Mord in Wiesenthal – Die letzte Hinrichtung der Rhön mit Zuschauern

Gastbeitrag von Michael Knauf

Noch senkte die dunkle Nacht ihren schwarzen Mantel auf das schlafende Wiesenthal. Nur ab und zu klirrte ein Rind an seiner Kette, oder ein krählustiger Hahn ließ zu frühzeitig seinen hellen Ruf erschallen.

Da schlich eine dunkle Gestalt scheu und gewandt durch das Dorf und stieg geschickt in einen Bauernhof ein, das Gehöft lag einsam und abseits am Ende des Dorfes. Unsicher tasteten seine Hände in der Finsternis des Stalles, um ein Rind loszubinden.

Schon auf dem Weg aus dem Stall, prallte er mit dem Bauern zusammen, der plötzlich erwacht war. Der überraschte Dieb schlug aus Angst und kräftig den Bauern nieder.

Er hatte keine Tötungsabsicht, sondern wollte nur sich und seinen Raub in Sicherheit bringen. Doch die Gewalteinwirkung durch den heftigen Hieb war so extrem stark, dass der Bauer verstarb.

Der Übeltäter entging nicht dem Arm des Gesetzes. Die Landjäger (Polizei) konnten ihn fassen und lieferten ihn in das Gefängnis von Kaltennordheim ein. Das Amtsgericht tagte einige Zeit lang, dann endlich konnten die Akten geschlossen werden und das Urteil lautete: „Tod durch die Henkershand am Galgen.“

Da weder die Galgen auf dem Neuberg in Dermbach und auch der in Kaltennordheim nicht mehr standen, wurde die Hinrichtung bei Kaltensundheim am Galgenberg vollzogen.

Eine unübersehbare Menschenmenge von Schaulustigen hatte sich eingefunden, um das letzte Stündlein eines Sünders mitzuerleben. Der verurteilte Delinquent, der aus Roßdorf stammte, erhielt durch einen Pfarrer geistlichen Beistand. Dessen Worte fielen auf fruchtbaren Boden.

Auf seinem letzten Gang begleitete ihn der Geistliche, er wies auf die Schar der Neugierigen und sagte ihm, im Himmel würden die Engel so dicht zu seinem Empfang bereitstehen wie hier die Menschenmenge , die zu seiner Hinrichtung zusammengeströmt ist.

Er solle nur seine verwerfliche, böse Tat von Herzen bereuen und den himmlischen Vater um Barmherzigkeit anflehen. Da zog ein Leuchten über das eingefallene Gesicht des Roßdorfers, er richtete seinen Blick nach oben und sprach voller Andacht die Worte nach, die ihm der Geistliche vorbetete.

Dann tat der Henker an ihm sein Werk. Das geschah um das Jahr 1815 und war die letzte Hinrichtung durch den Strang, die im Eisenacher Oberland in aller Öffentlichkeit vollzogen wurden ist.

Diese und viele anderen Geschichten, Sagen und Mythen erzählten sehr gerne die Kaltensundheimer Originale Otto Wachter und Paul Börner aus der Körnersgasse, die von ganzen Herzen richtige Rhöner waren.