Gastbeitrag von Dr. Wolfgang Sinn aus Dönges
Christian Ludwig Wucke, der am 28. Januar 1807 wurde als Sohn des Salzunger Apothekers und Arztes Dr. Gotthilf Theodor Wucke und dessen Ehefrau Dorothea, geb. Brückner, im Haus neben dem Rathaus am Markt geboren.
Er zeigte frühzeitig schon vorzügliche Anlagen zum Zeichnen und Malen, so dass sich bereits in jungen Jahren der Wunsch regte, später Maler zu werden. Die Mutter hat anderes mit ihrem Sohn vor. Er wird später nach Meiningen aufs Gymnasium geschickt und soll nach bestandenem Abitur in Jena Jura studieren. 1826–1829 Jurastudium, doch diese Wissenschaft ist ihm zu trocken.
Viel lieber geht Wucke seinen künstlerischen Neigungen nach
Der später berühmt gewordene Märchenerzähler und Dichter Ludwig Bechstein ist um jene Zeit noch als Provisor in der Salzunger Schwanenapotheke tätig. Beide, Bechstein und Wucke, lernen sich kennen und schließen eine enge Freundschaft. Auch diese Bekanntschaft bestärkt Wucke in seinen schöngeistigen Neigungen.
Da er aber für sein künstlerisches Bestreben nirgends Verständnis und materielle Hilfe findet, verlässt er Heimat und Vaterland und wird holländischer Soldat.
Seine Mal- und Zeichenkunst aber bildet er auch im Feldzug weiter aus. Durch sein rasches und genaues Entwerfen von Karten und Plänen wird man auf seine Begabung aufmerksam. Die Reize der niederländischen Landschaft fesseln ihn stark. Über 100 Aquarelle entstehen in kurzer Zeit.
Da trifft den Kämpfer und Maler ein furcht-barer Schicksalsschlag. In den sumpfigen Niederungen Hollands holt sich Wucke ein gefährliches Augenleiden, dass sich als unheilbar erweist. So kehrt der leidenschaftliche Maler im Jahre 1836 als ein blinder in seine Heimat Salzungen zurück. 29 Jahre ist er jetzt alt, und heldenhaft trägt er sein schweres Los … noch 47 Jahre.
Womit beschäftigt sich nun sein lebhafter Geist?
Obgleich blind, beginnt Wucke mit schriftstellerischen, besonders heimatgeschichtlichen Arbeiten.
Er beschenkt uns mit Bildern, die erkennen lassen, wie die Heimat vor seiner Seele steht. Er schreibt Geschichten und Novellen, die vor allem von der „Gartenlaube“ und den „Fliegenden Blättern“, damals bekannte Zeitschriften, angenommen werden.
Er lässt sich ein Rähmchen in der Größe eines Briefbogens herstellen, darin schmale Lineale parallellaufend befestigen, so dass ihm die Zwischenräume als Zeilen dienen.
So schreibt er, nachdem er anfangs die Briefe einem Verwandten oder Freunden in die Feder diktierte, Gedichte und Briefe ohne fremde Hilfe. Folgendes Gedicht (Auszug), als eines der ersten von Wucke, lässt uns einen Blick in sein Inneres tun:
Weiterhin sammelte er Sagen unserer Heimat, des Werratals und der Rhön. Wochen-lang oft reist der Blinde umher und lässt sich erzählen, was die Alten von Bergen, Seen und Burgen, von Sitten und Gebräuchen Altes und Neues wissen.
In einem umfangreichen Band sind diese Arbeiten im Druck erschienen. Diese Forschungstätigkeit findet solche Wertschätzung, dass der Blinde 1873 für seine Schriften den „Schillerpreis für Erforschung deutschen Geisteslebens“ erhält.
Wucke und seine volkstümlichsten und mundartlichen Dichtungen
Sie sind herausgegeben unter dem Titel: „Uiß minner Haimeth“. Wucke hat die Salzunger Mundart, eine der schwer verständlichsten, vollendet gemeistert, und er wird noch heute als einer der besten Dialektdichter gewertet.
Wenn auch manche seiner Darstellungen die Tragik seines Schicksals fühlen lassen, so kommt doch, besonders in seinen Dialektdichtungen, auch sein köstlicher, unverwüstlicher Humor zur Geltung. Jedoch, wie schon er-wähnt, ist Wucke ja nicht nur der Heimatforscher, Dichter von Bedeutung gewesen, sondern auch – vor der Erblindung – der Maler seiner Heimat.
Wucke ist am 01. Mai 1883 gestorben. Noch nach seinem Tode, so hat es der blinde Dichter gewünscht, will er mit einem Stück seiner geliebten Bergwelt vereint sein.
Auf seinem Gang nach dem Öchsen bei Vacha hat der Blinde vor Jahren schon eine schöne sechskantige Basaltsäule tastend sich ausgesucht. Diese Säule soll einmal sein Grabstein werden.
Und so ist es geschehen.
In einem umfangreichen Beitrag wird Christian Ludwig Wucke in der Ausgabe 7 der „Heimatblätter – thüringische Rhön“ gewürdigt.
Die Ausgabe beinhaltet weiterhin auch die Beiträge ‚Conrad Lautenbach – der fahrende Schüler und Geistliche’ aus Motzlar, Seerosenteich Zillbach, ‚Rhöner Dom zu Helmershausen’, Jüdische Synagoge Aschenhausen und ein Beitrag zu den köstlichen Rhöner Fleischhütes sowie weitere historische und literarische Beiträge vom Werratal bis zur Rhön.
Erhältlich sind die „Heimatblätter“ zum Preis von 3,33 € in der Rhönbuchhandlung Vacha, Stadtbuchhandlung Bad Salzungen, Schreibwaren Andritschke Geisa, Buchhandlung Greifzu und Köhler Kaltennordheim, Presseshop Dermbach, Jennys Schatzkiste Stadtlengsfeld, Igros-Agentur Stepfershausen