Beitrag von Rüdiger Christ
Kaum war der Schlachtruf der Bürgerinitiative "Gegen Windkraft im Wald der Rhön" (BI) auf dem Stadtlengsfelder Markt verklungen, wurden die neuen Transparente der BI entrollt. Das sorgte für den ersten Beifall der über 100 Versammelten an diesen Novemberabend.
BI-Sprecher Ralf Adam ging nach der Begrüßung auf die aktuelle politische Lage ein. Seine Kritik richtete sich gegen die Gaspreisbremse.
Der ländliche Raum sei hier der Verlierer, da hier auch mit Öl geheizt werde, weshalb es auch eine Heizölbremse geben müsse. Adam forderte mehr Respekt von den Regierenden für den ländlichen Raum ein.
Im Zusammenhang mit der neuen Verordnung des Thüringer Biosphärenreservates sprach sich Adam für ein gemeinsames Handeln in der Thüringer Rhön aus.
Weiter wies Adam die jüngsten Forderungen der Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund nach dem Bau von Windkraftanlagen im Wald zurück.
Aktuell stelle die Bundesregierung Millionen Euro Steuergeld für den internationalen Schutz des Waldes bereit. „Wir fordern, dass auch für unseren Wald etwas getan wird“, so Adam.
Der BI-Sprecher dankte Landrat Reinhard Krebs, welcher sich konsequent gegen den Bau von Windkraftanlagen in den Rhöner Wäldern ausspricht.
Als Gastredner des Abends kam der ehemalige Thüringer Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) zu Wort. Kemmerich dankte für den herzlichen Empfang, schon beim Zwischenstopp in Dorndorf habe er die Rhöner Sympathie erfahren dürfen.
Als Teil der Ampel in Berlin habe die Thüringer FDP keinen leichten Stand, räumte Kemmerich zu Beginn seiner Ausführungen ein. Die Aufbauleistung der Thüringer nach der Wende sehe Kemmerich durch die aktuelle Politik gefährdet.
„Die Grünen führen derzeit einen Anschlag auf unseren Wohlstand aus“, so Kemmerich. Auch die FDP sei für den Atomausstieg gewesen. Es habe sich aber herausgestellt, dass für eine vernünftige Energiewende, Atomkraft und fossile Energieträger noch einige Zeit benötigt werde.
„Es wird der Tag kommen, an dem wir mit den Russen wieder über verlässliche Energielieferungen reden müssen“, so Kemmerich weiter.
Im Thüringer Landtag gebe es zurzeit keine Mehrheit zur Änderung des Waldgesetzes. Das Zwei-Prozent-Flächenziel für erneuerbare Energien nannte Kemmerich „groben Unfug“. „Ohne Speicherkapazitäten macht das keinen Sinn.“
Kemmerich plädierte abschließend für die Bildung einer bürgerlichen Regierung nach den Landtagswahlen 2024, das sei eine Voraussetzung für eine Energiewende mit Vernunft.
Darauf erhielt Kemmerich begeisterten Applaus von den Anwesenden. Den Wahlkampfmodus führte anschließend Kemmerichs Parteifreund Matthias Fallenstein, Mitglied des Kreistages im Wartburgkreis weiter.
Fallenstein warnte vor der „verlogenen Politik der Grünen, welche mit Steuermitteln gefördert wird. Das stinkt mich an. Dadurch wird die Wirtschaft voll vor die Wand gefahren.“
Auch mit der LINKEN und der AfD ging Fallenstein ins Gericht. Er forderte zur Teilnahme an den Landtagswahlen 2024, auf. „Vielleicht gibt es dann wieder einen Ministerpräsidenten, der Kemmerich heißt“, so Fallenstein abschließend.
Rolf Kallert von der BI verglich die Politik von Märchenautor und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit dem Bau des Rathauses ohne Fenster im berühmten Schilda.
Kallert zitierte das Gedicht "Schein und Sein" von Wilhelm Busch. Sein Fazit dazu: „Wind gibt es zu viel oder zu wenig.“
Kallert befragte dann Thomas Kemmerich zu den jüngsten Aktionen von sogenannten Klimaaktivisten im Straßenverkehr, sowie deren Anschläge auf Kunstwerke. In der Öffentlichkeit werden dazu schon Vergleiche mit der terroristischen RAF gezogen.
Kemmerich sagte, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr müssen mit null Toleranz geahndet werden. Kemmerich fordert keine Akzeptanz von Gesetzesverletzungen.
Isa Lipp verlangte ein „Lobby Register“. Sie zitierte dazu Egon Bahr:
„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Thomas Kemmerich erklärte dazu, dass Politik mit Sachverstand geführt werden sollte. Seine Parteifreunde in der FDP hätten alle einen Berufsabschluss und jahrelange Berufserfahrung. Wichtig sei dabei auch die Beratung mit verschiedenen Menschen, um Politik vernünftig gestalten zu können.
Wolfgang Tschiesche fragte Kemmerich nach der Änderung des Landesplanungsgesetzes zulasten der Öffentlichkeit, unter anderem beim Bau von Windkraftanlagen.
Kemmerich sagte dazu: „Die Grün Rote-Lobby hat dem ländlichen Raum den Kampf angesagt. Von der FDP werde es aber keine Zustimmung zur Änderung dieses Gesetzes geben.“
Stark kritisierte Tschiesche Michael Brychcy (CDU), Bürgermeister in Waltershausen und Präsident des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes, wegen seiner jüngsten Forderung zum Bau von Windkraftanlagen im Wald.
Zum Abschluss der Veranstaltung bekam Kemmerich einen Blumenstrauß von der BI überreicht. „Den Strauß nehme ich gern an, den anderen wollte ich sowieso nicht haben.“
Kemmerich meinte wohl damit den Blumenstrauß, den ihm die gescheiterte Vorsitzende der LINKE, Susanne Hennig-Wellsow, bei seiner Ministerpräsidentenwahl vor die Füße warf. Dies wurde mit heiterem Beifall aufgenommen.