2024 jährt sich der Geburtstag des Barockkomponisten Johann Valentin Meder (1649–1719) zum 375. Mal. Aus diesem Anlass findet am Samstag, dem 7. September, ab 9 Uhr im Wasunger Weyenhof (Schulgasse 2) ein Symposium statt, das Meders Leben wissenschaftlich beleuchtet und seine Musik live zu Gehör bringt.
Meder wurde in Wasungen geboren und entstammte einer verzweigten Thüringer Musikerfamilie. Seine Brüder übernahmen die kirchenmusikalischen Ämter in Wasungen, Meiningen und Bad Salzungen. Meder hingegen verließ seine südthüringisch-fränkische Heimat.
Er studierte in Leipzig und wirkte als Sänger am Gothaer Hof, bevor er als Kantor, Kapellmeister und Organist vor allem im heutigen Polen und im Baltikum arbeitete. Er komponierte Kirchenmusik, darunter eine Matthäus-Passion, aber auch Instrumental- und Bühnenwerke wie die Oper Die beständige Argenia.
Während er mit seiner Kirchenmusik erfolgreich war, wurden seine Opern-Experimente vor allem von der Geistlichkeit bekämpft. Nachdem er 1698 trotz Verbots eine Oper aufgeführt und sich einigen Ärger mit dem Danziger Stadtrat eingehandelt hatte, musste er bald aus der Hansestadt fliehen.
Er hatte sich wegen des Opernprojekts in erhebliche Schulden gestürzt, konnte damit aber nun keine Einnahmen erzielen, weil das Werk auch im Danziger Umland nicht wieder aufgeführt werden durfte.
Als Grenzgänger und Kulturvermittler zwischen Mitteldeutschland und dem Ostseeraum wirkte Meder als prägende Musikerpersönlichkeit um 1700 und darüber hinaus: Noch am Ende des 18. Jh. galt er in Fachkreisen als einer der „würdigsten Komponisten seiner Zeit“, auch wenn ein großer Teil seines Schaffens leider nicht überliefert wurde.
Im 19. Jahrhundert war Meder lange Zeit vergessen, erst zur Wende des 20. Jahrhunderts begann das Interesse an dem Komponisten wieder zu wachsen.
Man entdeckte sein Stammbuch, eine Art Freunde- oder Poesie-Album, aus dem seine künstlerischen Netzwerke und Reiserouten erschlossen werden konnten.
Heute wird Meders Werk international von wichtigen Barockmusik-Ensembles aufgeführt, von führenden Vertretern der Musikwissenschaft in Schweden, Polen und dem Baltikum beforscht und in seiner besonderen Bedeutung für die Musikgeschichte immer mehr anerkannt.
In Wasungen treffen sich Vertreter der internationalen Meder-Forschung erstmals im Rahmen eines Symposiums, um den Wasunger Komponisten aus verschiedenen Blickwinkeln zu würdigen. Dr. Christian Kämpf von der Musikabteilung der Sächsischen Landesbibliothek Dresden hat das Symposium organisiert.
In Dresden leitet er als Projektkoordinator den Fachinformationsdienst Musikwissenschaft und publiziert daneben vor allem zu Fragen der Musikästhetik und zur musikalischen Sozialgeschichte.
Er wird zunächst allgemein in das Leben Meders einführen und dabei vor allem die geschichtlichen Kontexte seines Schaffens zwischen Westfälischem Frieden (1648) und Großem Nordischen Krieg (1700–1721) erläutern.
Anu Schaper, die als Musikwissenschaftlerin an der estnischen Musik- und Theaterakademie in Tallinn arbeitet und als Expertin für Meder und die baltische Musikgeschichte gilt, nimmt Meders Herkunft, seine frühen Lebens- und Ausbildungsstationen in Thüringen in den Fokus und entdeckt hier wesentliche Impulse für seine spätere Karriere.
Professor Dr. Joachim Kremer von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, der einen seiner vielen Forschungsschwerpunkte auf die Geschichte der musikalischen Ämter und Institutionen gelegt hat, wendet sich in seinem Vortrag dem „unsteten“ Lebenswandel Meders zu: Der Komponist lebte und arbeitete in Leipzig, Gotha, Bremen, Kopenhagen, Königsberg, Tallinn, Riga, Danzig und anderen Orten des Ostseeraums.
Dieser Lebenswandel ist aber typisch für Komponisten seiner Generation zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach und verweist auf Veränderungen in den musikalischen Berufen und Tätigkeitsfeldern, die Professor Kremer näher erklärt.
Die aus Russland stammende Musikwissenschaftlerin Dr. Olga Gero, die zurzeit an der Universität Leipzig wirkt, arbeitete vor allem zur geistlichen Musik des 17. Jahrhunderts und hat ein aktuelles Forschungsprojekt zu Modest Mussorgski.
Sie widmet sich in ihrem Vortrag der sogenannten Andachtsmusik, geistliche Erbauungslieder, die auch Meder komponierte, und untersucht die sogenannte Düben-Sammlung, eine wichtige musikgeschichtliche Quellensammlung an der schwedischen Universität Uppsala, in der auch viele Werke Meders überliefert sind.
Dr. Kämpf beschließt das Symposium mit einem Vortrag über den Einfluss der italienischen Musikkultur auf die Musik im Ostseeraum im Allgemeinen und auf Meders Werk im Besonderen.
Die Beiträge des Wasunger Symposiums werden zusammen mit vielen weiteren Aufsätzen von Autoren aus Polen, Lettland und Schweden im kommenden Jahr in einem Sammelband veröffentlicht, den die Stadt Wasungen fördert.
Die Reihe der Vorträge wird mit Live-Musik ergänzt: Das Vokalensemble der Meininger Kantorei unter der Leitung von Kreiskantor Sebastian Fuhrmann bringt Musik von Meder, aber auch Werke anderer Wasunger Komponisten wie Johann Steurlein und Melchior Vulpius zu Gehör. In den Pausen ist es möglich einen kleinen Imbiss zu sich zu nehmen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Zum Abschluss des Symposiums soll die Internationale Johann-Valentin-Meder-Gesellschaft festlich gegründet werden. Sie hat zum Ziel, künftig die wissenschaftliche und künstlerische Auseinandersetzung mit Leben und Werk Johann Valentin Meders, aber auch mit anderen Musikerpersönlichkeiten aus seinem Umfeld in Mitteldeutschland und dem Ostseeraum zu fördern, zum Beispiel durch Tagungen, Konzerte, Publikationen und durch die allgemeine Vernetzung von Interessierten in Deutschland, Polen, Skandinavien und dem Baltikum.
Hierfür werden noch Mitstreiter gesucht. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, Mitglied zu werden und damit die Barockmusikkultur in Südthüringen und den internationalen Austausch zu unterstützen!
Die passenden Räumlichkeiten für diesen Tag werden freundlicherweise von Hansgeorg Enzian bereitgestellt: Das Symposium und die Gründung der Gesellschaft finden im Wasunger Weyenhof, Schulgasse 2, im barocken Salon Rosina Hanwacker statt.
Der Salon, benannt nach der Erbauerin, passt auch baugeschichtlich hervorragend zum Meder-Tag. Er stammt aus der Zeit um 1630 und ist damit nur wenige Jahre vor der Geburt Meders fertiggestellt worden.
Der Eintritt ist frei. Es ist auch möglich, nur einzelne Vorträge zu hören. Alle Interessierte sind herzlich willkommen!