Seejungfrauen, Nixen & Elfen – Hautsee bei Dönges ist ein einmaliges Naturwunder in Europa

Gastbeitrag Michael Knauf

Durch die Ortschaft Dönges führt direkt die alte Handelsstraße Leipzig-Eisenach-Frankfurt am Main, heute die Bundesstraße B84.

Dönges ist ein sogenanntes Straßen-Dorf, die urkundliche Ersterwähnung der Gemeinde ist auf den 29.September 1222 datiert. Um die 250 Einwohner leben und wohnen in Dönges.

Ab dem 20. Mai 1994 ist Dönges ein Ortsteil von Tiefenort und ab dem 07. Juli 2018 gehören die Ortschaften zur Kur-und Kreisstadt Bad Salzungen. Das Ortswappen ziert eine schwimmende Insel mit zwei Seejungfrauen, Nixen oder Elfen im Hautsee.

Etwa 1,4 km entfernt von der Gemeinde Dönges in Richtung Marksuhl und an der Grenze zum Frauensee‘er Forst befindet sich der Hautsee. Auf dem Hautsee ist eine schwimmende Insel zu sehen.

Der See hat einen Durchmesser um die 400 m und er befindet sich 306 m ü.NN.

Die Fläche des Wasserspiegel beträgt ca. 1,6 ha und er verfügt heute über eine Länge um die 100 m, eine Breite von 90 m und die Wassertiefe soll 3,5 - 5 m messen. Es besteht kein Zu- oder Abfluss und keine unterirdische Quelle. Der See wird alleine durch Regen-bzw. Niederschlagswasser gespeist.

In früheren Zeiten soll der Hautsee eine größere Fläche in Anspruch genommen haben und zwar nach Überlieferungen aus dem Jahr 1955, eine Breite von etwa 120 m und eine Länge um die 160 m. Etwa 300 m nordöstlich in Richtung Marksuhl und ca. 50 m neben der Bundesstraße 84 befindet sich der doppelt so große, verlandete Albertsee. In Publikationen werden die Seen als kleiner und großer Elfensee bezeichnet.

Die Entstehung des Hautsees ist nicht auf vulkanlogische Ereignisse zurück zu führen, wie zum Beispiel die Maar-Seen der Eifel, sondern auf eine Auslaugung, der mächtigen Steinsalzablagerungen unter dem Buntsandstein.

Solche Karst-Einbruchstrichter-Seen, auch Erdfallseen oder Erdfallweiher genannt, sind im thüringischen Rhön-Werra-Gebiet keine Seltenheit, wie der Bad Salzunger Burgsee, der Buchensee bei Wilpechtroda, der Frauensee, der Albertssee, der Schönensee, die Rosdorfer Kutte oder die Bernshäuser Kutte zeigen.

Die bis zu 300 m starken Steinsalzablagerungen entstanden durch die Verdunstung von Meerwasser des Zechsteinmeeres, vor etwa 250 Millionen Jahren. Über Risse in der Erdkruste, sogenannte Störungszonen, gelangte in der jüngeren Erdgeschichte Grundwasser in die Salzlagerstätten und löste das Steinsalz.

Mit der Auslaugung kam es zur Bildung von Hohlräumen (Karst) im Zechstein, welche wiederum zu lokalen Einbrüchen im darüber liegenden Buntsandstein führten.

Hautseefest im Jahr 2009, im Vordergrund rechts der bekannte und beliebte Alleinunterhalter Norbert Schinköhte (+) aus der Räsa

Das Phänomen der schwimmenden Insel, des Hautsee‘s wird im Gegensatz zu anderen leichten Moorinseln, durch eine so massive Erdschichtstärke getragen, dass Bäume von einer Höhe um die 10 m bis 15 m auf Ihr wurzeln können.

Die Wissenschaftler Prof. Dr. Senft und der Bergrat Prof. Scheibe erklärten sich die Entstehung der Insel in Presse-veröffentlichungen wie folgt: „Durch den Erdfall wurde das Deckgestein seiner Stütze beraubt und sank in die Tiefe.

Der dichte, leichte Pflanzenfilz wurde von dem in die Höhe getriebenen Wasser an die Oberfläche gespült und zur schwimmenden Insel. Auf der Insel sammelte sich im Laufe der Zeit eine starke Torfschicht an, welche sich wahrscheinlich vom Ufer löste.

Durch die Torferde kam es zum Wachstum von botanischen Raritäten, um nur einige zu nennen, wie das Scheidenwollkraut (Eriophorum vaginatum), der Sonnentau (Drosera rotundifolia), das Sumpfblattauge (Comarium palustre) u.v.a.m. Weiterhin wachsen stattliche Ohr-Weiden, Erlen, Moor-Birken und Wald-Kiefer auf der Insel.

Hautseefest im Jahr 2005

In dem spezifischen Biotop des Hautsee gibt es Vorkommen, des in Deutschland sehr seltenen, gestreiften, medizinischen Blutegel (Hirudo medicinalis). Die Hautsee-Insel soll nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine besondere Form eines Schwingrasens darstellen.

1834 schien die Insel wie angewachsen, Arbeiter nahmen Abstiche vor und die Insel war wieder schwimmfähig. Auch wurden Teile der Insel zum Wilhelmstaler See transportiert, die hier jedoch nicht schwammen.

Der Versuch von Telegrafenarbeitern 1914, mit Flaschenzügen die Insel von der Stelle zu bewegen gelang nicht. In den Niederschlagsreichen Jahren zwischen 1924 und 1930 sowie 1951 und 1955 war der Hautsee vollständig mit Wasser gefüllt. Das Wasser des Sees hat eine tiefgrüne Färbung. Durch die starken Niederschläge in den Jahren 1898,1926 und 1961 soll sich die Insel gelöst haben und eine Lageveränderung von statten gegangen sein.

Bereits im Jahr 1938 wurde der idyllische Hautsee unter Naturschutz gestellt.

Der 1953 neu gegründete Kulturbund von Dönges und Marksuhl gestaltete das Weideland um dem Hautsee zu einer ansehnlichen Parkanlage, mit Wanderwegen und Festplatz. Ein Waldhäuschen mit Tanzfläche kam 1970 hinzu.

Bereits 1954 fand am Ufer des Sees, das erste „Hautseefest“ statt. 1977 erfolgte die Ausweisung des „Hautsee“ als Flächennaturdenkmal. Eine Gruppe von Tauchern untersuchten im Jahr 2008 erstmals im Auftrag der Wissenschaft die schwimmende Hautsee-Insel und deren Unterseite.

Jedes Jahr zu Himmelfahrt treffen sich am Festplatz des Hautsees unzählige Männer aller Altersgruppen und feiern ausgiebig den Vater- oder Männertag. Mit den Jahren entwickelte es sich zum traditionellen Familientreffen. Im Jahr 2014 fand das letzte Hautseefest statt.

Der Thüringer Wanderer August Trinius (1851-1919) würdigte in seinen Reisebeschreibungen den Hautsee als ein besonderes Naturwunder der Vorder-Rhön.

Die erste urkundliche Erwähnung des Hautsees, -der kleyne Elfenssehe bei Thennchiß- ,ist auf das Jahr 1486 datiert. 1647 erfolgte eine weitere liebevolle Beschreibung und im Jahr 1778 teilte ein Wandersmann der Nachwelt folgendes mit:

„Auf dem See schwimmt ein flaches Stück Erde oder Kruste, wie die Haut auf der Milch… „ - der Name „Hautsee“ war fortan kreiert.

zeitgenössische Fotografie Hautsee, Archiv:Dr. Wolfgang Sinn

Die Einwohner der umliegenden Ortschaften, Wandersleute und vorbei fahrende Reisende hatten großen Respekt und teilweise sogar Angst vor dem Hautsee, da bis in das 19. Jahrhundert bekannte Märchenerzähler, Dialektdichter und Sagensammler, wie die Gebrüder Grimm, Ludwig Bechstein und Christian Wucke manch schaurige Geschichte über den See erzählten.

Der Aberglaube und der Volksmund hatten den Hautsee in seine Auslegungen integriert, so sollte man aus den jeweiligen Bewegungen und den Positionen der schwimmenden Insel Rückschlüsse und mancherlei Erkenntnisse ableiten können. Auch das Vorhandensein von Seejungfrauen, Nixen, Elfen oder ähnliche im Wasser befindliche Geister wurden nie bestritten.

Den Gedenkstein „800 Jahre Dönges“ in Dönges ziert eine Seejungfrau vom Hautsee.

Sollten Sie einmal an dem Hautsee vorbei kommen, nehmen Sie sich bitte die Zeit für eine ausgiebige Pause und genießen sie das Flair dieses idyllischen Fleckchens Wald, mit dem dazu gehörigen, einzigartigen See.

Wer mehr über die Geschichte des „Hautsee“ erfahren möchte, dem empfehlen wir folgende Literatur:

-Die Hautsee-Gemeinde Dönges, Autor: Wolfgang Sinn, Verlag Rockstuhl Bad Langensalza,2021, ISBN Nr.: 978-3-95966-592-6),
-Der Hautsee mit der schwimmenden Insel bei Dönges, Heimatblätter 93, Marburg 1994, Seite 103-106, Autoren: Wolfgang Sinn und Heinrich Weigel, ISBN Nr.: 3-924269-61-0,
- Die Ortschronik von Dönges, Inhalt: Der Hautsee mit der schwimmenden Insel bei Dönges. Ein deutsches Naturdenkmal. Dönges 1991. 25 Seiten, ohne ISBN Nummer,
-Seejungfrauen, Thüringer Sagenbuch,1.Band, Autor: Ludwig Bechstein,
-Der Döngessee ,Deutsches Märchenlexikon ,Sagen der Gebrüder Grimm,
-Fossilien der Rhön,10. Monografie,Autor Frank Gümbel,Biosphärenreservat Rhön/Thüringen, Zella/Rhön, 2019, ohne ISBN Nummer,
-INTERNET: https://de wikipedia.org/wiki/Hautsee, https://www.wiki-data.de-de.nina.az/Hautsee.html, https://wartburgkreis.city-map.de/02011200/flaechennaturdenkmal-...

Die aufgeführten Publikationen gelten gleichzeitig als Quellennachweis.

Einen besonderen Dank gilt dem Heimatforscher, Autor und Hobby-Geologen Frank Gümbel aus Neidhartshausen für seine Unterstützung bei der Erstellung des vorliegenden Beitrages.

Weiterhin möchte ich mich bei dem Heimatforscher, Autor und Orts-Chronisten der Stadt Bad Salzungen Herrn Dr. Wolfgang Sinn für die sehr gute fachliche Beratung, seine Korrektur und für das zur Verfügung stellen der Archiv-Fotos, auf diesem Wege herzlich bedanken.