Gastbeitrag von Rüdiger Christ
Mit einem hoch frequentierten Vortrags- und Diskussionsabend in der Feldatalhalle Stadtlengsfeld hat die Bürgerinitiative gegen das Windvorranggebiet W4 (BI) am Mittwoch ihr Engagement für den Schutz des Rhöner Waldes auch im siebten Jahr entschlossen fortgeführt.
Die Veranstaltung war bis auf den letzten Platz gefüllt – ein deutliches Zeichen für das anhaltend starke öffentliche Interesse am Thema Windkraftnutzung in Thüringer Waldgebieten.
Breite politische Präsenz und starkes Bürgerinteresse
BI-Sprecherin Heike Kranz begrüßte neben zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern auch ein breites politisches Spektrum:
- die Landtagsabgeordneten Martin Henkel (CDU) und Uwe Krell (AfD)
- den Landrat des Wartburgkreises Dr. Michael Brodführer (CDU)
- Thomas Hugk (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Dermbach
- Andreas Kuropka (Pl), Ortsteilbürgermeister von Stadtlengsfeld
- sowie Gemeinderäte der Linken.
Allein diese Vielfalt der vertretenen Parteien und Ebenen, vom Kommunal- bis zum Landesparlament, unterstreicht den Stellenwert, den das Thema mittlerweile im regionalen Diskurs einnimmt.
Kritik am Gesetzentwurf zur Landesforst-Reform
Zu Beginn zeichnete der ehemalige Stadtlengsfelder Bürgermeister Ralf Adam ein deutliches Bild der Sorgen der BI.
Auslöser sei der jüngste Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Thüringer Landesforstanstaltsgesetzes, den die Initiative mit großer Skepsis betrachtet.
Die Befürchtung der BI: Der Wald könnte zunehmend für den Bau von Windkraftanlagen geöffnet werden, was gravierende Auswirkungen auf Natur, Artenvielfalt, Landschaftsbild und Erholungsräume hätte.
Adam betonte, dass die BI nicht grundsätzlich gegen Energiegewinnung sei, aber eine politische Entwicklung sehe, in der der Wald immer stärker unter Druck gerate.
Er kritisierte in seiner Rede die aktuelle Energiepolitik: „Die Politik will das Klima retten, die Umwelt schützen und mit etwas Wind und Sonne das industrielle Zeitalter gestalten. Doch heute steht Deutschland mit einer Stromversorgung da, die im Klimaschutz weitgehend versagt und mit planwirtschaftlichen Fördersystemen die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft untergräbt.“
Er forderte von der Politik ein klares „Umdenken“: Waldreichtum und Landschaftsschutz müssten wieder Priorität haben, innovative Wege der Energiegewinnung seien notwendig.

Vortrag: Analyse und Fundamentalkritik an der Energiewende
Als Gastredner trat Dr.-Ing. Detlef Ahlborn, Unternehmer, FDP-Mitglied und engagiertes Mitglied der Bundesinitiative VERNUNFTKRAFT e.V., auf.
Ahlborn ist seit Jahren als fachlicher Kritiker der Energiewende bekannt und veröffentlichte zahlreiche Analysen zur technischen Machbarkeit regenerativer Energieversorgung.
Bereits zu Beginn stellte er klar, dass er demokratisch gewählter langjähriger Stadtverordneter in seiner Heimatstadt Großalmerode sei und aus seiner privaten, fachlich begründeten Überzeugung spreche.

Zentrale Aussagen seines Vortrages:
- Die Energiewende sei „ein milliardenschwerer Großversuch gegen physikalische Gesetzmäßigkeiten“.
- Wind- und Solarkraft seien nicht in der Lage, im Sekundentakt die benötigte elektrische Leistung bereitzustellen.
- Die sichere Leistung von Wind- und Solarkraftanlagen liege, physikalisch nachweisbar bei nahezu Null.
- Ohne regelbare Kraftwerke (Kohle, Gas, Öl oder Kernkraft) könne das Stromnetz nicht stabil betrieben werden.
- Speichertechnologien im nötigen Maßstab seien technisch und ökonomisch nicht realisierbar.
Er erläuterte die Grundprinzipien des Stromnetzes, insbesondere die von Ingenieuren bekannte Notwendigkeit, dass Strom immer genau dann erzeugt werden muss, wenn er verbraucht wird (siehe Kirchhoff’scher Knotensatz).
Ahlborns Beispiel zur Unmöglichkeit ausreichend großer Pumpspeicher – zwei Bodenseen als Speicherbecken wären nötig – verdeutlichte zudem die Größenordnung des Problems.
Sein Fazit: „Wer Kernkraftwerke abschaltet, muss zwangsläufig Kohle-, Öl- oder Gaskraftwerke bauen. Alles andere verstößt gegen die Grundregeln der Physik.“ Für seinen Vortrag erhielt Ahlborn langanhaltenden Applaus.
Regionale Politik im Spannungsfeld der Vorgaben
Im Anschluss schilderte Landrat Dr. Michael Brodführer (CDU) die Herausforderungen aus Verwaltungsperspektive.
Er lobte das Engagement der Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich, denn: „Themen wie Migration und Windkraft bewegen die Menschen – und sie betreffen ihr unmittelbares Lebensumfeld.“
Brodführer machte deutlich, dass die aktuelle Energiepolitik die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Wartburgkreis gefährde.

Ein zentrales Problem sei das „Wind-an-Land-Gesetz“ des Bundes, das vorschreibt, bis 2032 zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie zu reservieren.
Wenn die Regionen diesen Auftrag nicht erfüllten, könnten ab 1. Januar 2028 Windkraftanlagen nahezu ohne Gebietseinschränkungen errichtet werden – eine echte Bedrohung auch für Waldflächen.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Martin Henkel sprach sich daher klar für eine Korrektur dieses Ansatzes aus: „Wenn man merkt, dass man auf dem falschen Weg ist, muss man den Kurs korrigieren. Wir brauchen kein Flächenziel, sondern ein Leistungsziel.“

Diskussion mit engagierten Wortbeiträgen
In der rund einstündigen Diskussionsrunde meldeten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger zu Wort:
- Alexander Meißner stellte einzelne Argumente Ahlborns kritisch infrage.
- Wolfgang Tschiesche (BI) forderte konkrete Änderungen an den aus seiner Sicht problematischen Gesetzeslagen.
- Heike Kranz (BI) verlas einen Offenen Brief an den Thüringer Ministerpräsidenten Mario Voigt mit dem Titel „Waldschutz vor Klimaschutz“ und übergab ihn an MdL Martin Henkel.
- Jutta Beinersdorf (BI Vachdorf) überreichte Landrat Dr. Brodführer mehrere kritische Schreiben und Eingaben zum Thema Windkraft.
Heiterer Abschluss: Wilhelm Busch als treffendes Sinnbild
Zum Abschluss der Veranstaltung griff Rolf Kallert, der Landrat Brodführers sachliche Argumentation lobte, die kontroverse Thematik in humorvoller Weise auf.
Er rezitierte ein Gedicht von Wilhelm Busch, das die Problematik unzuverlässiger Energiequellen pointiert beschreibt:
Aus der Mühle schaut der Müller,
Der so gerne mahlen will.
Stiller wird der Wind und stiller,
Und die Mühle stehet still.
So geht’s immer, wie ich finde,
Rief der Müller voller Zorn.
Hat man Korn, so fehlt’s am Winde,
Hat man Wind, so fehlt das Korn.
Seine Worte lösten Schmunzeln aus und sorgten für einen versöhnlichen Ausklang des intensiven Abends.
Deutliches Fazit: Das Thema bewegt die Region und zwar nachhaltig
Nach insgesamt rund drei Stunden zeigte sich: Der Schutz des Rhöner Waldes und die Frage nach einer tragfähigen, naturverträglichen Energiepolitik beschäftigen die Menschen in Südwestthüringen weiterhin stark.
Die BI W4 blickt auf einen Abend zurück, der sowohl fachliche Klarheit als auch demokratische Debatte bot und in dem einmal mehr deutlich wurde, dass die Diskussion über die Zukunft der Windkraft im Wald längst im Zentrum der regionalen Identität angekommen ist.












