Schnee im Sommer – 393 Jahre alter Brauch in Schleid gefeiert

Gastbeitrag von Manuela Henkel

Schnee im Sommer, Verlöbnis, Hagelfeuer, Festgottesdienst, Prozession und Markklößchensuppe – all dies gehört zum wohl bekanntesten Verlöbnistag des Bistums Fulda, dem „Schneefest“ in Schleid.

Vor 393 Jahren hatten die Gläubigen von Schleid und Kranlucken gelobt, jedes Jahr am 5. August einen Festtag zu Ehren der Muttergottes Maria zu halten, was sie auch in diesem Jahr wieder umsetzten.

Entstanden ist das Verlöbnis im Dreißigjährigen Krieg in einer Zeit von Pest, Hunger und Tod. Damals wanden sich die Vorfahren von Schleid und Kranlucken in ihrer Verzweiflung an Maria und legten im Jahre 1626 das sogenannte „Schneefestgelöbnis“ ab.

In diesem „Verlöbnisbrief“, der im Original in der Kirche ausgestellt wurde, hielten sie bestimmte Auflagen, wie die Feier eines Gottesdienstes mit mindestens drei Priestern, die Abhaltung einer Prozession, die Abnahme der Beichte und weitere Dinge fest.

Der außergewöhnliche Name für ein Fest mitten im Sommer geht zurück auf die Grundsteinlegung der Kirche „Santa Maria Maggiore“ in Rom.

Der Legende nach, soll in der Nacht zum 5. August die Madonna erschienen sein, mit dem Auftrag, ihr zu Ehren ein Gotteshaus an der Stelle zu errichten, wo am nächsten Morgen Schnee läge. Traditionell wurde das Schneefest in Schleid am Vortag um 13 Uhr eingeläutet.

Ab dann beginnt das sogenannte „Hagelfeuer“, was bedeutet, dass alle Arbeit in und außer Haus zu ruhen hat.

Am Festtag selbst zogen unter dem Spiel der Blasmusikanten zahlreiche Priester, Messdiener, Fahnenträger und Blumenmädchen in die katholische Pfarrkirche „Maria Schnee“ ein.

Zu seinem „ersten Schneefest“ konnte Schleids neuer Pastor Jürgen Kämpf Hunderte von Gläubigen begrüßen. Zehn weitere Priester und Diakone, darunter Domkapitular Prälat Christof Steinert, Dechant Markus Blüml, Domkapitular Bruno Heller und Diakon Thomas Kranz zelebrierten mit ihm gemeinsam den Festgottesdienst.

Mit den Worten „Mein Herz schlägt für Dich“, begann Pastor Jürgen Kämpf seine Festpredigt. Mit diesen Worten drücke jemand seine Zuneigung, sein Wohlwollen, sein Mitgefühl, ja seine ganze Liebe aus. Besonders finde dieser Satz in der Liebe zwischen Mutter und Kind seine Bedeutung.

Auch das Herz von Maria, der Mutter Jesu, schlage voller Liebe und Zuneigung für die Menschen und man könne sich jederzeit in seinen Nöten und Sorgen an sie wenden.

Pastor Jürgen Kämpf vertraute im Anschluss an seine Predigt alle Einwohner der Kirchengemeinden Schleid, Kranlucken und Motzlar dem Schutz und Beistand der Muttergottes an.

In den anschließenden von Johannes und Franziska Schuchert vorgetragen Fürbitten gedachten die Gläubigen auch ihren verstorbenen Vorfahren. Für die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes sorgten der Kirchenchor Kranlucken unter der Leitung von Sophia Heller, Solist Norbert Weber und Franz-Josef Fischer an der Orgel.

Im Anschluss zogen die Gläubigen in einer Prozession durch die mit bunten Blumen und wehenden Fahnen geschmückten Straßen des Ortes. An vier liebevoll aufgebauten Stationen wurde insbesondere für die Zukunft der Kirche, die Bewahrung der Schöpfung sowie für alle Verantwortlichen in Kirche und Gesellschaft gebetet.

Nach dem Festhochamt konnte man sich bei Klößen und Rotkraut auf dem Dorfplatz stärken. Viele Gäste waren aber auch von ihren Verwandten zur traditionellen Markklößchensuppe mit Eierstich in die Familien eingeladen.

Am Nachmittag wurde die im Verlöbnisbrief vorgeschriebene Marienandacht gehalten und die Kirchenglocken läuteten ganz traditionell den Festtag um 20 Uhr aus.