Gastbeitrag von Andrea Dominik
Das größte Bauprojekt der Stadt Bad Salzungen seit Jahrzehnten ist abgeschlossen: Das Bahnhofsareal ist fertiggestellt und wurde am 19. November offiziell im Beisein des Thüringer Staatssekretärs Torsten Weil und weiterer politischer Vertreter übergeben.
„Der Bahnhof einer Stadt hat eine große Ausstrahlung auf das Stadtbild und ist stadtprägend,“ erläuterte Bürgermeister Klaus Bohl. „Er ist ein Ort, der im Gedächtnis und in den Gefühlen der Menschenfest verankert ist. Abschied, Trennung, Wiedersehensfreude, Lehre, Studium, Armeezeit, Urlaub, Heimweh – sehr viel verbindet sich mit dem Bahnhof.“
Aufstieg und Fall
Der Bad Salzunger Bahnhof war zu DDR-Zeiten der größte Rangierbahnhof Südthüringens mit über 200 Mitarbeitern. Mit der politischen Wende 1989 ging der Zugverkehr stark zurück. Nachdem im Jahr 2001 die Fahrkartenausgabe geschlossen wurde, stand der Bahnhof weitestgehend leer und wurde zusehends zum Schandfleck der Stadt.
„Der Bahnhof verwahrloste, vermüllte und stank im Sommer nach Urin,“ beschrieb Bürgermeister Klaus Bohl die damalige Situation. „So konnte es nicht weitergehen!“
Die Grundpfeiler für die Sanierung des Bad Salzunger Bahnhofs wurden bereits im Jahr 2008 gelegt, als der Stadtrat dem Beschluss über den Kauf des Areals zustimmte. Das Bahnhofsgebäude selbst sollte die GEWOG erwerben.
Die Planung und Umsetzung der Sanierung dauerte über zehn Jahre. Allein 2,5 Jahre davon benötigte Uwe Arndt, Geschäftsführer der GEWOG, um den Ankauf des Gebäudes von der Deutschen Bahn und ihrer Tochtergesellschaften abzuschließen.
Ein stimmiges Gesamtprojekt
Mit der Sanierung des gesamten Areals ist es der Stadt gelungen, dass der Bad Salzunger Bahnhof wieder positiv im Gedächtnis bleibt.
Auf dem Gelände hat sich in den über zehn Jahren Bauzeit viel getan: Der Kauflandmarkt wurde gebaut, die Bahnhofstraße saniert und verlegt, ein Kreisverkehr an der scharfen Ecke geschaffen und ein neuer Busbahnhof vor dem Bahnhofsgebäude angelegt.
Zudem wurde der Bahnhofsplatz komplett neu angelegt. Neben einem neuen Park&Ride-Parkplatz direkt neben den Gleisen gibt es jetzt die Möglichkeit, e-bikes und e-Autos zu laden.
Auch die Deutsche Bahn hat sich umfangreich beteiligt und unter anderem mit zwei Aufzügen den barrierefreien Zugang zu den Bahngleisen realisiert.
Das Kernstück das Großprojektes ist das alte Bahnhofsgebäude. Es war bereits so marode, dass es bis auf die Grundpfeiler abgerissen werden musste. Darauf entstand ein neuer, imposanter Bau, angelehnt an das ursprüngliche Gebäude. Im oberen Bereich wurden 13 barrierefreie Wohnungen geschaffen, welche stark nachgefragt sind.
Der Hauptmieter im unteren Gebäudeteil ist das Mehrgenerationenhaus. Es macht das wiederentstandene historische Empfangsgebäude erneut zu einem Anziehungspunkt, wo sich Menschen verschiedener Generationen und Herkunft treffen, Hilfe, Beratung und Unterstützung bekommen.
„Was hier in den letzten Jahren entstanden ist, hat Modellcharakter, weil eine zentrale Bahnfläche eine neue soziale Funktion für die Menschen in Bad Salzungen erhält. Es sind altersgerechter Wohnraum und ein neuer Ort der Begegnung entstanden,“ sagte Staatsekretär Torsten Weil.
Aus einem Ort der Begegnung für Reisende ist ein Ort der Begegnung für Generationen entstanden.
Die gesamte Baumaßnahme umfasste Kosten von knapp 38,1 Millionen Euro. Gefördert wurde das Projekt mit 11,3 Millionen Euro, die Stadt Bad Salzungen trägt 3,9 Millionen Euro. Die Deutsche Bahn, die GEWOG und private Investoren beteiligten sich mit insgesamt 22,9 Millionen Euro.
Eigentlich sollte das fertig sanierte Bahnhofsgelände mit einem großen Fest für die Bürgerinnen und Bürger sowie für alle Beteiligten in diesem Jahr eingeweiht werden. Die Pandemie machte erforderlich, diese Pläne zu ändern. Stattdessen fand am 19. November 2020 – mit Abstand und Alltagsmaske – die offizielle Übergabe im kleinen Kreis statt.
Ein großes Fest soll es im kommenden Jahr dennoch geben, wenn auch der angrenzende Wasserturm saniert ist.