recherchen existieren nur noch zwei zeitgenössische Abbildungen bzw. Ansichten der Schnepfenburg. Eine Zeichnung (Aquarell) stammt aus dem Jahr 1659 und befindet sich im Thüringer-Staatsarchiv in Gotha. Von einem weiteren Kupferstich aus dem Jahr 1717, liegen Kopien / Drucke in verschiedenen Archiven und Museen.

Im Internet werden gut erhaltene Exemplare der Kupferstiche mit einer Blattgröße von 33,5 x 39,9 cm für 400 Euro angeboten. Ein maßstabsgerechtes und anschauliches Modell der Schnepfenburg befindet sich im Museum am Gradierwerk, Eigentümer ist der Museums Verein Bad Salzungen e.V..

Die Schnepfenburg-Terassen am Bad Salzunger Burgsee

Nähere geschichtliche Informationen zur Bad Salzunger Schnepfenburg findet man in folgenden Publikationen:

  • „Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze“, Autor: Michael Köhler, Seite: 246, Jenzig-Verlag, Jena 2003, ISBN: 3-910141-56-0
  • „Bad Salzungen mit einen chronologischen Auszug aus der Stadtgeschichte und ein Innenstadtplan, wichtige Informationen der Stadt und Firmenportraits“, Autor: Hartmut Ruck, Seite: 72, ETRO-Verlag, Bad Sooden-Saalmünster, um 2000, keine ISBN
  • „Festschrift zum Stadtjubiläum 1225 Jahre Bad Salzungen“, Autorenteam, Seite: 64, Bauer & Malsch - Druck Immelborn, Bad Salzungen im Jahr 2000, keine ISBN
  • „Historischer Streifzugdurch das Salzunger Land“, Frankensteingemeinde-Verein für Salzunger Geschichte e.V., Autorenteam, Seite: 64, Bad Salzungen 1992 : , keine ISBN
  • „Bad Liebenstein – Bad Salzungen“,Autor: Harry Gerlach, Seite: 18, VEB F.A. Brockhaus Verlag Leipzig, Leipzig: 1974, keine ISBN
  • „Burgen, Schlösser, Parks und Gärten, Autor: Hans Krumbholz, Berlin/Leipzig 1984, keine ISBN

Der Autor möchte sich bei Detlef Schulz vom Bad Salzunger Tourismusbüro, beim Museumsleiter des Museums am Gradierwerk Steffen Krüger und bei der Heimatfreundin Frau Rosmarie Zeitz für ihre Unterstützung, zur Erarbeitung des vorliegenden Beitrags bedanken.

Die Schnepfenburg-Terassen am Bad Salzunger Burgsee

Quellen:

Tageszeitungen STZ und Freies Wort, o.g. Publikationen, Wikipedia, Stadtverwaltung und Museum am Gradierwerk in Bad Salzungen, online: www.alleburgen.de, Überlieferungen und Aufzeichnungen des ehemaligen Chronisten der Stadt Bad Salzungen Paul Luther

Erläuterungen:

  • Chatten = frühgeschichtliche, germanische Ethnie (Volksstamm) in Hessen, sie hatten Ihr Siedlungsgebiet im Bereich der Täler von Fulda, Eder und des Oberlaufes der Lahn
  • Wallenstein = geboren als Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein in Böhmen, später im 30 jährigen Krieg Feldherr und General
Schießscharte in den Mauernresten der Schnepfenburg
Rundweg am Bad Salzunger Burgsee, Reste der Mauern der Schnepfenburg unterhalb des Amtsgericht
Partie am Burgsee, sanierte Mauerreste der Schnepfenburg, unterhalb des Amtsgerichts
Partie am Burgsee, sanierte Mauerreste der Schnepfenburg, unterhalb des Amtsgerichts
Partie am Burgsee, sanierte Mauerreste der Schnepfenburg, unterhalb des Amtsgerichts
Partie am Burgsee, sanierte Mauerreste der Schnepfenburg, unterhalb des Amtsgerichts
Amtsgericht Bad Salzungen
Amtsgericht Bad Salzungen
Amtsgericht Bad Salzungen
historische Zeichnung aus dem Jahr 1659, Maler unbekannt