Gastbeitrag von Anna-Lena Bieneck
Zehn Jahre Sternenpark: Dieses kleine, aber doch besondere Jubiläum haben rund 70 Rhönerinnen und Rhöner aus Hessen, Bayern und Thüringen auf dem Gipfel der Wasserkuppe gefeiert.
Hier, im Radom, schließt sich im Sommer 2024 ein Kreis: Vor zehn Jahren, am 7. August 2014, hat die International Dark Sky Association (IDA) mit der Übergabe einer Urkunde die Anerkennung des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön als „Dark Sky Reserve“ offiziell gemacht. Seitdem ist die Region bundesweit Vorreiter im Schutz der Nacht – und sie profitiert im Tourismus.
„In der Geschichte des Universums sind zehn Jahre ein Wimpernschlag“, sagte Fuldas Landrat Bernd Woide. „Trotzdem lohnt es sich, zu feiern, was sich seit 2014 entwickelt hat.“
Zu einem Rückblick auf diese zehn Jahre und zum Austausch hatten sich Vertreterinnen und Vertreter der Landkreise, der Sternenpark-Kommunen, des Biosphärenreservats sowie aus den Bereichen Naturschutz, Tourismus, Bildung und Energieversorgung auf der Wasserkuppe getroffen.
Dunkel und sternenreich war es um diese Uhrzeit zwar noch nicht. Es schien allerdings, als hätte der Himmel eine Ahnung gehabt, dass die Blicke an diesem Abend in besonderer Weise nach oben gerichtet sein würden.
Die warme Abendsonne und später die Blaue Stunde mit dem bunten Wolkenspiel, das sich auf die hessische, bayerische und thüringische Rhön legte – dieses Setting allein hätte wohl für eine festliche Stimmung ausgereicht. Und so war es eine besondere Atmosphäre auf dem höchsten Gipfel der Rhön, als nach und nach die Gäste am Radom eintrafen.
Dass der Sternenpark heute ein „Win-Win-Win-Projekt“ für Mensch, Natur und Klima in der Rhön ist, sei maßgeblich Sabine Frank zu verdanken, betonte Landrat Woide: „Sie brennen für das Thema. Ohne Ihr Herzblut, Ihr Engagement, Ihre Hartnäckigkeit, gäbe es den Sternenpark nicht.“
Eine Seminararbeit in ihrem Sozialwissenschaft-Studium an der Hochschule Fulda, in der sich Sabine Frank und weitere Kommilitonen mit dem Thema Lichtverschmutzung – also der Aufhellung des Nachthimmels durch Kunstlicht – und ihren Folgen beschäftigten, war der Anfang.
Mit dem Impuls, den Schutzstatus des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön auf die Nacht auszuweiten, wendete Frank sich im Jahr 2010 an die Verwaltungsstellen des Biosphärenreservats.
Vier Jahre, eine Machbarkeitsstudie und einige Überzeugungsarbeit bei den Kommunen und den fünf damaligen Rhön-Landräten später – die Landkreise stellten im Verbund der ARGE Rhön einen gemeinsamen Antrag – folgte dann im August 2014 schließlich die Auszeichnung durch die IDA.
Ohne Biosphärenreservat kein Sternenpark
Seitdem haben mehr als 40 Kommunen und Ortsteile in Hessen, Bayern und Thüringen die Sternenpark-Beleuchtungsrichtlinie unterzeichnet. Auch Gemeinden außerhalb der Gebietskulisse sowie Unternehmen beteiligen sich mittlerweile am Schutz der Nacht.
Zu den Maßnahmen zählen die Vermeidung von Kunstlichteinsatz, die Umrüstung von Beleuchtungsanlagen unter Beachtung von Parametern wie zielgerichtete Lichtlenkung, warme Lichtfarben mit geringem Blauanteil und bedarfsorientiere Beleuchtung und Intensität, aber auch zeitweise Abschaltung in der Nacht, für die sich die Kommunen und Unternehmen freiwillig entscheiden.
Was freiwillig mit den Beleuchtungsrichtlinien begann, ist mittlerweile sogar in das Bundesnaturschutzgesetz eingeflossen.
„Nach zehn Jahren ist Lichtverschmutzung in der Region kein Fremdwort mehr – das Bewusstsein ist geweckt. Das ist den Kommunen zu verdanken, die sich entschieden haben, den Weg mitzugehen. Denn Kunstlicht entsteht in den Siedlungen und kann nur dort reduziert werden“, bilanzierte Sabine Frank.
Sie stellte gemeinsam mit Dr. Andreas Hänel, wissenschaftlicher Begleiter des Sternenparks, eindrucksvoll die Historie vor. Ein Ergebnis: Dank des breiten Engagements konnten Lichtimmissionen in der Rhön deutlich reduziert werden. Das lässt sich an speziellen Messungen der Himmelshelligkeit zeigen.
Trotzdem: „Dass verschmutztes Wasser und Lärm eine Bedrohung sind, darin sind sich alle einig. Für Licht gilt diese Erkenntnis leider noch lange nicht“, sagte Sabine Frank.
Sie erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Sternenpark-Auszeichnung nicht dauerhaft ist, sondern die Maßnahmen und Erfolge regelmäßig bei der IDA nachzuweisen sind.
Die Auszeichnung der Rhön als eines von derzeit 22 Dark Sky Reserves weltweit ist gemäß den internationalen Vorgaben an ein bestehendes Schutzgebiet geknüpft. In der Rhön ist es das UNESCO-Biosphärenreservat.
„Das Hauptziel im Sternenpark Rhön ist der Schutz der Nacht, also ein sensibler Umgang mit Licht und Beleuchtung, um die Lichtverschmutzung aus Siedlung und Gewerbe zu minimieren. Die Störung der Biodiversität durch Licht, vor allem in den Schutzgebieten, soll vermieden werden“, sagte Dr. Doris Pokorny, Leiterin der Bayerischen Verwaltung des Biosphärenreservats.
„Weitere positive Effekte sind: Mehr Energieeinsparung und Klimaschutz, Gesundheit und Lebensqualität – und ein erlebbarer Sternenhimmel. Der Schutz der Nacht entwickelt also noch viele weitere Potenziale, von denen die Rhön profitiert – ganz im Sinne des Biosphärenreservats, das als Modellregion für nachhaltige Entwicklung nicht nur den Naturschutz im Fokus hat, sondern ein nachhaltiges Miteinander von Mensch und Natur.“
Touristische Wertschöpfung
So hat die Region auch maßgeblich vom touristischen Alleinstellungswert des Sternenparks profitiert. Bereits vor 2014 waren Sternenführungen von Astronomie-Begeisterten wie Sabine Frank ein beliebtes Angebot.
Dieses Angebot ist stetig gewachsen – weitere Sternenparkführerinnen und -führer wurden ausgebildet, und zahlreiche weitere Attraktionen wie Himmelsschauplätze, Sternenkinos und die jährlichen Sternenparkwochen sind hinzugekommen.
„Beim Thema Sternenpark stellt sich die Frage der Zielgruppe nicht. Der Sternenhimmel begeistert alle“, sagte Johannes Metz, Geschäftsführer der Rhön GmbH, der die regionale Wertschöpfung hervorhob: „Nicht nur Einheimische, sondern Menschen aus ganz Deutschland kommen in die Rhön, um unseren einzigartigen Nachthimmel zu erleben. Viele dieser Gäste übernachten dann hier, gehen hier essen, kaufen hier ein und nutzen weitere Erlebnisangebote.“
Die Frage, wie der Tourismus und der Schutz der Nacht Hand in Hand funktionieren können, sei dabei immer aktuell und erfordere von Rhön GmbH, Biosphäre und den weiteren Akteuren gemeinsame Strategien, „die zusammen konstruktiv vorangetrieben werden“.
Zu einer kulinarischen Reise lud am Veranstaltungsabend die Fleischerei Meissmer, Partnerbetrieb im Dachmarke Rhön e.V., ein. Durch das Programm führte Dr. Mathias Schmidt, selbst Sternenpark-Experte, der auch die Grüße von Gersfelds Bürgermeister Dr. Steffen Korell überbrachte.
Klaus Schenk und George Wagner begleiteten den Abend musikalisch mit Vibraphon und Gitarre – in der Kuppel des Radoms war das ein besonderes akustisches Erlebnis.
Besondere Erlebnisse stehen im Jubiläumsjahr des Sternenparks im Fokus: zum Beispiel im Rahmen der Rhöner Sternenparkwochen vom 21. Juli bis 12. August.
Ausführliche Infos zum Jubiläum, zu Veranstaltungen im Sternenpark Rhön und zum Schutz der Nacht sowie fachliche Materialien, darunter Planungshilfen für umweltverträgliche Beleuchtung, findet man online www.10-jahre.sternenpark-rhoen.de