Gastbeitrag von Rüdiger Christ
Das erste öffentliche Treffen der Rhöner Initiative zu einer alternativen Nominierung von Direktkandidaten für Land- und Bundestagswahlen (RIaD) fand am Sonntag in Steinberg auf dem Bauernhof Schuchert statt.
Wie es sich im „konservativen Rhöner Kernland“ gehört fand zuvor in der schönen kleinen Kirche in Gerstengrund eine Andacht statt.
Diakon Thomas Kranz gab dabei den zahlreich Versammelten nach dem Friedensgebet von Coventry, in seiner Predigt mit auf den Weg: „Habe Mut, deinen Verstand zu gebrauchen. Vernunftbegabtes Verhalten gepaart mit Respekt und Anstand sollte beim Einsatz für die Demokratie beherzigt werden.“
So machten sich anschließend die Teilnehmer auf den gut drei Kilometer langen Weg nach Steinberg, dem höchstgelegenen Dermbacher Ortsteil, auf.
Unterwegs kam es dabei zu interessanten Gesprächen zwischen den Wanderern. Im Gastraum des Bauernhof Schuchert mussten dann wegen des großen Interesses noch zusätzliche Stühle herangeschafft werden.
Im Namen der RIaD begrüßte Antonius Schütz die zahlreichen Interessierten. Der langjährige verdienstvolle Bürgermeister von Gerstengrund, der kleinsten Gemeinde des Wartburgkreises, brachte dabei seine Freude über den schönen sonnigen Tag und die sehr gut besuchte Veranstaltung zum Ausdruck.
Schütz ermutigte, einen neuen Weg zu gehen, um geeignete Persönlichkeiten zu finden welche sachkompetent und bürgernah als Direktkandidaten von den Bürgern unabhängig von Parteien für Landtags- und Bundestagswahlen nominiert werden sollen.
Stütz sei froh und dankbar, dass man sich frei versammeln könne, aber er kam auch auf die "Kehrseite" zu sprechen. Menschen die täglich ihrer Arbeit nachgingen, seien das Fundament unserer Gesellschaft, aber die Verwurzelung der Abgeordneten zur Basis schwinde immer mehr.
Kritik übte Schütz auch an der hohen Verschuldung der Kommunen, der Bundesländer und des Bundes aus. Er forderte auf, „die aktuelle Lage nicht auf die leichte Schulter zu nehmen“.
Frieden müsse nicht nur lokal untereinander sondern auch in ganz Europa herrschen. „Sind wir von allen guten Geistern verlassen uns in den dritten Weltkrieg hineinziehen zu lassen?“, meinte er abschließend.
Die anschließende Diskussionsrunde nahm der direkt gewählte Landtagsabgeordnete Martin Henkel (CDU) zum Anlass, sich sehr kritisch zur aktuellen politischen Lage im Bund und Thüringen zu äußern.
Henkel sprach von einer „total irrsinnigen Politik“, welche sich sehr zum Nachteil des ländlichen Raumes auswirke. Die Ampel achte die Bauern nicht als wesentlichen Teil der Wirtschaft.
Die aktuelle Migrationspolitik, das Bürgergeld und die Lieferung von Taurus-Waffen an die Ukraine lehne Henkel ab. Auch die Pläne in der Rhön Windkraftanlagen massenhaft zu errichten sowie den Umgang mit dem Wolf kritisierte der Landtagsabgeordnete scharf.
Der Landtagswahlkampf in Thüringen werde sich als Kopf an Kopf-Rennen zwischen CDU und AfD entwickeln, ist sich Henkel sicher. Die besten Chancen für das Direktmandat habe immer die Partei, welche am stärksten in einer Region aufgestellt ist, meinte Henkel.
Er strebe daher den Wiedereinzug in den Thüringer Landtag an, um als kritische Stimme weiter für seine Region wirken zu können.
Henkel habe aber auch keine Angst vor der Verlust des Mandats, schließlich könne er als gelernter Elektriker und Diplomingenieur langjährige Berufserfahrungen in der freien Wirtschaft vorweisen.
Sebastian Kranz, Miteigentümer einer erfolgreichen Rhöner Holzbaufirma, gab zu bedenken, dass die alternative Aufstellung von Direktkandidaten längerer Vorbereitungen bedarf. Überstürztes Handeln würde eher den politische Kräften nützen, „die wir ja derzeit total ablehnen.“
„2024 ist die Welt noch nicht zu Ende.“ Kranz kritisierte auch besonders scharf die aktuelle Wirtschaftspolitik in Thüringen. Ihn bewegte die Frage, wie es nach der Landtagswahl am 1. September in Thüringen weitergehen soll.
Wer wird mit wem zusammen eine Landesregierung bilden? Er fände es nicht im Interesse der Thüringer, wenn bereits jetzt Koalitionen von Parteien kategorisch ausgeschlossen würden.
Auch Hubert und Johannes Schuchert, Mitinitiatoren der RIaD, bewegt diese Frage. Beide sehen die CDU zur Zeit nicht als vertrauenswürdig an, „da manche in der CDU mit den Grünen oder sogar mit den Linken zusammengehen wollen.“ Ihre emotionale Forderung: „Haut Eure linken Ratten aus der CDU raus!“
Christian, ein Mountainbiker, sieht das Parteiensystem nicht als Lösung sondern eher als Problem. Auch er sehe die Gefahr, dass Deutschland langsam in den Krieg hineingezogen werden könnte.
Norbert Mihm, der Geismarer Altbürgermeister, stellte kritisch fest, dass „die Leute den Rand voll haben“ und sich endlich etwas ändern müsse.
Auch Matthias Jakob aus Steinberg stellte die Frage, wie es nach der Landtagswahl weitergehen soll.
Andreas Kaufmann, Initiator der Dermbacher Bürgerprotestbewegung "Zieht der Ampel den Stecker", stößt sich an Artikel 21 des Grundgesetzes, der die Rolle der Parteien privilegiere und fordert dessen Abschaffung.
Kaufmann hält einen klaren kritischen Standpunkt für unbequem in dieser Gesellschaft. „Wenn du nicht gegen Rechts bist, dann bist du Rechts“ hält er für unerträglich. Kaufmann forderte zur Wahlbeteiligung in diesem Jahr auf.
Auch die Europawahl sei wichtig, im EU-Parlament würden viele Gesetze beschlossen, welche von den „blöden deutschen Politikern noch verschärfter ausgelegt werden“, so Kaufmann.
Ein jugendlicher Schüler richtet die Frage an Martin Henkel, warum die CDU keine Koalition mit der AfD in Thüringen eingehe.
Oskar Schmidt aus Dermbach outete sich als überzeugter Nichtwähler. Er stellte aber Martin Henkel die Frage was aus den vielen AfD-Wählern werde und ob die CDU diese einfach ignoriere.
Angela Krell aus Bad Salzungen, deren Ehemann Uwe als AFD-Landtagskandidat antritt, ist nach Steinberg gekommen, weil sie neugierig war und hat sich in vielen der Themen hier wieder gefunden.
Sie macht Martin Henkel das Kompliment, ein Sympathieträger zu sein. Eine Warnung vor der neu gegründeten Partei BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) konnte sich Angela Krell nicht verkneifen.
Sascha Völkner, Bürgermeister von Gerstengrund, sieht in der RIaD einen Gegenpol zu den etablierten Parteien.
Martin Henkel resümierte zum Schluss: „Wir werden es nach den Landtagswahlen mit einer CDU-Minderheitsregierung versuchen.“
Antonius Schütz, dankte nach fast zweistündiger lebhafter Diskussion den über 50 anwesenden Teilnehmern für die angeregte Diskussion und wiederholte seine Forderung nach einem politischen Neuanfang.