Gastbeitrag von Wolfgang Weber
(Point Alpha Stiftung)
Heute jährt sich die Vollinvasion der Ukraine durch Russland zum dritten Mal. Wie sich die politische Lage in Deutschland nach der gestrigen Wahl entwickelt, ist noch nicht absehbar. Doch unabhängig von innenpolitischen Veränderungen steht fest: Der Krieg in der Ukraine bleibt eine zentrale Herausforderung für Europa und die transatlantische Gemeinschaft.
In den vergangenen drei Jahren hat die Ukraine bewiesen, dass sie der russischen Aggression entschlossen entgegentritt, trotz massiver militärischer Übermacht der Truppen Putins.
Mehr noch: Der ukrainischen Armee gelang die Befreiung großer Teile zunächst durch russische Kräfte besetzter Gebiete und bis heute verteidigt sie erbittert das Territorium. Erforderlich ist ein klares Bekenntnis zur Ukraine der neuen Bundesregierung und aller Fraktionen im Parlament – außen- wie sicherheitspolitisch.
Dies wird umso drängender angesichts der geopolitischen Verschiebungen: Die neue US-Administration unter Donald Trump signalisiert eine Annäherung an den Kreml, während Europa zunehmend an strategischem Gewicht verliert.
Warum betrifft uns der Ukraine-Krieg?
Der Angriff auf die Ukraine ist weit mehr als ein Krieg zwischen zwei souveränen Staaten mit gegensätzlichen Interessen. Er ist ein direkter Angriff auf die Grundlagen der internationalen Ordnung, auf die Prinzipien des Völkerrechts und auf das westliche Wertegefüge.
Der Begriff „Westen“ beschreibt nicht nur eine geographische Region, sondern ein System gemeinsamer Regeln und Institutionen, die unser Zusammenleben auf globaler Ebene prägen. Dazu gehören Organisationen wie die EU, die UN und die NATO – aber auch grundlegende Prinzipien wie die Souveränität von Staaten und das Recht auf freie Bündniswahl.
Russlands Krieg zielt darauf ab, diese Ordnung zu zerstören. Wladimir Putin hat nicht nur mit dem Überfall auf die Ukraine gezeigt, dass er internationale Verträge ignoriert und grundlegende Prinzipien des Völkerrechts missachtet.
Die bilateralen Abkommen zwischen Russland und der Ukraine sowie die Minsker Waffenstillstandsabkommen wurden durch seine Administration gebrochen. Putin erkennt die Souveränität der Ukraine nicht an, stellt ihr Recht auf Selbstbestimmung offen infrage.
Der Ausgang dieses Krieges entscheidet über weit mehr als die Zukunft der Ukraine als eigenständiger Staat: Nicht weniger als die Prinzipien des Völkerrechts und die regelbasierte internationale Ordnung stehen auf der Kippe.
Ein russischer Sieg würde ein gefährliches Signal senden – an Autokraten weltweit und an jene, die territoriale Expansion durch Gewalt legitimieren wollen.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Deutschland und Europa ihre Unterstützung für die Ukraine fortsetzen – politisch, wirtschaftlich und militärisch. Ein Nachlassen dieser Unterstützung würde nicht nur die Ukraine schwächen, sondern auch die Stabilität Europas gefährden.
Unsere Verantwortung
Point Alpha war für Jahrzehnte ein Kristallisationspunkt des Kalten Krieges. Warschauer Pakt und NATO standen sich hochgerüstet im „Fulda Gap“ gegenüber.
Das US Camp ist die real gewordene Manifestation des damaligen US-amerikanischen Versprechens, die Bundesrepublik und alle westeuropäischen Staaten zu verteidigen und dafür auch das Leben der eigenen Soldaten, in letzter Konsequenz die Sicherheit der USA selbst zu riskieren.
Wir stehen heute vor einer ähnlichen Aufgabe. Insbesondere Polen und die baltischen Staaten sehen sich vermehrten russischen Drohungen ausgesetzt und fordern die NATO zur robusten Abschreckung mit Kampfverbänden auf.
Im Vergleich zur Zeit des Kalten Krieges hat sich die Rolle Deutschlands Kontext der Landes- und Bündnisverteidigung deutlich geändert – wir sind nicht länger alleinige Sicherheitsnehmer. Deutsche Soldaten nehmen in Litauen und Polen die gleiche Rolle ein wie einst die US-Soldaten am OP Alpha: Sie werden die Sicherheit und Freiheit der europäischen Staaten durch ihre Präsenz verteidigen.
Sie nehmen heute die Rolle des Sicherheitsgebers ein, auf Einladung und mit Unterstützung der östlichen und baltischen Partner im NATO-Bündnis.
Die Anzeichen verdichten sich, dass die Bundeswehr gemeinsam mit den europäischen Partnern größere Lasten zukünftig schultern muss, da die Trump-Administration vorherige Drohungen gnadenlos in die Tat umzusetzen scheint.
Der Blick in die Geschichte sollte lehren, dass starke Partner Sicherheit und Zukunft sichern. Deshalb gilt es, die zweifelsohne vorhandene europäische Stärke unter Beweis zu stellen. Die Ukraine ist der Lackmustest für das Versprechen eines geeinten und stabilen Europas.
Ein Scheitern wäre eine Katastrophe – zuerst für das ukrainische Volk, in letzter Konsequenz für die Bürgerinnen und Bürger Europas und damit auch Deutschlands.
Deshalb spricht sich die Point Alpha Stiftung erneut und vehement für die Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression aus.