Gastbeitrag von Karina Schmöger
Der Meininger Stadtwald zeigt sich von seiner winterlichen Seite. Dichter Schneefall, die erste richtige weiße Decke des Jahres. Während viele Menschen den Tag lieber im Warmen verbringen, sind die Freiwilligen des Bergwaldprojekts tatkräftig im Einsatz.
Mit passender Kleidung, gutem Werkzeug und viel Energie stellen sie sich den Herausforderungen des ersten Wintertags und setzen ihre Arbeit unbeirrt fort.
Ihr Ziel: Knotengitterzäune müssen entfernt werden, da sie ihren Schutzzweck im Wald nicht mehr erfüllen und für Wildtiere zur Falle werden könnten. Trotz der Wetterkapriolen herrscht gute Stimmung.
Die Gruppe weiß, dass jede Arbeit, ob Zaunabbau, Waldpflege oder Pflanzung, dazu beiträgt, den Wald klimastabil und zukunftsfähig zu machen.
Unter den Teilnehmenden sind zum Beispiel ein IT-Fachmann und ein Teamleiter eines produzierenden Unternehmens. Um an der Projektwoche teilzunehmen, haben sie Urlaub genommen.
„Ich mach das schon seit Jahrzehnten. Man macht hier etwas ganz anderes als im Alltag. Die Gedanken kreisen nicht ständig um Dienstliches, der Körper wird anders gefordert, man lernt dazu und tut etwas für den Klimaschutz und das Gemeinwohl“, wird voller Begeisterung berichtet.
Sogar die Übernachtung in einer einfachen Hütte nahe Unterschönau nehmen sie in Kauf, um an der Projektwoche teilzunehmen.
Was romantisch klingt – „auf einer Waldlichtung gelegene Wanderhütte mit Mehrbettzimmern, Duschen und WC“ – ist im Winter eine echte Bewährungsprobe: gefrorene Leitungen, kein fließendes Wasser und ein Holzofen, der die ganze Nacht über nachgelegt werden muss.
„Aber genau das macht die Woche auch aus. Wir teilen den Alltag, die einfachen Bedingungen und das gemeinsame Ziel, den Wald zu stärken,“ schwärmt Projektleiter Christoph Wehner, der seit 1988 Teil des Bergwaldprojektes ist.
Ihm ist es wichtig, den Projektteilnehmern immer auch den Kontext und das Waldnutzungskonzept erklären zu können, „das in Meiningen schon ein besonderes ist, mit dem wir uns auch identifizieren. Die Freiwilligen sollen nicht nach einer Woche nach Hause fahren und sagen: Ich weiß jetzt, wie man Draht aus dem Wald zieht.“
Vielmehr möchte Wehner vermitteln, warum genau diese Arbeit ein Puzzleteil der sozialökologischen Waldbewirtschaftung ist. Sebastian Dummer, Forstwirtschaftsmeister der Stadt Meiningen, ist froh über diese wertvolle Unterstützung.
„Ganz nach dem Motto viele Hände, schnelles Ende gehen solche Arbeiten besser voran, wenn ein großes Team ganztags dranbleiben kann“, betont er.
Über ihn entstand die Verbindung zum Projekt, die während der letzten Jahre intensiviert wurde, als die Umweltstiftung Greenpeace und das Bergwaldprojekt einen eigenen Wald in Unterschönau gekauft haben.
Beide Forstspezialisten verbindet außerdem die naturnahe Waldnutzung und -bewirtschaftung.
Hintergrund:
Die Stadt Meiningen arbeitet seit 2023 mit dem Bergwaldprojekt e. V. zusammen, um den Stadtwald klimastabil und zukunftsfähig zu entwickeln.
Gleichzeitig engagieren sich die Umweltstiftung Greenpeace und das Bergwaldprojekt im Zukunftswald Unterschönau, einem Modellprojekt für naturnahe Waldnutzung im Thüringer Wald.
Der Meininger Stadtwald
In der Landschaft rund um Meiningen gibt es heute viel Wald. Das war allerdings nicht immer so. Auf alten Gemälden und Fotos aus dem späten 19. Jahrhundert ist zu sehen, dass damals viele Felder und Wiesen für die Landwirtschaft genutzt wurden.
Erst um das Jahr 1900 wurden wieder viele Bäume gepflanzt - vor allem Fichten und Schwarzkiefern. Vor ungefähr 20 Jahren war der Meininger Stadtwald etwa 900 Hektar groß.
Jetzt sind es über 2.000 Hektar, also mehr als doppelt so viel. Woran liegt das? Seitdem sind neue Orte zu Meiningen dazugekommen. Die größten Flächen gehören zu Herpf, Stepfershausen, Sülzfeld und Wallbach.
Die Baumarten im Stadtwald halten sich in etwa die Waage. Fichte, Kiefer und Lärche sind die häufigsten Nadelbäume. Die Buche ist mit Abstand der häufigste Laubbaum, gefolgt von Ahorn, Esche und Eiche. Insgesamt wachsen hier jedoch etwa 30 verschiedene Baumarten.
Der Klimawandel hat großen Einfluss auf den Wald. Besonders starke Hitze und lange Trockenzeiten setzen den Bäumen erheblich zu, vor allem auf den Muschelkalkböden.
Viele Fichten und alte Buchen sind in den letzten Jahren bereits abgestorben. Der gewohnte Wald sieht heute ganz anders aus als früher und verändert sich stetig.
Aber es gibt noch Hoffnung: An vielen Standorten wachsen schon wieder junge Bäume, die den alten Wald nach und nach ersetzten, sollen. Die Stadtverwaltung Meiningen kümmert sich gewissenhaft um den Wandel des Waldes.
Die Fachleute treffen dabei ihre Entscheidungen mit viel Wissen und Erfahrung. Aus diesem Grund ist die Stadt Meiningen Teil der Waldallianz.
Partner in der Waldallianz für die naturnahe Waldnutzung
Der Stadtwald Meiningen wird von der Stadt seit fast 30 Jahren wieder selbst bewirtschaftet. Im Fokus stehen die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit sowie die Waldbewirtschaftung mit dem Ziel der Entwicklung eines klimastabilen, vorratsreichen Dauerwaldes.
Das ist auch Teil des Waldentwicklungskonzepts der Waldallianz, ein Zusammenschluss von Waldbesitzer, Ökologen und Forstexperten. Der Stadtwald Meiningen ist hierfür eine der Modellflächen.
Weiterhin werden nicht bewirtschaftete Referenzflächen ausgewiesen, die eine langfristige Beobachtung zu den natürlichen Vorgängen der Waldentwicklung zulassen und die Möglichkeit bieten, die daraus abgeleiteten Erkenntnisse in die Behandlung der Wirtschaftswälder einfließen zu lassen.
Die Wildbestände sollen so reguliert werden, dass die natürliche Verjüngung der Baumarten ohne Schutzzaun möglich wird. Hierzu bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen den Revierleitenden, den Jägern und den Waldbesitzern.
Der Stadtwald ist dem Gemeinwohl verpflichtet und wird als Wirtschaftsfaktor, Schutzfaktor, als den Bürgerinnen und Bürgern dienender offener Erlebnis- und Erholungsraum sowie als natürliche Lebensstätte für Tiere und Pflanzen in einem vernetzten Ökosystem betrachtet.
2019 beschloss der Stadtrat, dass der Kommunalwald der Stadt Meiningen nach dem „Lübecker Modell“ und den „Naturland-Richtlinien für eine ökologische Waldnutzung“ bewirtschaftet werden soll.





