Gastbeitrag von Julia Otto
Ein Abend, der in die Geschichte der St. Michaelkirche eingehen wird: Am 29. November, am Vorabend des Ersten Advent, erlebte die evangelische Kirchengemeinde in Neidhartshausen einen „historischen Moment“, auf den wahrscheinlich noch viele Generationen blicken werden, wie es Pfarrerin Silke Glöckner treffend formulierte.
Was sich hinter dieser Einladung verbarg, blieb für die rund 50 Besucherinnen und Besucher der Kirche bis zuletzt eine spannende Überraschung.
Der Gottesdienst begann mit dem Höhepunkt des Abends: Zwei Konfirmandinnen lüfteten eine weiße Holzplatte, die das Altarbild der Kirche verhüllte – nach 70 Jahren Abwesenheit erstrahlt nun endlich wieder ein Bild am Altar der St Michaelkirche. Es ist eine Schenkung von Stefan Bräuning, einem Maler- und Lackierer aus Neidhartshausen, der das Bild über ein Jahr hinweg an den Wochenenden in unzähligen Stunden Arbeit geschaffen hatte.
„Es war mir eine ganz große Ehre, dieses Bild zu malen. Ich hoffe, das Bild bleibt lange erhalten. Ich hätte noch etwas mehr Zeit gebrauchen können, aber ich will zufrieden sein“, sagte Stefan Bräuning, der seine Freizeit der Malerei widmete, um der Kirche ein einzigartiges Kunstwerk zu schenken.
Immer wieder feilte er an den Details, um das Gemälde zu perfektionieren.
Die Entstehung des Bildes und die Inspiration des Künstlers
Die Rückkehr des Altarbildes war schon lange ein Thema. 2022, anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Kirche, war die Innenraumrestaurierung nahezu abgeschlossen, doch das Altarbild blieb eine offene Frage. Hans Becker, Mitglied des Gemeindekirchenrates, ließ sich jedoch nicht entmutigen und fragte Stefan Bräuning, ob er sich vorstellen könne, ein neues Altarbild zu schaffen.
Bräuning sagte zu, fertigte eine Skizze an, und nach weiteren Gesprächen mit der Landeskirche (EKM) erhielt die Kirchgemeinde die Genehmigung für das neue Kunstwerk.
Das alte Altarbild war seit 1957 verschwunden und trotz intensiver Bemühungen als „nicht auffindbar“ erklärt worden. Es existiert lediglich ein unscharfes schwarz/weiß Foto aus dem Jahr 1957 aus dem Pfarrarchiv, aufgenommen bei einer Goldenen Hochzeit in der Kirche. Dieses Bild diente Bräuning als eine der wenigen Grundlagen, um das neue Altarbild zu entwerfen. Doch der Hobbykünstler ließ sich nicht nur von der Vergangenheit leiten. Inspiriert von vielen biblischen Interpretationen und Fotografien von Gemälden aus anderen Kirchen, schuf er ein einzigartiges Bild.
Das Gemälde zeigt Jesus Christus am Kreuz, der in den Himmel blickt, symbolisiert durch Lichtstrahlen, die aus aufgebrochenen Wolken auf ihn herabstrahlen. Dieser Blick nach oben steht für die Worte Christi: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ und stehen zusammen mit dem rosafarbenen Sonnenaufgang am Horizont für die Hoffnung der Auferstehung.
Anerkennung für den Künstler
Der bewegende Moment der Bildenthüllung wurde durch die Übergabe eines Präsentkorbes an Stefan Bräuning von Pfarrerin Silke Glöckner und Hans Becker, abgerundet. „Zeichnen ist mein Hobby, und wann immer ich an den Wochenenden Zeit hatte, habe ich am Bild gearbeitet. Ihr wisst ja ich bin sehr gläubig“, sagte der Künstler und betonte, dass das Altarbild für ihn ein persönlicher Beitrag in tiefer Verbundenheit mit der Kirchgemeinde war.
Ein neues Kirchenjahr und ein neues Engagement
Neben der Altarbildenthüllung wurde der Abend auch von einem weiteren wichtigen Ereignis geprägt: der vierten Einführung der Gemeindekirchenräte im Pfarrbereich Empfertshausen. Sechs Mitglieder des Kirchenrates: Hans Becker, Christine Rothhämel, Maren Gesell, Sabine Göbel, Steffen Hollenbach und Michaela Kling wurden für eine neue Amtszeit von sechs Jahren eingesegnet.
„Es ist schön, dass der alte und neue Kirchenrat identisch sind. Sie haben gesagt, wir machen es nochmal. Es sind verschiedene Gaben, aber es ist ein Geist“, sagte Pfarrerin Glöckner, die das Engagement der Gemeindekirchenräte lobte.
Besonders in der Vakanzzeit, die nun schon fünf Jahre andauert, haben die Gemeindekirchenräte nie aufgegeben und sich in allen Bereichen des Gemeindelebens engagiert. Vor allem die umfangreichen Bauprojekte an der St. Michaelkirche Neidhartshausen wurden vorrangig ehrenamtlich begleitet.
Der Gottesdienst wurde musikalisch von Ursula Goerge an der Orgel begleitet, deren Musik den feierlichen Rahmen des Abends untermalte.
Dank und Ausklang
Am Ende des Gottesdienstes richtete Christine Rothhämel noch einige Worte an die Gemeinde:
„Es ist uns eine große Freude, dass der Altar nun wieder vervollständigt ist. Diese Rückkehr eines neuen Altarbildes ist ein bedeutender Moment für unsere Kirche und unsere Gemeinde.“
Dann wandte sie sich an Stefan Bräuning:
„Du hast das Talent zum Malen von Gott mit auf den Weg bekommen, und du gibst es mit deinem Bild hier für uns und alle, die diese Kirche besuchen, weiter. Das ist eine tolle Sache.“
Mit Beginn des neuen Kirchenjahres richtete sie sich an Pfarrerin Glöckner und dankte ihr für ihren unermüdlichen Einsatz während der Vakanzzeit. Christine Rothhämel betonte die Bedeutung des gemeinsamen Engagements für die Kirchengemeinde und würdigte das Teamwork, das die Gemeinde stärkt.
Nach dem Gottesdienst verweilten die Gäste bei Bockwurst, Häppchen und heißen Getränken, bewunderten das neue Altarbild und tauschten sich aus.




