Es geht nicht ohne Jagd – 130 Teilnehmende bei Workshop zum Wiesenvogelschutz in Hilders

Gastbeitrag von Nadja Moalem

Prädatorenmanagement als wichtige Begleitmaßnahme im Schutz bedrohter Offenland-Vogelarten: Unter diesem Titel stand Ende März eine Weiterbildungsveranstaltung, zu der das LIFE-Projekt „Rhöner Bergwiesen“, die Wildlandstiftung Bayern und der Birkwildhegering Hessische Rhön e.V. gemeinsam nach Hilders geladen hatten.

Das Interesse an den Praxisvorträgen zum Einfluss von Prädatoren (Fressfeinden) und der begleitenden Fallenausstellung war mit mehr als 130 Teilnehmenden aus ganz Deutschland enorm.

Nach der Begrüßung durch Torsten Raab, Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservates Rhön, unter dessen Dach das LIFE-Projekt angesiedelt ist, führte Moderator Elmar Herget, Sachgebietsleiter für Naturschutz beim Biosphärenreservat, in die Thematik ein.

Er beschrieb zunächst anhand von Zeigerarten wie Rebhuhn und Kiebitz den starken Rückgang von Vogelarten des Offenlandes infolge von massiven Lebensraumveränderungen.

Im Naturschutz hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich der anhaltende Schwund allein mit Verbesserungen der Lebensräume nicht stoppen lässt. Die aktive Bejagung von Prädatoren wie Fuchs, Waschbär und Marder gilt inzwischen beim Vogelschutz – zumindest in Kulturlandschaften – als unverzichtbar.

Prädatorenmanagement und begleitende Fortbildungsveranstaltungen sind im EU-geförderten LIFE-Projekt sogar als Pflichtaufgaben verankert.

Am Vormittag informierten Referenten aus der Praxis über ihre Erfahrungen mit bestandserhaltenden Maßnahmen von Wiesenvögeln aus verschiedenen Schutzgebieten in Hessen, Bayern, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und dem europäischen Ausland.

Die Erfahrung, dass Lebensraumverbesserungen und sporadische Bejagung von Raubwild alleine nicht ausreichen, um die Populationen bestandsgefährdeter Vogelarten wie Birkhuhn, Kiebitz und Uferschnepfe zu stabilisieren, konnten alle Experten bestätigen.

Sowohl der aktive Zugriff durch Fressfeinde als auch ein hohes Maß an Stress für mögliche Beutetiere durch die Anwesenheit dieser, lasse sich nur mit großflächiger und intensiver Bejagung eindämmen.

Diese müsse aber zeitgemäß, tier-und artenschutzgerecht und am besten professionell betrieben werden. Nur wenn sich die Jäger vor Ort intensiv beteiligen könnten Erfolge verzeichnet werden.

Invasive, gebietsfremde Arten gelten inzwischen als wesentliche Ursache für den Verlust der Biodiversität wie Biologe Norbert Peter vom Wildtierforschungsprojekt ZOWIAC der Goethe-Universität Frankfurt berichtete.

Durch die fortschreitende Veränderung und Verlagerung von Lebensräumen steigt weltweit auch das Risiko für Infektionskrankheiten, die von Zwischenwirten auf den Menschen übertragen werden.

Waschbär und Marderhund werden als Überträger von Viren und Parasiten in dieser Hinsicht als besonders kritisch eingestuft. Aufgrund ihrer rasanten Ausbreitung sieht der Biologe auch aus gesundheitlicher Sicht keine Alternative zu einer konsequenten Bejagung, die auch eine Sensibilisierung und Einbeziehung der Bevölkerung zum gesellschaftlich durchaus umstrittenen Thema erfordere.

Über ihre Erfahrungen mit passivem Prädatorenmanagement durch das Aufstellen von Schutzzäunen in Vogelschutzgebieten, referierten Berufsjäger Paul Rößler aus Mecklenburg-Vorpommern und Dr. Tobias Reiners von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie e.V..

Für Rößler erscheint diese Möglichkeit der Eindämmung von Raubwild nur in Kombination mit aktiver Bejagung der Fressfeinde sinnvoll, da nach seiner Erfahrung bei fehlendem jagdlichen Zugriff auf die Flächen die Zäune sogar zur Falle für die Tiere werden könnten.

Dr. Reiners berichtet von großartigen Erfolgen im Naturschutzgebiet Bingenheimer Ried in der Wetterau alleine durch die Installation einer aufwändigen Umzäunung.

Hier wurde mit einem stationären Elektro-Schutzzaun ein Paradies für seltene Brutvögel, wie Kiebitz, Bekassine und Spießente geschaffen, das inzwischen bundesweit Anerkennung genießt.

Gleichwohl betonte er, dass eingezäunte Schutzzonen nur eine Übergangslösung darstellen können. Die langfristige Stabilisierung der Vogelbestände kann nur durch eine Verbesserung der Lebensräume auf großer Fläche sichergestellt werden.

Die Veranstaltung wurde von einer mobilen Fallenausstellung begleitet, in der sich die Teilnehmenden über verschiedene tierschutzkonforme Fallensysteme informieren konnten.