Die Toten Hosen in Ost-Berlin – „Auswärtsspiel“ beim Sommerkino auf Point Alpha

Gastbeitrag von Wolfgang Weber

Kurz nach ihrer Gründung führt die Düsseldorfer Punk-Band „Die Toten Hosen“ die Stasi an der Nase herum: Campino, Andi, Breiti & Co. geben 1983 ein Geheimkonzert in der damaligen DDR.

Rund 150 Zuschauer waren ins US Camp der Gedenkstätte Point Alpha gekommen, um das „Auswärtsspiel – Die Toten Hosen in Ost-Berlin“ im Rahmen des Point-Alpha-Sommerkinos auf großer Leinwand zu verfolgen.

Die filmische Dokumentation im authentischen Geschichtsort fängt ein legendäres deutsch-deutsches Abenteuer während des Kalten Krieges ein. Und es schwingen die ewig aktuellen Fragen mit: anpassen oder auflehnen, funktionieren oder frei sein?

Der Filmemacher Martin Groß hat sich 40 Jahre später für seinen Mehrteiler „Auswärtsspiel“ auf Spurensuche begeben und diesen verwegenen Roadtrip wiederholt – gemeinsam mit den Toten Hosen und all den Helfern, die die „kirchliche Veranstaltung mit musikalischer Untermalung“ in der Erlöserkirche 1983 ermöglicht hatten.

Als Ehrengast auf Point Alpha erzählt Groß von den Dreharbeiten, plaudert aus dem Nähkästchen und erlaubt einen Blick hinter die Kulissen dieser Produktion. Mit Begeisterung für die Musikszene und historischem Blick für Teilperspektiven politischer Prozesse in Ost und West arbeitet der Regisseur in dem Film den illegalen Auftritt auf.

Er trifft den schillernden Musikmanager Mark Reeder und DDR-Punks, die verraten, wie sie an Mielkes Stasi vorbei verbotene Konzerte organisierten. Allen voran die Berliner Punk-Band „Planlos“, die damals als Vorgruppe auftrat - mit dem späteren ARD-Tatort-Kommissar Bernd Michael Lade am Schlagzeug.

Regisseur Groß verknüpft Archivmaterial mit Interviews, ergänzt mit animierten Cartoon-Sequenzen und Anekdoten, untermalt die Szenen mit Punk-Hymnen, aber auch mit Unterhaltsamem und Humor.

So entsteht sowohl ein lebhaftes Bild des aufsässigen Rebellentums und des Zusammenhalts innerhalb der Punk-Szene als auch ein politisches Zeitbild deutsch-deutscher Historie aus der Sicht von unangepassten Außenseitern. Was im Westen rotziges Aufbegehren gegen das Establishment ist, gilt im Osten als bedrohliches Feindbild für das SED-System.

„Ich war beeindruckt, welche Courage die Jugendlichen damals hatten, etwas auszuprobieren, und sehe dabei die Musik als große Kraft, Position zu beziehen“, fasst Groß in der Gedenkstätte zusammen.

„Wir wollten ausbrechen aus den klassischen Rollen, aus dem glatten und grauen Alltag, uns gegen das Eingesperrtsein wehren und waren sogar stolz darauf, im System nicht erwünscht zu sein“, erinnert sich Silke „Cat“ Klug. Sie war damals als Ost-Punkerin und Fan der Hosen „live“ mit dabei.

„Es war eine heiße Nummer. Wir alle hätten dafür in den Knast wandern können“, erzählt die Zeitzeugin den Gästen auf Point Alpha. Die Subkultur mit ihrer Wut, Verweigerung und Provokation wurde von den staatstreuen Bürgern der Diktatur verachtet, von DDR-Behörden drangsaliert.

Doch Punk bedeutete auch ein Stück Freiheit. „Ich wusste, in mir steckt etwas Besonders und das habe ich gesucht“, sagt Klug.

Zu Beginn gab es für die Filmfreunde eine kompakte Einführung durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin Aline Gros, die den Film einordnete und ergänzende Informationen bot.

Im Anschluss an die Vorführung blieb noch Zeit, um miteinander und mit den Gästen aus der Filmbranche ins Gespräch zu kommen.