Vor hundert Jahren – Stadt Geisa bringt künstlerisch wertvolles Notgeld in Umlauf

Gastbeitrag von Michael Knauf

Als Notgeld bezeichnet man Geld auch Gutscheine, welches bei Mangel an Zahlungsmitteln vom Staat oder von Gebietskörperschaften in Umlauf gebracht oder gesetzt wird und nur örtliche Geltung besitzt.

Auch die Stadt Geisa versuchte der schlimmen Entwicklung, bedingt durch die Inflation, nach Beendigung des Ersten Weltkriegs und zu Beginn der 1920iger Jahre, mit der Herausgabe von Notgeld entgegen zu steuern.

Das praktizierten viele Städte in ganz Deutschland. Die meisten Orte begnügten sich mit einfachen, auf Papier, gedruckten Geldscheinen. Anderorts war man bemüht ansehnliche Notgeldscheine herauszugeben.

Eine große Seltenheit sind die künstlerisch gestalteten Noten der Stadt Geisa. Deren Herstellung nahm sehr viel Zeit in Anspruch.

Es gerieten nicht alle Exemplare in den Umlauf, da per Gesetz ab Februar 1923 die Ausgabe von Notgeld-Gutscheinen untersagt worden ist.

Man muss bedenken, dass zu dieser Zeit 84 Prozent des Geldscheinumlaufs aus Notgeld bestand. Die noch nicht in Anspruch genommenen Notgeld-Scheine wurden von der Stadt Geisa an Sammler für 5,25 Mark pro Serie verkauft.

Etliche Sammler suchen heute noch auf Börsen oder im Internet nach dem begehrten Geisaer Notgeld.

Der damalige Stadtrat von Geisa, unter Vorsitz von Bürgermeister Edmund Hohmann, beschloss am 14. Juni 1921 ein Gremium aus den Stadträten Herr Lehrer Dotter, Herr Isaak Freudenthal und Herr Dr. Kiel zu benennen.

Dem Gremium gelang die Verpflichtung des Künstlers, Bildhauers und Kunstmalers Herr Heinz Schiestl aus Würzburg. Auch konnte die angesehene Buch-und Dokumenten-Druckerei Adolf Schwarz im Allgäu für den Druck beauftragt werden.

Es soll sich um ein Auftragsvolumen von etwa 85.500 Scheinen gehandelt haben. Für den Druck und die Entwürfe zahlte die Stadt Geisa einen Betrag um die 30.000 Mark.

Die Notgeld Gutscheine hatten alle die gleiche, standardisierte und rechteckige Größe von mit 72 mm Höhe und 102 mm Länge. Der farbige Aufdruck, in den Farben rot, grau und gelb, wurde auf hellgraues Papier gedruckt.

Die Darstellung der Ziffern und Buchstaben erfolgte in einer matten Buchdruckerschwärze. Es wurden Gutscheine mit den Nominalwerten von 25 Pfennig, von 50 Pfennig und von „Einer Mark“ hergestellt.

Von jedem Zahlungswert wurden je drei verschiedene Motive herausgebracht. Die gesamte Serie des Geisaer Notgeld umfasst neun unterschiedliche Scheine.

Die Grafiken auf den drei 25 Pfennig-Notgeldscheine:

Schein A: auf der Vorderseite, ist der Wappenhalter Simplicius (der heilige Gangolf) mit zwei Schildern, auf denen das Fuldaer Wappen mit der Jahreszahl 817 abgebildet ist, die Rückseite zeigt eine Stadtansicht von Geisa mit dem Schleidsberg im Hintergrund

Schein B: eine Ansicht des Stadtbrunnen mit einem zeitlosen Spruch ziert die Vorderseite, das Diebstürmchen mit Stadtmauer zeigt die Rückseite, beide Zeichnungen weisen eine Signatur von Heinz Schiestl auf

Schein C: eine Zeichnung von den Universalgelehrten und Sohn der Stadt Geisa Athanasius Kircher, in mitten von Hieroglyphen wurde auf der Vorderseite verewigt, wiederum wird auf der Rückseite die Stadt Geisa als Burgstadt um 1650 dargestellt

Die Abbildungen auf den drei 50 Pfennig-Gutscheinen:

Schein A: zeigt auf einem spitzenstehenden Quadrat, das Geisaer Wappenzeichen Simplicius mit zwei Schildern und der Jahreszahl 817, die Rückseite zeigt den ehemaligen Tränkebrunnen an der Sterns Eck (der Tränkebrunnen wurde umgesetzt)

Schein B: die Vorderseite zeigt wieder ein Konterfei von Athanasius Kircher, während auf der Rückseite eine Zeichnung der Stadtansicht von Geisa, vom Schleidsberg aus gesehen, abgebildet war

Schein C: die Vorderseite ziert das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Kardinal Bernhard Gustav, Markgraf von Baden-Durlach, auf der Rückseite ist die von Athanasius Kircher erfundene Laterna Magica (Bildprojektor) zu sehen

Die drei „Eine Mark“ Gutscheine sind wie folgt bebildert:

Schein A: in der Mitte des Scheines ist das Siegel der Stadt Geisa in kräftig roter Farbe zu sehen, auf der Rückseite ist das Zentgericht (Centgericht) am Gangolfiberg abgebildet

Schein B: die jugendstilartig gestaltete Vorderseite greift wieder das Wappenthema mit Simplicius nebst Wappenschildern auf, wobei ein gelungener seitlicher Abschluss in Form von Silberdisteln, auch Rhöndisteln genannt, zu sehen ist, die Rückseite zeigt eine Stadtansicht von Geisa mit dem Rockenstuhl im Hintergrund von der Buttlarer Straße aus gesehen

Schein C: zeigt ein Portrait von Athanasius Kircher, welches als Bild zwischen Eichenlaubfeldern steht, ein ergänzender Aufdruck gibt die Lebenszeit des Gelehrten 1602 bis 1680 an, sowie geboren in Geisa, die Rückseite zeigt das sehr schöne und im neugotischen Stil, von 1859 bis 1861 erbaute Rathaus von Geisa (das Geisaer Rathaus ähnelt in der Architektur dem Rathaus von Erfurt)

Bürgermeister Edmund Hohmann und der damalige Stadtrat hatten mit großem Weitblick diese wertvollen, geschichtsträchtigen Dokumente (Notgeld-Scheine) in Auftrag gegeben.

Anzumerken ist, dass Herr Edmund Hohmann zwölf Jahre erfolgreich als Bürgermeister der Stadt Geisa im Amt war. In seiner Amtszeit hat er neben zahlreichen sozialen Projekten, unter anderem auch den ersten Sportplatz für die Stadt Geisa konzipiert und bauen lassen.

Wer Interesse am Sammeln hat, kann sehr schöne und dekorative Farbkopien des Notgeldes von Geisa in der Buchdruckerei Erb, in der Brunnenstraße 1, in Geisa erwerben.

Auf diesem Weg möchte ich mich bei der Enkelin von dem ehemaligen Bürgermeister Edmund Hohmann, Frau Marga Kleinstück, als Ideengeberin des vorliegenden Gastbeitrags bedanken.

Besondere Anerkennung und Dank gilt Herrn Willi Ritz für seine umfangreichen und seriösen Recherchen über die Geschichte des Geisaer Notgeld.