Beitrag von Michael Knauf
Die Husenkirche soll eines der ältesten Steingebäude der Stadt Bad Salzungen und das älteste Kirchengebäude im Werratal sein. Wie eine alte Inschrift an der Kirche bezeugte, wurde diese im Jahre 1161, durch eine Initiative des Hersfelder Abt Willibald erbaut und von dem Bischof von Schleswig, „in Honorem St.Georgil“, dem heiligen Georg geweiht.
Das Gotteshaus war ein schmuckloses, rechteckiges Steingebäude mit einem rechteckigen Altarraum an der Ostseite, sowie einer turmlosen und schlichten Dachkonstruktion über einer spätgotischen Holzdecke.
An der Nord-und Südseite befand sich jeweils ein eingelassenes Spitzbogenfenster mit steinernen Maßwerken. Zu erwähnen wäre noch die Sakramenten Nischen aus den Jahren um 1550 bis 1600.
Allerdings gibt es auch Überlieferungen, dass vorher auf dem Platz der Husenkirche eine von Bonifatius geweihte, einfache und hölzernere Kirche, gestanden haben soll.
Die Kirchruine erlebte in den 863 Jahren ihres Bestehens wechselvolle und interessante Geschichten. Wie zum Beispiel einer der bedeutendsten Lutherforscher des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, Prof. Dr. Dr. Böhmer, recherchierte, sollen im Jahr 1480 die Eltern von Martin Luther, Hans Luther und Margarete Lindemann aus Möhra, hier den Bund der Ehe eingegangen sein.
Da die Braut schwanger war, wurde die Trauung im Portal der Husenkirche vollzogen und das Paar durfte das Kircheninnere nicht betreten.
Während des Bauernkriegs im Jahr 1525 belagerte eine Ansammlung von um die 8000 aufständischen Bauern, genannt der Werrahaufen, Salzungen und die Umgebung.
Das Dorf Husen (Hausen) wurde von ihnen bis auf die Kirche zerstört. Die Ländereien um die Kirche von Husen wurden zum Friedhof von Salzungen.
Ab dem Jahr 1536 gab es in der Husenkirche kein Pfarramt mehr, und der letzte dortige Pfarrer verstarb 1551. Ab diesem Zeitpunkt fungierte die Husenkirche als Friedhofskapelle.
Eine neue Friedhofsmauer wurde 1557 errichtet. In den Jahren von 1615 bis 1617 erfolgte eine Modernisierung und ein Umbau des Gotteshauses.
Im Laufe des Dreißigjährigen Krieges plünderten, am 10. Juni 1640, die Schweden Salzungen und zerstörten unter anderem die Stadtkirche St. Simplicius. Nun kam die Husenkirche wieder zu Ehren und alle Gottesdienste wurden hier abgehalten.
Auch nach dem großen Stadtbrand von 1766, wo ein Großteil der Stadt und die Stadtkirche Opfer der Flammen wurden, musste die Husenkirche, vor Salzungen gelegen, erneut mit der Zelebrierung von heiligen Messen aushelfen.
Durch den Neubau einer Friedhofskirche und die Errichtung eines Krematoriums im Jahr 1909, wurde die Husenkirche nur noch gelegentlich als Friedhofskapelle genutzt.
Von 1933 bis 1937 kam es durch einen Auftrag der evangelischen Kirche als damalige Eigentümerin der Husenkirche, zu einer Restaurierung sowie zu Reparatur- und Renovierungsarbeiten.
In den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs, am Karsamstag dem 31. März 1945, die 3. US-Armee war auf dem Vormarsch, wurde die Husenkirche durch eine Bombenexplosion am nahegelegen Güterbahnhof zerstört.
Zwei gedeckte Güterwaggons eines Munitionszugs waren durch den Beschuss zweier amerikanischer Tiefflieger P-51 D Mustang in Brand geraten und es wurde von der HJ-Feuerwehr versucht, diese zu löschen.
Plötzlich näherten sich, über der Stadtkirche anfliegend, zwei Jagdbomber P-47 Thunderbolt und bombardierten den Munitionszug. Der Lokführer versuchte noch den Zug, welcher kurz hinter der Lokomotive und am Zugende jeweils einen Plattformwaggon mit einer Vierlings Flak mit sich führte, in Richtung Leimbach, aus dem Bahnhofsgelände zu fahren - aber vergeblich.
Eine riesige Explosion erfasste den Zug, die Bahnanlagen und umliegende Gebäude wurden zerstört oder teilweise schwer in Mitleidenschaft gezogen. Durch die Luftangriffe an diesem Ostersamstag verloren um die zwanzig Einwohner von Bad Salzungen ihr Leben. Es entstand ein riesiger Krater und von der Husenkirche standen nur noch die Außenmauern, die gesamte Dachkonstruktion war eingestürzt.
Nach dem Kriegsende und in den folgenden vierzig Jahren der DDR verfiel die Ruine der Husenkirche in einem Dornrösenschlaf. Vielmehr diente sie den damaligen Oberen als ein Mahnmal (Umwidmung): „Gegen Zerstörung und Krieg“, ähnlich wie die Dresdener Frauenkirche.
Erst in den 1990iger Jahren wurde wieder der Husenkirche gedacht und zumindest an einer Erhaltung und Konservierung der Kirchenruine gearbeitet. Außerdem konnte diese wegen ihrer Einzigartigkeit in die Denkmalsliste aufgenommen werden und wurde unter Schutz gestellt.
Die Fenster der Husenkirche waren aus weiß-rot gebändertem Dermbacher Sandstein erbaut. Anfang des Jahres 1993, musste ein nur noch aus Fragmenten bestehendes Maßwerkfenster aus dem gleichen Material, mit den dazugehörigen Fensterstäben, neu angefertigt werden, wobei die verbleiten Quereisen aus V4A-Stahl bestehen.
Diese Arbeiten führten der Steinmetz und Bildhauerbetrieb Lutz Scheibner aus Braunschweig, die Firma Oehme aus Plauen unter Mitwirkung der Dermbacher Firma „Natursteine“ Stefan Bräuning und Christina Rassbach GbR aus.
In den Wintermonaten 2000 bis 2001 werden die Mauerdurchbrüche der nördlichen Pforte geschlossen und die Mauerkrone des Langhauses gefestigt.
Im Sommer 2011 begann man mit aufwendigen, archäologischen Grabungen an der Husenkirche-Ruine, sowie in deren Chorbereich. Die Archäologinnen Regina Frimel und Maritta Reicherdt waren erfolgreich und konnten durch ihre erstaunlichen Fundstücke eine Siedlung aus der Bronzezeit nachweisen.
Im Herbst 2020 konnten im Innenraum der Kirchenruine Putzarbeiten und Fassungskonservierungen, durch den Förderverein Husenkirche e.V. vorgenommen werden.
Seit dem Jahr 2022 ist die Stadt Bad Salzungen durch einen Erbpachtvertrag mit der evangelischen Kirche, Eigentümer der Ruine-Husenkirche. Die evangelische Kirche behält sich in allen Angelegenheiten ein Mitspracherecht vor.
Mit einer Sonderausstellung „Dialog mit dem Sterben-Ausstellung zur Husenkirche- Grablege Salzunger Bürger“, im Bad Salzunger Museum am Gradierwerk, machte im Herbst 2022 der Förderverein Husenkirche eine breite Öffentlichkeit auf den sehr schlechten Zustand der Kirchenruine aufmerksam.
Der im Jahr 2006 gegründete Förderverein Husenkirche e.V. stellte sich die Aufgabe und machte sich zum Ziel, die kulturhistorische Sakral-Gebäuderuine zu sichern, zu reparieren und für die Nachwelt zu erhalten.
Durch die sehr gute Zusammenarbeit mit der unteren Denkmalbehörde des Wartburgkreis, dem Thüringer Landesamt für Denkmalspflege, der Stadt Bad Salzungen und des Fördervereins Husenkirche e.V., konnte in nur sechs Monaten Bauzeit (ab Juli bis Oktober 2023), die Ruine der Husenkirche durch ein Glasdach vor Witterungsschäden geschützt werden.
Das Glasdach hat ein Gewicht von 40 Tonnen. Das Projekt konnte durch eine Förderquote der EFRE (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung) mit EU-Mitteln zu 80 Prozent abgesichert werden. Die Betreuung der Baumaßnahmen übernahm das bekannte Ingenieurbüro für Statik und Konstruktion Trabert + Partner aus Geisa.
Einige noch wichtige Sanierungsarbeiten sind bereits in der Planung. Weiterhin sind private Spenden nötig. Auch freiwillige Helfer für die Pflege des Friedhofsareals sind jederzeit herzlich willkommen.
Drehen wir die Zeit zurück und betrachten den Zustand der Kirchenruine nach der gewaltigen Explosion am 31. März 1945: Von der Husenkirche standen nur noch die äußeren Mauern alles andere lag in Trümmern. Wie durch ein Wunder konnten einige Gemälde/Epitaphe die schon über Jahrhunderte die Innenräume des Gotteshauses geziert hatten, sichergestellt werden und wurden in die Stadtkirche „St. Simplicius“ ausgelagert.
Einiges ging verloren oder wurde entwendet. Alles Brennbare wurde zu Feuerholz, noch erhaltene Dachspannen dienten als Bauholz. 1953 war die Kirche nur noch eine Ruine.
Bei Reparaturarbeiten der Kirchturmuhr in der Stadtkirche wurden um das Jahr 1998 im Kirchturm Gemälde/Epitaphe aus der Husenkirche entdeckt und anschließend restauriert. Das bekannteste Gemälde "Die Braut in der Husenkirche“ oder auch „Die Rosmarinbraut“, ist nicht mehr auffindbar oder zerstört worden.
Der Salzunger Dialektdichter und Sagenforscher Christian Ludwig Wucke konnte um 1864 in seinen Werken dieses Gemälde umfassend beschreiben. Lassen wir ihn an dieser Stelle zu Wort kommen:
„Auf dem Gemälde ist eine holde Jungfrau mit Brautschmuck stehend vor dem Altar zu sehen. Ein kleines goldenes Kränzchen ziert ihren Hinterkopf, während die lichtblonden Locken zu beiden Seiten des lieblichen Kopfes auf einen weißen, reich mit Spitzen besetzten und durch schwarze Schleifen zusammengehaltenen Kragen niederwallen die Brust und Schultern verhüllt.
Das Kleid ist lang und schwarz, die linke, mit dem Brautringe geschmückte Hand liegt auf ihrem Herzen, in der erhobenen rechten Hand hält sie ein Herz aus welchem ein Rosmarinzweig herausgewachsen ist. Auf dem Altar liegt ein Gebetsbuch, von Rosmarin umgeben, daneben ein flammendes Herz und ein Kreuz, von dem Blutstropfen herniederfallen, deren Bedeutung durch Bibelsprüche ausgedrückt sind.
In der oberen, linken Bildhälfte sehen wir Jesus Christus, von Engelsköpfen umgeben, welcher der Jungfrau die Krone des ewigen Lebens aus den Wolken herabreicht und Worte des Trostes dem Herzen der Jungfrau darreichend. Gegenüber in der rechten Ecke steht ebenso Gott, der Vater, mit einem Gnaden Spruch. In der Mitte über beiden schwebt über Lichtstrahlen die Taube als Symbol des Heiligen Geistes.“
Unter dem mit goldenen Bibelsprüchen verzierten Rahmen des Gemäldes soll ein Hinweisschild angebracht gewesen sein, auf welchen folgender Satz zu lesen war: „Gott zu Ehren und Christlichem Gedächtnis der Viel Tugendreichen Jungfrau Anna Margareta Antonia, Ernst Cyriaci Antony, Diacony allhier und Frau Margaretha, geb. Fuldin ältesten Tochter, so dieser Welt geboren A. 1640 den 16.July und 1655 den 31.August wiederum aus derselben mit ihren letzten Zügen inständig begehrten und in den Händen habenden Rosmarin-Zweigleins als eine wohlgeschmückte Braut zu ihrem himmlischen Bräutigan ihres Alters 15 Jahre 6 Wochen 3 Tage, Selig hingeschiedenen.
Mit dem sie auch nunmehr in steter Liebe wallet, singet, springet, jubilieret, triumphieret und dankt dem Herrn, dem großen König der Ehren. Aufgerichtet von obvermelten, hochbetrübten Eltern im Jahre 1656.“
Des Pfarrers Töchterlein soll so schön und ungewöhnlich reich gewesen sein, dass sich einige junge Männer um ihre Gunst bewarben. Anna Margarete aber wies alle Bewerber mit der Begründung ab, sie habe sich ihren Herrn und Heiland als Braut verlobt und würde niemals einen irdischen Mann ihr Herz schenken.
Dies betrübte selbstverständlich ihre Eltern sehr. Als sich nun abermals ein angesehener Freier einstellte, ließen die Eltern ihr keine Ruhe, bis sie endlich, wenn auch unter bitteren Tränen den Manne ihr Ja-Wort gab. Doch äußerte sie hierbei das dieses Versprechen ihr Tod sein würde.-Nunmehr wurde für eine große Hochzeit gerüstet.
Je näher der Hochzeitstag nahte um zu stiller und ergebener wurde die Braut. Doch in dem Augenblick, als ihr Vater, welcher die Trauung selbst verzog, ihr das Jawort abforderte stürzte das arme Menschenkind tot zu den Füßen des Vaters nieder.
Nach einer anderen Überlieferung Wuckes, soll folgendes Geschehen sein: „Die Jungfrau habe sich mit einem armen aber sehr hübschen Jüngling verlobt. Gegen den Willen ihrer Eltern und der Verwandtschaft. Diese brachten es soweit, dass das Mädchen den selbstgewählten Mann wieder verabschiedete und einem reichen Manne, von ihren Eltern auserwählt, ihre Hand zu sagte.
Am Hochzeitstag schickte ihr, der frühere Verlobte einen prachtvollen Strauß mit vergifteten Rosmarinstengel. Die Braut nahm den Strauß mit zur Trauung. Währen der Zeremonie wurde ihr plötzlich übel. Die Braut roch an den Blumenstrauß, worauf sie tot niederstürzte.“
-Frei nach Sagen und Überlieferungen von Christian Ludwig Wucke erzählt-
Wer mehr über die Geschichte der Bad Salzunger Husenkirche erfahren möchte, dem empfehlen wir folgende Literatur:
-Chronik Bad Salzungen, Bad Salzungen 2000, Druckerei Thümmes, Autor: Hartmut Ruck
-Geschichten und Erzählungen über besondere Persönlichkeiten, Originale und Ereignisse von Bad Salzungen und Umgebung, Bad Salzungen 2015, Autorin: Ingeborg Häuser
-Die Husenkirche, Bau-und Kunstdenkmäler Thüringens, Herzogtum Sachsen Meiningen, Autor: Ludwig Hertel, Jena 1909, Seiten 19 bis 24,
-Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Vorder-und Hohen Rhön, sowie aus dem gebieten der fränkischen Saale, MV Literatur, Autor: Chr. Ludwig Wucke, ISBN 978-3-75351-989-0
Über eine Unterstützung jeglicher Art würde sich der Förderverein Husenkirche e.V. freuen!
Kontakt: Vorsitzender Detlef Schulz
E-Mail: info@husenkirche.de
www.husenkirche.de,
Spendenkonto des Förderverein Husenkirche e.V
IBAN: DE29 8405 5050 0012 0359 39
Wartburgsparkasse
BIC: HELADEF1WAK
Auf diesem Wege möchten wir uns bei dem Vorsitzenden des Fördervereins Husenkirche e.V. Detlef Schulz, der zweiten Vorsitzenden Rosmarie Zeitz, sowie dem Museumsleiter des Museums am Gradierwerk Steffen Krüger aus Bad Salzungen, der ehemaligen Museums und Ausstellungsleiterin Ulrike Rönnecke aus Erfurt für ihre Hilfe und Unterstützung bei der Erarbeitung des vorliegenden Beitrags bedanken.
Quellen:
Literatur von Chr. L. Wucke, o.g. Publikationen, Tageszeitungen STZ, Freies Wort, Internet Wikipedia, Informationen des Förderverein Husenkirche e.V. Bad Salzungen und der Stadtverwaltung von Bad Salzungen, Archiv des Museum am Gradierwerk Bad Salzungen, o.g. ehemalige Sonderausstellung (2022 bis 2023) von Ulrike Rönnecke im Museum am Gradierwerk in Bad Salzungen,
Worterklärung:
Epitaph = Andachtsbilder, die für Verstorbene gestiftet wurden und diese auch meist als Bittende mit darstellen, erhielten durch entsprechende Inschriften zunehmend Memorialcharakter