Gastbeitrag von Michael Knauf
Von der ehemaligen Pfarrkirche (St. Vitus) der Stadt Vacha ist der untere Teil des Turmes erhalten geblieben. Dieser Teil gehört zu den ältesten Steinbauten Thüringens.
Das romanische Portal an der Westseite deutet auf das 13., vielleicht schon auf das 12. Jahrhundert. Ein Pfarrer der Kirche, Berthold Übelacker, wurde bereits 1172 in historischen Akten erwähnt.
Eine so frühe Entstehung des Turmes wäre möglich, da Vacha schon 1186 als Stadt erwähnt wurde. Eines der wenigen Beispiele, die von der Baukunst des romanischen Stils in der thüringischen Rhön erhalten sind, ist das Tor.
Trotz seiner bescheidenen künstlerischen Formen wirkt es sehr interessant. Der Rundbogen wird an jeder Seite von einer gedrungenen Säule eingefasst, deren Basis wahrscheinlich durch die im Laufe der Jahrhunderte erfolgte Erhöhung des Erdbodens verdeckt wurde.
Die beiden Kapitelle sind mit Plattformen verziert. Am Kapitell der linken Säule befindet sich an der Ecke ein Löwenkopf, aus dessen Maul sich romanische Ranken winden. Das andere Kapitell ist mit Blättern verziert.
Die Formen sind trotz schlichter Ausführungen mit den Kapitellen des Landgrafen von Thüringen, also der Wartburg, verwandt und in etwa in die gleiche Entstehungszeit einzuordnen.
Im Stil des Mittelalters erbaut, befand sich am östlichen Ende der Kirche ein hochgewölbter gotischer Chor, dessen Baubeginn im Jahr 1306 erfolgte.
Er war dem heiligen Vitus geweiht und verfügte auch über eine Anzahl von Nebenaltären, wie St. Catharine, St. Sebastian, beat. virg. Mariae, St. Nicolai, St. Pantaleoni’s, Viti und St. Crucis.
An den Nebenaltären versahen besondere Vikare ihren Dienst. Es gibt jedoch keine Erkenntnisse, ob all die genannten Nebenaltäre sich in der Pfarrkirche befanden.
Hinzu kam noch der St. Annenaltar auf der Anhöhe vor dem Obertor, wo auch die Serviten-Mönche Messen zu lesen hatten.
Auch am Hospital vor dem Untertor befand sich ein geweihte Altar (zum Heiligen Geist) und neben dem Sondersiechen, jenseits der Werrabrücke der geweihte Maria Magdalena Altar.
Während des großen Stadtbrandes von Vacha im Jahr 1467 brannte die Kirche bis auf die Grundmauern nieder und wurde nachfolgend bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wieder aufgebaut.
Einige Zeit nach dem Bauernkrieg und nach Durchsetzung der Reformation wurde sie evangelisch-lutherische Stadtkirche.
Durch Zerstörungen in Folge des Siebenjährigen und des Dreißigjährigen Krieges mussten die Gottesdienste ab dem Jahr 1818 in der Klosterkirche stattfinden.
Im Jahr 1820 wurden der Chor und das Langhaus abgerissen. Schließlich erfolgte am 24. Juni 1821 die Grundsteinlegung für einen Kirchen-Neubau.
Schon am 3. September 1824 konnte die „Johanneskirche“ durch den Superintendent Nebe aus Eisenach eingeweiht werden und Pfarrer Meurer wurde zum Superintendenten der neuen „Johanneskirche“ berufen.
Die Johanneskirche ist eine klassizistische Saalkirche. Die Farbgebung in ihrem Innenraum ist Grau, Blau, Weiß und Gold, mit dem dazu gehörigen und schon erwähnten romanischen Westturm.
Im Jahr 1831 konnte eine neue Orgel von Johannes Michael Holland aus Schmiedefeld in die Kirche eingepasst werden.
Noch zu erwähnen sind die Bildnis- Grabplatten bzw. Grabsteine des Caspar von Widemarkter (1566-1621) und dessen Gemahlin Victoria (1578-1635) im Hauptraum der Kirche.
Im Zuge einer Turmsanierung erfolgte 1909 die Aufstellung eines eisernen Glockenstuhls. Leider wurde schon im Ersten Weltkrieg (1917) die kleinste, im Jahr 1908 ersetzte, Glocke zu Kriegszwecken aus dem Turm entnommen.
Auch im Zweiten Weltkrieg (1942) mussten wegen einer angeblichen Kriegswichtigkeit die drei größten Glocken aus dem Kirchturm entfernt werden.
Mit großer Freude konnten 1962 vier Glockenläutemaschinen, mit dem nun wieder kompletten Glockenspiel, in Betrieb genommen werden. Von diesem Zeitpunkt an ist ein tägliches Morgenläuten zu hören.
Im Jahr 1996 wurden Dachsanierungsarbeiten durchgeführt und eine neue elektrische Fußbodenheizung in die „Johanneskirche“ eingebaut.
Im Frühjahr/Sommer 1999 erfolgte eine umfassende Instandsetzung sowie eine Sanierung des Turms der Vachaer „Johanneskirche“. Der Gesamtaufwand der Grundinstandsetzung erforderte einen Betrag von 520.000 Deutsche Mark.
Der Generalüberholte Turm bekam unter anderem neben einer Vollverputzung einen weißen, weiterhin sichtbaren Farbanstrich.
Pünktlich zum 175-jährigen Jubiläum (1824-1999) am 3. September 1999 waren alle Bauarbeiten abgeschlossen und der Turm der „Johanneskirche“ erstrahlte in einem neuen imposanten Antlitz.
Am 3.September 2024 wird die „Johanneskirche“ der Stadt Vacha ihr 200-jähriges Jubiläum begehen. Vielleicht bekommt der Westturm bis zu diesem runden Jubiläum noch oder wieder eine Verschönerungssanierung. Auch die Innräumlichkeiten der „Johanneskirche“ bedürfen einer baldigen Renovierung.
Wer mehr über die Geschichte der „Johanneskirche“ in Vacha erfahren möchte, dem empfehlen wir das Buch aus der Reihe „Beiträge zur Geschichte der Stadt Vacha“ Autor Olaf Dietzel mit dem Titel „Die Johanneskirche Stadtpfarrkirche zu Vacha“, Verlag Books on Demand, 2004, ISBN 3-8334-0918-5.
„Ein besonderer Dank gilt den Chronisten und Heimatforschern Olaf Dietzel, Günter Hermes, Dietrich Lemke und Thomas Wolf die mir durch ihre jahrelangen, akribischen Recherchen und Materialien die Erstellung dieses Beitrags überhaupt erst ermöglichten.“
- Michael Knauf -