Gastbeitrag von Anja Nimmich
In der Anneliese Deschauer Galerie in Geisa wurde diese Woche das Inklusionskonzept der Kommunen des Geisaer Landes vorgestellt.
Gemeinsam mit antonius – Netzwerk Mensch Fulda wurde über ein Jahr hinweg ein Konzept erarbeitet, das die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen in der Region fördern und Barrieren abbauen soll.
André Literski von antonius begrüßte als Moderator alle Gäste und hieß besonders Dienststellenleiterin Ulrike Schade vom Biosphärenreservat Thüringische Rhön, Geisas Bürgermeisterin Manuela Henkel und Ortseilbürgermeisterin Angela Zimmermann willkommen.
„Der heutige Abend ist ein ganz besonderer für mich“, sagte Manuela Henkel in ihrem Grußwort. „Wir blicken auf ein Jahr zurück, in dem viel bewegt wurde – nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis und in den Herzen.“
Henkel machte deutlich, dass das Thema Inklusion in der Region zunehmend an Bedeutung gewinnt.
„Etwa 23 Prozent der Menschen im Wartburgkreis leben mit einer Behinderung – und doch bleibt das Thema oft unsichtbar“, betonte die Nicole Briechle, Behindertenbeauftragte des Wartburgkreises.
Das neue Inklusionskonzept für das Geisaer Land wurde unter breiter Beteiligung der Bürgerschaft entwickelt. In mehreren Workshops und Austauschrunden brachten Bürger, Vereine und soziale Einrichtungen ihre Erfahrungen, Wünsche und Ideen ein.
Unterstützt wurde das Projekt durch das Regionalbudget des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön, das 90 Prozent der Gesamtkosten von 14.000 Euro förderte.
„Unser Ziel war es, ein Konzept zu schaffen, das nicht in der Schublade verschwindet, sondern lebendig bleibt“, erklärte André Literski von antonius.
„Es geht darum, Netzwerke aufzubauen, Verständnis zu schaffen und die Region Schritt für Schritt inklusiver zu gestalten.“
Als Handlungsfelder wurden drei Schwerpunkte festgelegt: Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe, Abbau von Barrieren – sowohl baulich als auch in den Köpfen und Inklusion in Kita und Schule. Von den Maßnahmen wurden bereits einige umgesetzt.
In der Anneliese Deschauer Galerie Geisa findet seit einigen Wochen zweimal im Monat eine kostenlose Sozialberatung durch die ALB Sozialen Dienste statt.
Die Stadtverwaltung Geisa hat Schulungen zum Thema Inklusion und Barrierefreiheit erhalten, die städtische Internetseite wurde barrierearm gestaltet, und die Firma Metallbau Simon bietet inzwischen das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung an.
Ebenso wurden neue Ideen zum Thema Inklusion auf dem letzten Vereinsstammtisch der Stadt Geisa entwickelt.
Auch ein Inklusionsnetzwerk Geisaer Land wurde gegründet, das sich künftig regelmäßig treffen und über weitere Maßnahmen in Freizeit, Kultur und Sport beraten wird. Für das kommende Jahr ist zudem ein inklusives Sportfest in Planung.
Bürgermeisterin Henkel betonte: „Nicht alles lässt sich sofort umsetzen. Aber wir haben begonnen, Inklusion im Alltag erlebbar zu machen. Es sind oft die kleinen Schritte, die am Ende den großen Unterschied ausmachen.“
Besonders dankte sie Susanne Klüber aus Schleid und Christine Göllmann aus Wenigentaft, die ehrenamtlich eine Ausbildung zum Inklusionsberater absolviert hatten. Eindrucksvoll waren die Berichte von Teilnehmern der Workshops.
Barbara Vogel aus Geisa erzählte von ihren Erfahrungen als Rollstuhlfahrerin: „Eine Herausforderung ist für mich immer wieder die Altstadt mit ihrem Kopfsteinpflaster. Daran muss man sich wohl gewöhnen, aber barrierefreie Zugänge zu Gaststätten und öffentlichen Veranstaltungen – das wäre ein großer Wunsch.“
Das viele Berührungsängste mit dem Umgang mit behinderten Menschen haben, berichtete Bettina Kranz vom Verein „Wir für Euch Rhön e.V.“: „Wir sollten mehr aufeinander zugehen, zuhören und annehmen“, sagte sie.
Stefan Burkhard, Geschäftsführer der Tanner Diakonie, hob hervor, wie wichtig es sei, Betroffene selbst einzubeziehen: „Inklusion ist ein zentrales Thema. Ich wünsche mir von der Politik, dass Betroffene stärker gehört und bürokratische Hürden abgebaut werden.“
Auch die Geisaer Stadträtin Bettina Rust zeigte sich überzeugt: „Es ist wichtig, dass sich unsere Stadt mit dem Thema beschäftigt. Nur wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen, können wir alle mitnehmen.“
Neben den inhaltlichen Beiträgen konnten die Gäste Inklusion auch hautnah erfahren. Verschiedene Erlebnisstationen luden dazu ein, in andere Lebenswelten einzutauchen: Mit Simulationsbrillen wurden Sehbehinderungen wie Grauer Star oder Tunnelblick erlebbar, ein Rollstuhlparcours zeigte die Herausforderungen im Alltag, und an einer Station konnte man Brailleschrift kennenlernen.
Für die kulturelle Umrahmung sorgten Anita Burck, bekannt aus dem Grand Prix der Volksmusik, sowie eine junge Poetry-Slam-Künstlerin aus der Region, die mit nachdenklichen Texten zum Thema Gemeinschaft begeisterte.
Im Anschluss an das Programm nutzten viele Gäste beim Get-together die Gelegenheit zum Austausch. Bei Häppchen und Getränken wurde diskutiert, gelacht und gemeinsam über neue Ideen nachgedacht.
Bürgermeisterin Henkel schloss den Abend mit den Worten: „Lasst uns weiter gemeinsam an einer Gesellschaft arbeiten, in der alle Platz haben. Wenn viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun – dann können wir Großes bewegen.“







