Gastbeitrag von Michael Knauf
Heute ist der Weihnachtsbaum zur Weihnachtszeit allgegenwärtig. Vor fast 165 Jahren, also um 1860 war der Christbaum in der Rhön weitgehend unbekannt. In noch früheren Zeiten war es den Holzfällern untersagt Bäume zu Weihnachten aus dem Wald zu holen.
Die kurmainzische und weimarische Regierung in Erfurt, verboten zu Zeiten des Siebenjährigen Krieg, in den Jahren 1756/1757, das Schlagen oder das Fällen von Weihnachtsbäumen. Ab dem Jahr 1765 wurde das Fällen der Christbäume mit einer Geldstrafe, von fünf Talern und 20 Groschen oder mit vierzehn Tagen Gefängnis durch die Forstbehörde geahndet.
Deshalb verbreitete sich der Brauchtum des Weihnachtsbaumes nur langsam in unserem Rhöngebirge. Um 1860 konnten sich einige, wenige besser gestellte Familien, sowie die Geistlichen, Pädagogen, Amtsrichter, Gendarmen und Forstbeamte, in den größeren Städten wie Fulda, Meiningen, Bad Kissingen und Eisenach einen Christbaum leisten.
Dieser Baum wurde aber nicht mit Kerzen und Kugeln geschmückt, sondern es wurden Plätzchen, Nüsse und Äpfel verwendet. Der Baum wurde dann bei den Protestanten bis zum 6. Januar und bei den katholischen Familien bis zum 2. Februar (Maria Lichtmess) förmlich abgeerntet bzw. leergegessen und anschließend abgebaut Später wurden aus den Äpfeln kunstvolle Christbaumkugeln.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 konnte sich der Baum endgültig in der Rhön und in ganz Deutschland durchsetzen. Im Kriegswinter 1870 befahl die deutsche Heeresleitung und der Kaiser als Oberbefehlshaber zu Heiligabend, in allen militärischen Einrichtungen oder Anlagen einen Christbaum aufzustellen.
Die heimkehrenden Soldaten brachten das Brauchtum mit nach Hause und im darauf folgenden Jahr zur Weihnachtszeit ging so mancher Rhöner in den nahen Wald und holte sich ein Tannenbäumchen. Aber es dauerte dann noch gut fünfzig Jahre bis in jedem Haus ein Weihnachtsbaum erstrahlte.
Es entstand ein richtiger Weihnachtsbaumhandel, die Forstämter verkauften die Bäumchen an Händler. Über die Händler gelangten die Weihnachtsbäume auf die Weihnachtsmärkte oder direkt zum Kunden. Die älteren Rhönbewohner waren aber von der neuen Sitte, oder der neuen Mode nicht sonderlich angetan.
Wegen der vielen gefällten Bäume vertraten sie die Auffassung: „Der größte Feind des Waldes ist der Mensch, des Menschen größter Freund ist der Wald“. Aber zum Glück sorgten und sorgen die Forstverwaltungen, im Interesse der Rhönbevölkerung für die Erhaltung unserer Wälder.
Durch die beginnende Industrialisierung, hauptsächlich durch das Abteufen der Kaligruben und durch den nachfolgenden Eisenbahnbau kam etwas Wohlstand in die Rhön und um 1910 war der Christbaum fast in jedem Rhöner-Haushalt allgegenwärtig.
Auch gab es zwischen den Kirchen zu Ende des 19. Jahrhundert Unterschiede, so feierten die Katholiken ein Krippenspiel mit Weihnachtskrippe und die evangelischen Gläubigen eine Weihnachtsbaumfeier.
Ab der Hälfte des zwanzigsten Jahrhundert nahmen beide Konfessionen, Katholiken und Protestanten in ihren Weihnachtsfeierlichkeiten den Christbaum und die Weihnachtskrippe mit auf.
Aus dem Jahr 1922 ist folgende Anekdote aus dem Rhöndorf Kaltenwestheim überliefert, der dortige Pfarrer, war ein feinsinniger Mensch und zelebrierte eine unvergessliche Christfeier, in deren Mittelpunkt die Weihnachtslegende „Die Heilige Nacht“ der schwedischen Dichterin Selma Lagerlöf gestanden haben soll.
Meist werden Tannen, Fichten-oder Kieferbäume zwischen dem 1. Advent und dem Heiligabend gekauft und der Christbaum bekommt in den Wohnzimmern der Familien einen würdigen Platz.
Erwähnenswert ist außerdem, dass in früheren Zeiten in manchen Gegenden unseres Landes das Brauchtum vorherrschte, den Weihnachtsbaum an der Zimmerdecke zu befestigen, damit das Wohnzimmer größer wirkte und ein ausreichender Raum für die zu erhofften Geschenke zur Verfügung stand.
Das Schmücken des Christbaums bereitet vielen Familien gemeinsam großen Spaß, jedes Familienmitglied hat seine traditionelle Aufgabe. Das Familienoberhaupt besorgt den Weihnachtsbaum, stellt diesen in den Christbaumständer. Meistens schmücken die Ehefrau mit den Kindern oder mit Oma und Opa zusammen den Baum.
Im Jahr 1878 wurde in Nürnberg das Lametta erfunden, dieser Baumbehang sollte Schnee und Eiszapfen am Baum symbolisieren. Heute wird Lametta kaum oder gar nicht mehr verwendet, da es aus Stanniol gefertigt wurde und unsere Umwelt sehr belastet hatte.
Vielmehr finden Christbaumkugeln, Nikolausfiguren, Strohsterne, Holzfiguren oder Süßigkeiten als Baumbehang Verwendung. Die Spitze des Christbaums ziert ein Stern, eine Glasspitze oder ein Engel.
Die Äste wurden früher mit Kerzen geschmückt, aber aus Gründen des Brandschutzes werden bereits ab 1920 bis 1930 zum großen Teil elektrische Lichterketten verwendet. Direkt unter dem Christbaum befinden sich eine Weihnachtskrippe und die Geschenke.
In einigen Rhöner Familien steht, während der Weihnachtszeit, zusätzlich zum Christbaum noch eine kunstvoll, aus Holz geschnitzte, Weihnachtspyramide.
Vor einigen Jahrzehnten kamen Kunststoff-Weihnachtsbäume oder Kunsttannen auf den Markt. Doch die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung hält einen natürlichen Christbaum die Treue und gibt diesem den Vorzug.
Nicht zu vergessen ist, dass deutsche Auswanderer den Weihnachtsbaum mit nach Amerika brachten. Bereits im Jahr 1912 erstrahlte in New York der erste öffentliche Christbaum.
In der Vorweihnachtszeit und zu den Weihnachtsfeiertagen erklingen oft in den meisten Wohnungen die festlichen Lieder: „ Oh Tannenbaum“ oder „Vom Himmel hoch, o Englein, kommt“.
Einige Rhöner-Bauernregeln überliefern nachfolgende Weisheiten zu Weihnachten: „Christtag in Freien…Ostern ums Feuer“, „Ist`s in der Heiligen Nacht hell und klar, so gibt es ein segenreiches Jahr“, „Weihnachten im Klee und Ostern im Schnee“ oder „Fällt die Christnacht in den wachsenden Mond, dann gibt es ein Jahr, welches sich lohnt“ und viele weitere.
Wer mehr über die Geschichte des Weihnachtsbaums erfahren möchte, dem empfehlen wir folgende Publikation:
- „Bäume leuchtend, Bäume blendend…Eine Geschichte des Weihnachtsbaumes in Thüringen“, Autorin: Andrea Jakob, Meininger Museen, Meiningen 2007, ISBN: 978-3-910114-11-1
Quellen:
- Internet: Weihnachtsbaum-Wikipedia, Christbaum-Brauchwiki, weihnachtsbaeume-breinigs Webseite
- Tageszeitungen: Freies Wort, STZ, Thüringer Tageblatt
- Überlieferungen: ehemaliger Ortschronist von Vacha Dr. dent. Hans Goller (†), ehemaliger Ortschronist von Klings A. Matthes (†)