Gastbeitrag von Stefanie Kießling
Bereits im März, wenige Wochen nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine, mahnte Bad Liebensteins Bürgermeister Dr. Michael Brodführer das Problem des verfügbaren Wohnraums für die Aufnahme Geflüchteter an.
Das Potenzial an Wohnraum im ländlichen Raum könne wegen des jahrzehntelangen Sanierungsstaus nicht genutzt werden. Schon damals regte Brodführer ein Sofortprogramm des Landes zur Sanierung von leerstehenden Wohnungen im ländlichen Raum an.
Das Problem wurde von Brodführer klar benannt: „Es gibt zwar zahlreiche leerstehende Wohnungen in den Dörfern, sie sind aber nicht sofort bezugsfertig: Heizungen sind kaputt, Sanitäranlagen funktionieren nicht mehr, die Elektrik ist in gefährlichem Zustand.
Viele Jahre bis Jahrzehnte haben die Kommunen nicht in die Sanierung investiert, weil abwanderungsbedingt keine Mieter zu erwarten waren. So stehen unsanierte kommunale Wohnungen etwa in alten Verwaltungs- und Schulgebäuden leer.
Aufgrund der Haushaltslage können kleine Kommunen nicht kurzfristig notwendige Sanierungsmaßnahmen selbst verwirklichen.“
Zur Lösung schlug Bad Liebensteins Bürgermeister die Einrichtung eines Sofortprogrammes des Landes vor:
„Wenn der Freistaat hier schnell finanzielle Unterstützung leistet, hilft das allen: es belebt den ländlichen Raum und integriert die Geflüchteten in die Breite unserer Gesellschaft“, hieß es damals in der öffentlichen Mitteilung.
Neun Monate ist das her. Passiert ist seither nichts: Es wurden keine Hilfen für die Kommunen auf den Weg gebracht, statt vorbereiteter Wohnungen für die jetzt kommenden Geflüchteten gibt es Schuldzuweisungen und Belehrungen seitens der Landesregierung an die Kommunen.
In der Ukraine sind die Menschen von Kälte bedroht und teilweise von der Energie- und Wasserversorgung abgeschnitten und flüchten schutzsuchend unter anderem nach Thüringen.
Doch statt gemeinsam nach Lösungen für die damit verbundenen Herausforderungen zu suchen, werden Verantwortlichkeiten einseitig an die Kreise und Kommunen abgeschoben.
„Hätte die Landesregierung im Frühjahr auf die Vorschläge aus den Kommunen gehört und entsprechend reagiert, könnten wir jetzt in Sachen Wohnraum viel weiter sein“, so Brodführer.