Beitrag von Ruth Breer, MDR THÜRINGEN
Der Werratalradweg hat nur noch wenige Schwachstellen. Zu denen zählt auf jeden Fall der Abschnitt zwischen Vacha und Dorndorf im Wartburgkreis. Landschaftlich schön, recht nah an der Werra, aber: Die Radfahrer sind auf einer schmalen öffentlichen Straße unterwegs.
Und das, wo zusätzlich auch noch ein weiterer Fernweg, der Rhön-Radweg auf dieser Route liegt. Seit Jahren ein Problem. Bisher wurde keine alternative Trasse für die Radler gefunden - das liegt zum einen an der schwierigen Topografie, zum anderen an Besitzverhältnissen und am Schutz für die Werrawiesen.
Radweg "saugefährlich"
An dieser Straße mit den Radwegen liegt das kleine Dorf Kirstingshof. Für die rund 60 Einwohner ist sie die einzige Zufahrt. Der eine Teil - Richtung Dorndorf - ist Kreisstraße, der andere Teil - Richtung Vacha - eine Gemeindestraße.
Genau diesen Teil hat die Stadt Vacha vor einem Jahr in Abstimmung mit dem Landkreis zur Einbahnstraße gemacht. Man habe den Verkehr halbieren wollen, um die Radfahrer zu schützen, sagt der Vachaer Bürgermeister Martin Müller (CDU).
Es sei "saugefährlich" auf dieser Strecke. "Nichts zu tun, hätte geheißen: die Augen zukneifen und warten, bis was passiert."
Sieben Kilometer Umweg
In Kirstingshof hat die neue Einbahnstraße wenig Freude ausgelöst. Zum einen haben die Einwohner erst spät von der neuen Regelung erfahren - einen Tag, bevor die Schilder aufgestellt wurden, erzählen sie.
Zum anderen fahren viele jetzt weitere Wege: Wer in Vacha, Philippsthal oder weiter Richtung Hessen unterwegs war, muss auf dem Rückweg ins Dorf etwa sieben Kilometer Umweg über Dorndorf fahren.
"Die meisten jungen Leute arbeiten in dieser Richtung", sagt Miriam Nelkert, Sprecherin der Bürgerinitiative Kirstingshof. Das bedeute eine zeitliche und finanzielle Mehrbelastung. Sparkasse, Gymnasium, Ärzte, Schwimmbäder - all das liege in dieser Richtung.
Manchmal müsse er mehrmals am Tag nach Vacha, berichtet Dieter Flöel, den Enkel von der Schule abholen oder zum Training bringen.
Einbahnstraße ignoriert
Was die Mitglieder der Bürgerinitiative genauso ärgert: Für die Radfahrer hat sich ihrer Ansicht nach nichts verbessert. Sie selbst nutze den Radweg mit ihren Kindern nicht, sagt Diana Schaft. Denn mit Tempo 70 sei die enge und kurvige Straße noch immer gefährlich.
Auch haben die Einwohner beobachtet, dass sich nicht jeder an die neue Regelung hält. "Die Einbahnstraßenschilder werden ignoriert", sagt Dieter Flöel, "nicht oft, aber manchmal." Gerade am Vortrag seien ihm auf der Fahrt nach Vacha zwei Fahrzeuge entgegengekommen.
Radweg zur Arbeit erwünscht
Die Einbahnstraße mit den aufgemalten Fahrradschutzstreifen hält Flöel für "die billigste Lösung". Miriam Nelkert fordert:
"Ein Radweg sollte ein Radweg sein!" Auch die Bürger von Kirstingshof hätten gern einen sicheren Radweg für sich, ihre Kinder und Enkel.
Der Bedarf in der Region sei da: "Wir haben mit vielen Radfahrern gesprochen, die sich das auch beruflich wünschen, um von hier in die Kaliregion zu kommen zur Arbeit. Es würden viele mit dem Rad fahren, wenn es hier einen Radweg gäbe."
Büro soll Lösung suchen
Die Bürgerinitiative hat rund 1.700 Unterschriften gesammelt für eine Petition - für einen separaten Radweg und gegen die Einbahnregelung. Anfang April findet dazu im Petitionsausschuss des Thüringer Landtags eine Anhörung statt. Bewegt hat die Initiative schon jetzt etwas.
Mitte Januar haben sich die Bürgermeister von Vacha und der Krayenberggemeinde mit den Verantwortlichen für Verkehrsplanung und Tourismus des Landkreises getroffen. Das Ergebnis: Der Wartburgkreis sucht jetzt ein Ingenieurbüro, das wiederum eine Trasse für die überregionalen Radwege finden soll.
Der erste Schritt
"Wir müssen dringend handeln", sagt die Tourismus-Fachfrau des Wartburgkreises, Heidi Brandt. Auch für sie ist dieser Abschnitt des Werratalradwegs "eine der letzten Archillesfersen, was Sicherheit angeht".
Die Zahl der Radtouristen habe sich durch die Pandemie deutlich erhöht. Durch die Einbahnstraßenregelung sei nichts gewonnen worden, stellt auch Heidi Brandt fest. Nun helfe nur noch eine von der Straße getrennte neue Trasse.
Bei der Variantenuntersuchung rechts und links der Werra soll neben den Gemeinden auch die Bürgerinitiative mit einbezogen werden. "Das wird sicherlich eine Weile brauchen, aber für uns ist jetzt erstmal wichtig, dass wir alle gemeinsam endlich den ersten Schritt gemacht haben."