Gastbeitrag von Nadja Moalem
Wie lässt sich mit nachhaltiger Bewirtschaftung, innovativer Regionalvermarktung und einem zuverlässigen Partner-Netzwerk Wertschöpfung in einem Biosphärenreservat generieren?
Um diese Frage drehte sich eine Exkursion von 14 Rhöner Landwirtinnen und Landwirten in das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, zu der das LIFE-Projekt „Rhöner Bergwiesen“ eingeladen hatte. In zwei Tagen standen unterschiedlichste Betriebsformen und Projekte auf dem Programm.
Auch der Genuss kam nicht zu kurz. Für die bessere Vernetzung der Rhöner Bewirtschafter war die Fahrt ein voller Erfolg.
Erster Stopp der Exkursion war das Biosphärenzentrum des „Biosphärengebietes Schwäbische Alb“ in Münsingen.
Hier gab es zunächst eine Einführung in verschiedene Projekte, mit denen im Biosphärengebiet die Landwirtschaft unterstützt wird. Neben der erfolgreichen Regionalmarke „Albgemacht“, die von 17 Betrieben mit Produkten von Backwaren über Käse, Fleisch und Streuobsterzeugnissen bis hin zu Weinen bedient wird, wurde auch ein innovatives Biogas-Projekt vorgestellt.
Beim so genannten „Bienenstrom“ wird Biogas aus bienenfreundlichen Wildstauden von Blühstreifen erzeugt, die Landwirten einen Zugewinn bescheren und gleichzeitig Biodiversität fördern.
Dank des guten Netzwerks und der Unterstützung durch das Biosphärenzentrum konnte eine kleine Schlachterei erhalten werden. 65 fleischerzeugende Betriebe schlossen sich zu einem Verein zusammen und leisten so im Rahmen einer Schlachtgemeinschaft einen wichtigen Beitrag zu Regionalität und mehr Tierwohl.
Auch zur ökonomischen Stärkung der Hüte- und Wanderschäferei wurden innovative Projekte der Fleisch- und Wollvermarktung vorgestellt, die einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft leisten.
Um die touristische Inwertsetzung der Landwirtschaft ging es bei der Besichtigung eines Ferienhofes in Münsingen, der alte Haustierrassen fördert und mit der Vermietung von Event-Loacations und außergewöhnlichen Unterkünften wie Zirkuswagen, Jurten und Tipis erfolgreich ist.
Die Besichtigung eines Milchviehbetriebs mit Käserei und angeschlossenem Hofladen in Hayingen bildete den Abschluss des ersten Exkursionstages.
Um Landschaftspflege, Schafhaltung, Herausforderungen des Herdenschutzes und Lammfleischvermarktung drehte sich am zweiten Tag alles bei der Besichtigung einer großen Demeter-Schäferei in Gomadingen. Der Hof mit 600 Merinoschafen wird in zweiter Generation auf Pachtgrund geführt und vermarktet sehr erfolgreich sein Fleisch von Bio-Kräuterlämmern über das Internet.
Um Betrieb und Vermarktung ging es auch bei der Besichtigung eines weiteren Bio-Hofes in Münsingen mit 35 Rindern der Rasse „Originales Braunvieh“.
Die Beweidung ist hier Teil der Fruchtfolge auf dem Ackerland, das dadurch gesund und ertragreich bleibt. Neben Ochsenfleisch werden Lein- und Senföl sowie Dinkel, Linsen und Urkorn aus eigenem Anbau über das Internet, in einem „Hoflädle“ und auf Märkten vermarktet.
Das für die Rhön eher untergeordnete Themenfeld „Pferdezucht“ stand bei der Besichtigung des Haupt- und Landesgestütes Marbach im Vordergrund. Das Gestüt mit 550 Tieren umfasst ein Gebiet von 1000 Hektar Land, davon 60 Prozent Grünland und 40 Prozent Ackerfläche. Neben Araber-Pferden werden hier auch bedrohte Rassen wie Schwarzwälder Kaltblut und Altwürttemberger gezüchtet.
Letzter Stopp war ein weiterer von zwei Familien geführter biodynamisch wirtschaftender Hof mit Hofladen und Käserei in Ochsenwang. Neben der Landwirtschaft und Erlebnisangeboten rund um das Thema „Bauernhof“ bietet der Hof auch pädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche.
Zum Zweck der Jugendförderung wurde ein eigener Förderverein gegründet, mit dessen Spendengeldern Investitionen auf dem Hof finanziert werden können.
„Die Fahrt in die Schwäbische Alb war ein voller Erfolg“, freuen sich LIFE-Projektleiterin Katharina Bach und ihre Kollegin Mahé-Madina Krumey-Toussaint.
„Die gemeinsame Exkursion hat die Landwirtinnen und Landwirte, mit denen wir im LIFE-Projekt eng zusammenarbeiten, einander nähergebracht und Schranken abgebaut, die Kooperationen bei uns eventuell noch im Weg stehen.“
Gleichzeitig hat sie innovative Ideen für landwirtschaftliche Wertschöpfung im Einklang von Mensch und Natur und die Wichtigkeit guter Beratung aufgezeigt.
„Beeindruckt hat mich die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Biosphärenreservats-Verwaltung und Landwirtschaft, die sicherlich auch auf der Förderung von kleinen investiven Projekten basiert. Von der Anschaffung einer Ölpresse bis hin zur Gestaltung eines Onlineshops war der Erfolg für die Betriebe schnell sichtbar“, sagt Janet Emig, die als landwirtschaftliche Beraterin des Landkreises Fulda und des Biosphärenreservats Rhön die Exkursion begleitet hat.