Gastbeitrag von Julia Otto
Inmitten der jährlichen Ökumenischen Friedensdekade, die unter dem Motto: „sicher nicht – oder?“ steht, lud Landesbischof Friedrich Kramer am Donnerstag gemeinsam mit der Evangelischen Kirchgemeinde Bad Salzungen zu einem Friedensgebet in die Stadtkirche Bad Salzungen ein.
Die Atmosphäre des Abends war durch gemeinsames Singen und Beten geprägt. Unter anderem wurde das bekannte hebräische Gedicht "Eli, Eli" (Mein Gott, mein Gott) von Hannah Szenes, einer ungarisch-jüdischen Widerstandskämpferin gesungen, welches im Radio ertönt, wenn in Israel Menschen bei einem Angriff ums Leben kommen.
Musikalisch begleiteten Landesbischof Friedrich Kramer an der Gitarre und Hartmut Meinhardt am Klavier den Abend.
In einer kurzen Predigt ging Landesbischof Friedrich Kramer, der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), auf den Flyer der Friedensdekade ein, der einen zerbrochenen Kompass zeigt, und suchte nach Antworten auf die Frage: Was tun, wenn die Richtung im Kompass des Lebens durch Unsicherheiten wie Corona, Krieg und Klimastreit verloren geht?
Durch die andauernden „Vielfachkrisen sind die Sicherheiten erschüttert bei den Menschen“, erklärte der Landesbischof.
Angesichts dieser Unsicherheiten sei es besonders wichtig, für den Frieden zu beten und die Koordinaten des Lebens im Kreuz und in der Liebe Gottes zu suchen.
Jesus sagt uns zu: „Die, die Frieden stiften, sind seliggepriesen“ Jesus sagt uns zu: „wenn unser Hunger und unser Durst groß ist nach Gerechtigkeit werden wir satt.“
Diesen Kompass dürfe man nicht verlieren in dieser Zeit. Er ermutigte, die eingeschlafenen Friedensgebete in der Gemeinde wieder aufzunehmen, selbst wenn nur wenige Menschen daran teilnehmen würden.
„Wir brauchen das Gebet dringend. Die Hände zu falten und Gott um Frieden zu bitten, ist das Wichtigste, was wir tun können“, betont Kramer.
Auch auf den Israel-Gaza-Krieg ging der Friedensbeauftragte an diesem Abend ein. Die Angriffe auf Israel verurteilte er als „Terror in einer unglaublichen Brutalität, ein Pogrom, das erschreckt.“
Man könne darüber streiten, wie völkerrechtsbezogen der Kampf um Gaza ist. Doch jedes "Aber" im Zusammenhang mit diesem Pogrom sei unangemessen. Man müsse jeden Antisemitismus klar entgegentreten.
„Wir als Kirche stehen an der Seite unserer jüdischen Geschwister“, sagt Friedrich Kramer und betont: „Judenhass darf keinen Platz haben!“
Auch in der Flüchtlingsdebatte müsse das Thema aufgegriffen werden. Ebenso rief der Landesbischof zum Gebet für Israel und Palästina auf: „dass sich Wege zum Frieden auftun und Menschen aus verzweifelten Situationen Zuflucht finden.“
Der Friedensbeauftragte kritisierte auch eine Debattenkultur, in der andere Meinungen abgewertet und beschimpft werden.
„Dieser laute Streit im Schwarz-weiß-Modus und in der Haltung der Selbstgerechtigkeit zerrt an den Nerven und vergiftet viele Gespräche“, beklagte Kramer.
Er plädiert für offene Diskussionen, auch wenn es herausfordernd ist. Die Ökumenische Friedensdekade bietet eine gute Gelegenheit, „vermeintliche Gewissheiten“ infrage zu stellen, nach Wegen zum Frieden zu suchen und für den Frieden in unserer Gesellschaft und in der Welt zu beten.
Nach dem Friedensgebet hatten rund 30 Gläubige und Interessierte aus unterschiedlichen Gemeinden die Gelegenheit, sich bei einer lockeren Gesprächsrunde mit Landesbischof Kramer auszutauschen.
Dabei konnten sie persönliche Anliegen und Fragen zum Thema Frieden besprechen.