Martin Luther (1483-1546) gilt nicht nur als Reformator, sondern mit seiner Bibelübersetzung ebenso als prägende Gestalt für die deutsche Sprache sowie mit seinem musikalischen Schaffen auch als Wegbereiter kirchenmusikalischer Traditionen.
Dazu hatte er alte lateinische Hymnen ins Deutsche übersetzt (z.B. „Nun komm, der Heiden Heiland“), geistliche Texte auf weltliche Melodien übertragen (z.B. „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“) und auch neue Werke geschaffen (z.B. „Gott sei gelobet und gebenedeiet“).
Luthers Adressaten wurden so im wahrsten Sinne des Wortes gleichzeitig zu „Tonträgern“ seiner neuen Ideen. Ohne Musik, vor allem ohne Luthers Musik wäre die Reformation nicht denkbar gewesen.
All das hat den Tanner Kantor Thomas Nüdling dazu veranlasst, anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 eine Messe zu komponieren, die auf Luther-Gesängen basiert: So entstand die „Luther-Messe“ für Chor, Solisten und Orgel (bzw. Orchester) mit den Teilen Kyrie, Gloria, Sanctus und Agnus Dei.
„Es mag auf den ersten Blick abwegig erscheinen, die grundlegende Gattung der katholischen Kirchenmusiktradition sowie den großen Reformator Martin Luther in einer Komposition zusammenzuführen“, sagt Nüdling selbst.
Und doch passe alles wunderbar zusammen: „Denn Luther änderte zwar Inhalt und Erscheinung der Messe, nicht aber deren Form“, ergänzt er, und das sieht er als ökumenisches Statement.
Diese Idee und insbesondere Nüdlings Umsetzung der Luther-Messe gefiel auch dem Butz-Verlag in Bonn. Er nahm das Werk 2016 in sein Verlagsprogramm auf. Dank des damals bevorstehenden Reformationsjubiläums entwickelte sie sich umgehend zu einem Kassenschlager.
Im gesamten deutschsprachigen Raum wurde und wird sie seitdem aufgeführt. Über eine solche Aufführung muss Nüdling schmunzeln.
„Bei einem Konzert in Norddeutschland wurde die Messe mit weiteren Werken aufgeführt. Auf dem Plakat waren folgende Komponisten angekündigt: Bach – Mozart – Nüdling. Eine schöne Kombination“, resümiert er augenzwinkernd.
Dem Kirchenchor Tann hatte Nüdling die Luther-Messe seinerzeit auf den Leib komponiert. Und seine Sängerinnen und Sänger lieben das Stück.
„Die Musik ist ausdrucksstark, melodisch und sehr eingängig“, sagt Anneliese Hofmann. Sie hat die Messe bereits 2016 mitgesungen.
Tatjana Seydel singt die Messe zum ersten Mal. Neben der Herausforderung des Neuen bekommt sie von Anfang an Gänsehaut beim Singen: „Man möchte gar nicht, dass sie zu Ende geht, sondern ewig weiterhören und auch singen.“
Das sind seitens der Ausführenden optimale Voraussetzungen für die nächste Aufführung: Am Reformationstag (Donnerstag, 31. Oktober 2024) erklingt die „Luther-Messe“ 19 Uhr im Gottesdienst der Tanner Stadtkirche.
Nüdling leitet die Aufführung des Kirchenchores und spielt auch die beiden Orgeln. Neben der „Luther-Messe“ bringt er auch die bekannte „Suite Gothique“ von Léon Boëllmann (1862-1897) über den Gottesdienst verteilt zum Klingen.
Zur Aufführung und zum Gottesdienst laden auch die Tanner Pfarrer Heike Dietrich und Klaus-Dieter Inerle sowie Dekan Dr. Thorsten Waap ein, der die Predigt halten wird.