Gastbeitrag von Michael Knauf
Neben Lebkuchen und Spekulatius soll der Stollen das am meisten verzehrte Gebäck in der Weihnachtszeit sein. Zum Weihnachtsfest gibt es seit Gedenken immer etwas Besonderes auf den Tisch, wie in vielen Teilen der Rhön meist eine Gans oder eine Ente.
Auch wird die Weihnachtsbäckerei noch heute sehr gerne zelebriert - wie Plätzchen, Lebkuchen, Spekulatius und den Weihnachtsstollen backen.
Der Weihnachtsstollen, ein Gebäckstück aus alten Zeiten, ist ein Kuchen in ähnlicher Formgebung wie unsere Brote, gefertigt aus einem Hefeteig.
Je nach Geschmack wird dieser mit Trockenfrüchten wie mit Rosinen, Sultaninen und Zitronat, oder mit einer Mohn-oder Marzipanfüllung gebacken.
Der Christstollen wird reichlich mit Puderzucker bestreut oder mit einer Zuckerglasur versehen und soll so an das gewickelte Christkind erinnern.
Das Brockhaus Lexikon bezeichnet den Weihnachtstollen als ein meist längliches, gehaltvolles, sowie flach geformtes Gepäck, welches meist aus süßem Hefeteig besteht.
Wie der Weihnachtsbaum/Christbaum hat auch der Weihnachtsstollen/Christstollen seine geschichtliche Vergangenheit. Der Weihnachtsstollen wurde urkundlich zuerst durch den Naumburger Bischof Heinrich I. von Grünberg im Jahr 1329 erwähnt.
In dieser Urkunde werden die Bäcker von Naumburg neben Geldabgaben auch verpflichtet, Sachleistungen zu erbringen. Die Bäckerinnung musste zwölf meißnische Gulden und zwei lange Weizenbrote, „Stollen“ genannt, am Michaelistag und am Geburtstag Christi abliefern.
Bereits im Jahr 1491 stellte der Papst Innozenz VIII. für die ausschließliche Verwendung von Butter für den Christstollen den sogenannten „Dresdener Butterbrief“ aus.
Im Jahr 1611 wird der Stollen in der Erfurter Kindtaufsordnung „Scheutingen“ genannt. Einige Jahre später taucht 1622 in der Erfurter Viktualien-und Warentaxe die Bezeichnung „Scheidigen“ auf.
Auch kam es im Jahr 1615 zwischen den Bäckern aus Meißen und den Berufskollegen aus Siebenlehn zu handfesten Auseinandersetzungen, auch der „Stollenkrieg“ genannt.
Dieser endete als der Kurfürst den Dresdener Bäckern 1648 ein Stollenmonopol erteilte. In Eisenach wurden noch bis vor einigen Jahrzehnten, zur Weihnachtszeit, Pfefferscheiben gebacken, welche mit Abbildungen von Frau Holle mit einem Spinnrad verziert worden sind.
In Mitteldeutschland wird der Weihnachtsstollen „Schittchen“ genannt, auch „Weihnachtssemmel“ oder im Eisenacher Land sind „Schorn“ oder „Schänner“ bekannt.
Sind die Namen für den Christstollen auch regional unterschiedlich, so sind diese fast alle von Stollen oder Scheit abgeleitet. In früheren Jahren gab es in fast jedem Rhöner Haushalt ein einzigartiges Christstollen-Backrezept, welches meist von den mütterlichen Vorfahren vererbt und wie ein Geheimnis unter Verschluss gehalten wurde.
Im Einigungsvertrag 1989/90 zwischen beiden deutschen Staaten, befindet sich sogar ein Passus, welcher besagt, dass „nur den Bäckern im Dresdener Raum erlaubt ist die Bezeichnung „Dresdener Stollen“ zu verwenden.“
Die Bezeichnung „Dresdener Stollen“ und „Dresdener Weihnachtsstollen“ ist ab dem Jahr 1996 durch den Schutzverband Dresdener Stollen e.V., vor der unbefugten Nutzung durch Dritte markenrechtlich geschützt.
Der eingetragene Verein vertritt die Interessen von 120 Bäckereien oder Herstellern. Außerdem veranstaltet der Verband kontinuierliche und viel beachtete Stollenprüfungen. Jedes Jahr wird, ähnlich einer Weinkönigin, ein Stollenmädchen gewählt.
Der bekannteste Hersteller des „Dresdener Christstollen“ soll die Firma Dr. Quendt mit einem Produktionsvolumen von um die 1,5 Millionen Stollen pro Jahr sein.
Der Handel hält in der Vor- und in der Weihnachtszeit einige unterschiedliche Ausführungen von Christstollen für uns bereit. Stellvertretend werden nachfolgend einige der meist gebräuchlichsten Sorten benannt:
Wie den Butterstollen, welcher mindestens 40 Teile Butter, 70 Teile Rosinen, Zitronat oder Orangeat enthalten muss, wobei 10 Teile Trockenfrüchte durch Mandeln oder einer Marzipanrohmasse ausgetauscht werden dürfen.
In den Mohnstollen werden in der Regel 20 Teile Mohnsaat, für die Mohnfüllung verwendet.
Der Marzipan-und Persipanstollen beinhaltet wenigstens 5 Prozent des Teiges an Marzipan-oder Perzipanrohmasse. Wobei in den Mandelstollen wenigstens 20 Teile Mandel verwendet werden müssen.
Im Nussstollen werden 20 Teile Nüsse/Nusskerne, in zerkleinerte oder ganzer Form in den meisten Fällen zu einer Füllung verarbeitet und dann gebacken.
Für den Quarkstollen werden in der Regel 40 Teile Speisequark oder Frischkäse verbacken. Der Quarkstollen muss wenigstens 20 Teile Fett beinhalten.
Bei den Kindern ist der Rosinenstollen, auch „Flüsterstollen“ genannt sehr beliebt. Flüsterstollen, weil so viele Rosinen verwendet wurden, welche so dicht zusammen liegen, dass diese miteinander flüstern könnten.
In der Nachkriegszeit oder in anderen schlechten Zeiten/Notsituationen wurde der Christstollen „Schreistollen“ genannt, da fast keine, oder wenige Rosinen Verwendung fanden.
Begeben wir uns in die Vorweihnachtszeit, Anfang der 1960er Jahre nach Geisa. Hier gab es damals noch drei Bäckereifachgeschäfte: Die Bäckerei Eugen Günther, die Bäckerei Josef Günther und die noch heute existierende Bäckerei und Café Faber (heute Bäckerei und Café Inhaber Familie Schneider. Die Bäckerei/Café Faber ist die älteste Bäckerei in Thüringen, gegründet im Jahr 1553).
In diesen 1960er Jahren verfügten nur wenige Haushalte über Gas- oder Elektroherde, vielmehr standen in den Küchen noch die alten, guten Kohleherde. Deshalb brachten die Hausfrauen ihren fertigen Christstollenteig zum Abbacken in die Bäckereien ihrer Wahl.
Um Verwechselungen zu vermeiden wurde der fertig gelieferte Stollenteig in Teigformen verbracht und mit Namensschilder versehen, welche auch während des Backvorganges (um die 180° Celsius) im Teig verblieben.
Die Namensschilder wurden meist erst zu Hause aus dem Christstollen herausgezogen. Damals wurden alle Plätzchen und anderes Weihnachtsgebäck oft noch selbst gebacken, einmal aus Geldnot und zweitens gab es ja kaum Weihnachtsgebäck in den HO- oder in den Konsumverkaufsstellen zu kaufen.
Auf Bestellung wurden von den drei Bäckereien, auch komplett fertig gebackene Christstollen, in Geisa auch „Schittchen“ genannt, verkauft.
Nur das nicht ganz einfache Backen der Anisplätzchen überließ man sehr gerne dem Fachmann. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre änderte sich die Situation und die Verkaufsstellen konnten ein sehr gutes Angebot und ein breites Sortiment an Christstollen, Plätzchen sowie andere Weihnachtsgebäckstücke den Kunden anbieten.
Noch zu erwähnen wäre die ehemalige Konditorei „Café Fridolin“ in Vacha. Diese bot ein leckeres und ansehnliches Pfefferkuchenhaus in der Weihnachtszeit seinen Kunden an.
Dieses Pfefferkuchenhaus konnte man bis auf den Wattebausch (Rauch aus dem Schornstein), vollständig verzehren. Die Nachfrage war so riesig, dass Bäcker Fridolin Bäckergesellen aus Geisa am Wochenende zusätzlich beschäftigte, um diese gelungene Geschäftsidee „Pfefferkuchenhaus“ umzusetzen und seine werte Kundschaft allseitig und ausreichend beliefern zu können.
Ein Bäckergeselle aus Geisa, welcher namentlich nicht genannt werden möchte, gab eine folgende, etwas abergläubige Geschichte, die sein Meister in der Weihnachtszeit gerne in den Pausen erzählte, zum Besten: „Man soll über das Jahr gesund bleiben, wenn man sieben verschiedene Sorten an Christstollen isst. Oder wer ganz und gar 13 verschiedene Sorten an Christstollen essen kann, dieser bleibt nicht nur schön gesund, er hat auch keine Geldsorgen mehr.“
Der Bäckermeister konnte aber keinen Bekannten nennen, welcher das geschafft hat. Aber es war schon ein wenig beruhigend, das die Unglückszahl 13, auch einmal ein Glückszahl sein soll.
Nun ist Kaffeezeit - Lasst Euch den Christ-oder Weihnachtstollen Eurer Wahl gut schmecken!









