Bad Salzunger Notfalltag – Großschadenslagen, taktische Patientenversorgung & Einsatzplanung

Gastbeitrag von Jennifer Schellenberg

Ein 59-jähriger LKW-Fahrer verliert aufgrund eines medizinischen Notfalls das Bewusstsein am Steuer. Sein Fahrzeug gerät unkontrolliert in den Gegenverkehr und prallt frontal mit einem Linienbus zusammen.

Die Fronten beider Fahrzeuge sind völlig zerstört; der LKW-Fahrer ist eingeklemmt, und die vordere Tür des Busses lässt sich nicht öffnen. So lautete am Samstag das Szenario einer simulierten Kollision zwischen einem LKW und einem Bus auf dem Parkplatz des Feuerwehrtechnischen Zentrums (FTZ) in Immelborn.

Geprobt wurde eine Sichtungsübung an einer von drei Stationen, bei der die medizinischen Einsatzkräfte professionell geschminkte Unfallstatisten anhand ihrer Verletzungsmuster in verschiedene Sichtungskategorien einteilen mussten. Ziel war es, den Schweregrad der Verletzungen der Businsassen zu beurteilen und die Dringlichkeit sowie Behandlungsreihenfolge festzulegen.

Neben den 15 Unfallstatisten waren 35 Schulungsteilnehmer, darunter 15 Notärzte und Rettungssanitäter aus dem Wartburgkreis, zum praktischen Teil der Schulung anwesend.

An zwei weiteren Stationen im Schulungsgebäude des FTZ wurden Fähigkeiten bei der Thoraxentlastungspunktion, Atemwegssicherung und die Versorgung massiver Blutungen trainiert, um den professionellen Ablauf der medizinischen Teams bei einem Schadensereignis zu üben.

Der bereits zum siebten Mal stattfindende Bad Salzunger Notfalltag wurde am 25. und 26. Oktober im (FTZ) in Immelborn durchgeführt. Die zweitägige Fortbildung, organisiert von Dr. Roland Schneider, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst des Wartburgkreises, brachte rund 40 Notfallmediziner, Notfallsanitäter, leitende Notärzte und organisatorische Leiter Rettungsdienst aus dem Wartburgkreis zusammen.

Im Mittelpunkt der Fortbildung stand diesmal der Weiße Bereich, welcher zu den Schwerpunkten Massenanfall von Verletzten (MANV), HandlungsEmpfehlungen für Amok- und Terrorlagen in Thüringen (HEATTh) sowie die Raumordnung bei Verkehrsunfällen und Großschadensereignissen, geschult wurde.

Fachvorträge zu aktuellen Entwicklungen

Die Fortbildung begann am Freitagnachmittag mit einer Begrüßung durch Dr. Roland Schneider und Landrat Dr. Michael Brodführer.

„Vorbeugende Sicherheit ist für uns im Wartburgkreis immer ein aktuelles Thema. Es ist uns wichtig, dass wir im Brand- und Katastrophenschutz und auch im Notfallbereich gut aufgestellt sind. Wir müssen immer handlungsfähig sein, damit die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle auch greifen können“, stellte Brodführer in seiner Ansprache an die medizinischen Schulungsteilnehmer an erste Stelle.

Er richtete zudem seinen Dank an alle Rettungskräfte und machte deutlich, dass es gerade in Notfalllagen wichtig ist, dass jedes einzelne Zahnrad im Wartburgkreis ineinandergreifen muss.

Er ergänzte zudem mit Blick auf die zukünftige Bevölkerungsentwicklung: „Dass wir auch junge Leute begeistern müssen, die sich künftig für den Rettungsdienst sowie im Brand- und Katastrophenschutz engagieren. Wir werden in den nächsten Jahren ca. 60 Grundschulklassen weniger haben.

Durch den allgemeinen Bevölkerungsrückgang brauchen wir Menschen, die in Notsituationen helfen können. Wir sind auch angehalten, junge Menschen aus anderen Regionen oder Ländern für unseren Landkreis zu gewinnen.“

Im Anschluss folgten hochinformative Fachvorträge mit Praxisbezug im Rettungseinsatz. Thomas Kukulenz vom Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales (TMIK) berichtete zum aktuellen Stand der HEATTh-Empfehlungen und stellte Neuerungen im Umgang mit Amok- und Terrorlagen vor.

Danach sprach Matthias Kleinsimon, Wehrführer der Feuerwehr Ruhla, zur Raumordnung bei Verkehrsunfällen und Großschadensereignissen, unter besonderer Berücksichtigung von Drehleitern und Rüstwagen.

Den Abschluss des Tages bildete ein Vortrag von Sebastian Wegener und Marcus Manß, beide Notfallsanitäter und Praxisanleiter beim DRK in Eisenach, welche die Inhalte der MANV-Tasche (Massenanfall von Verletzten) und die Sichtungsstrategie mSTaRT erläuterten.

Hohes Niveau und intensive Zusammenarbeit

Die praxisorientierte Fortbildung diente nicht nur der Vertiefung medizinischer Fertigkeiten, sondern auch dem Zusammenspiel der verschiedenen Rettungsorganisationen.

Durch das realitätsnahe Training und den regen Austausch der Teilnehmer konnte das Wissen und die Handlungsfähigkeit in Extremsituationen wie Amoklagen oder Großunfällen maßgeblich erweitert werden.

„Die diesjährige Schulung ist gut gelaufen. Die Vorträge der Fachleute waren inhaltlich präzise und auf den Punkt gebracht. Für alle Teilnehmer ist es enorm wichtig, das Zusammenspiel immer wieder zu trainieren – Üben kann man dabei nie genug,“ resümierte Dr. Schneider den diesjährigen Notfalltag.

Die Fortbildung wird bereits seit mehreren Jahren von Dr. Roland Schneider, dem ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes, organisiert. Der Notfalltag wurde 2015 ins Leben gerufen und widmet sich immer einem spezifischen Schwerpunkt.

In den vergangenen Jahren waren dies Szenarien wie Bahnunfälle in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn und der Süd-Thüringen-Bahn, Amoklagen oder die Rettung eines Waldarbeiters in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, die einen Hubschrauber mit Seilwinde zur Bergung beisteuerte. Die Notfalltage zeigen, wie wichtig kontinuierliche Schulungen und Übungen für den Ernstfall sind.

Für das leibliche Wohl sorgten die Kameraden des Betreuungszuges des Wartburgkreises, diesmal bestehend aus der Feuerwehr Moorgrund und dem DRK Kreisverband Eisenach e.V., die an beiden Tagen die Verpflegung sicherstellten.