Samstagabend bei den Rhönschätzen: St. Martin & die Sache mit der Menschlichkeit

Gastbeitrag von Franziska Vogt
(Rhönschätze Kaltenlengsfeld)

Schon monatelang nehme ich mir vor über die kleinen und großen Ereignisse zu schreiben, die sich seit unsere Wanderung am Grünen Band zugetragen haben.

Aber wie es eben oft ist, bleibt vieles nur ein guter Vorsatz. So müssen meine Gedanken während der Schwangerschaft und das neue Leben noch ein wenig warten. Denn heute möchte ich über die aktuellen Geschehnisse ein bisschen philosophieren.

So trug es sich zu, dass vor tausenden von Jahren ein Ritter durch die Lande zog und mit einem armen Mann seinen Mantel teilte.

Nächstenliebe und Güte besaß der später heilig gesprochene Martin von Tours. Die Legende um ihn und das Teilen der Hörnchen wurde uns und unseren Kindern Jahr für Jahr nähergebracht. Aber leben wir es selbst und so auch unseren Kindern vor?

Neurobiologe Joachim Bauer meint dazu: „Das Verhalten von St. Martin ist der Ausdruck einer zutiefst empfunden Menschlichkeit. Und die Empathie gehört zum Menschen dazu, egal welcher Religion wir angehören. Es ist ein zutiefst menschlicher Zug, empathisch sein zu können und es auch tatsächlich zu sein.“

Gegenseitige Wertschätzung, Achtung und Unterstützung nicht nur in Notlagen - davon erzählen die Lieder, die wir während des gestrigen Umzuges gehört haben. Aber ist es in unseren Gemeinden wirklich so?

Veranstaltungen wie der Umzug zum Martinstag, Flohmarkt, Kirmes, Weihnachtsmärkte leben von der Wertschätzung, die wir ihnen entgegen bringen. Durch unsere Teilnahme, durch unseren Besuch.

Diejenigen, die Veranstaltungen organisieren, Tradition und Brauchtum aufrecht erhalten, diejenigen die Neues gestalten und ins Leben rufen, stecken viel Zeit, Liebe und nicht zuletzt auch Geld in all ihr Tun. Ohne ihr Engagement würde Altes aussterben, würde Gemeinschaft nicht mehr gelebt. Würde es ruhig im Ort.

Ist es da nicht richtig und wichtig dieses Engagement, diese Feste und Veranstaltungen auch zu würdigen und sie zu unterstützen? Ist dies nicht auch eine Form der Nächstenliebe?

Am gestrigen St. Martin in Kaltenlengsfeld waren es nur sehr wenige große und kleine Gäste. Auch ein Musikant ließ sich nicht finden. So schade, wenn man bedenkt wieviel Mühe sich all die beteiligten Menschen gegeben haben, um solch einen Tag zu ermöglichen.

Die dunkle Jahreszeit beginnt, wir zünden Lichter an, rücken näher zusammen, besinnen uns auf das, was wichtig ist, denken an unsere Lieben, die nicht mehr bei uns sind, an Menschen, denen es schlechter geht.

In den letzten Monaten des Jahres lässt man das Vergangene noch einmal Revue passieren, plant gute Vorsätze und schreibt Wunschzettel. So wünsche ich mir mehr Anerkennung für all die engagierten großen und kleinen Kaltenlengsfelder.

Die sich, wie St. Martin, selbstlos für das Wohl der Gemeinschaft und das Leben im Ort einsetzen und dafür sorgen, das Feste zusammen gefeiert werden können. Brauchtum nicht ausstirbt, Gemeinschaft gepflegt wird.

Lasst uns nicht nur in der Not zusammen halten, sondern auch Feste miteinander feiern. So hoffe ich, meine Jüngste zum Einschlafen im Arm und das Lied vom St. Martin summend, auf noch viele schöne Stunden im Kreise der Gemeinschaft. Denn die kostbarsten Stunden sind die, die wir gemeinsam lachen und lieben.