Gastbeitrag von Sascha-Pascal Schimmel
Zu diesem Schritt gehört eine ordentliche Portion Mut. Patty und Yao sind vor bald zwei Jahren von Thailand nach Deutschland gezogen. Vieles hat sich für die Krankenschwestern geändert. Nun halten sie den Lohn für ihren Mut in den Händen.
Es ist knapp zwei Jahre her: Im Februar haben Patty und Yao ihr Deutschlandabenteuer gestartet. Seitdem arbeiten die Thailänderinnen in der Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld. Nun haben sie ein erstes großes Ziel erreicht. Die gelernten Krankenschwestern dürfen sich seit einigen Wochen Pflegefachkraft nennen.
Der Weg dorthin ist eine große Herausforderung gewesen. Nicht nur wegen der berufsspezifischen Anpassungslehrgänge, die sie in Deutschland belegt haben. Sie mussten sich in einem komplett neuen Umfeld zurechtfinden.
Fremde Sprache, anderes Klima und andere Lebensmittel – außerdem extrem weit weg von zuhause. Viele Dinge, die Menschen Sicherheit geben, haben sich für Patty und Yao also geändert. Umso bemerkenswerter, dass beide nun ihr Examen in den Händen halten.
Patty und Yao sind übrigens die Spitz- als auch die Rufnamen der beiden thailändischen Pflegekräfte – in Hünfeld und in ihrer Heimat. Patty heißt eigentlich Phatraporn Poromsai, Yaos Name bedeutet Yaowapa Matsombat. In Thailand hat jeder einen solchen Spitznamen. Häufig, weil der bürgerliche Name recht lang ist.
Die Prüfung hatte es in sich
Die zwei Thailänderinnen sind jedenfalls glücklich, die Examensprüfung bestanden zu haben. „Es war schon ziemlich schwer“, sagt Patty. Und sie ergänzt: „Wir haben die Prüfung gemeinsam mit einer Freundin, die auch aus Thailand kommt, gemacht. Sie arbeitet in einem Krankenhaus in Fulda.“
Auch den Weg zum Examen mussten Patty und Yao nicht alleine gehen. An ihrer Seite hatten sie eine stetige Begleiterin: Sabrina Junker. Junker – mittlerweile Pflegedirektorin der Hünfelder Klinik – ist eine Art Mentorin für beide gewesen.
Mit ihnen hat sie jede Woche Fallbeispiele besprochen und so nebenbei die Deutschkenntnisse der neuen Kolleginnen aufpoliert. Außerdem konnten Sie sich auf die Unterstützung ihrer Kolleginnen und Kollegen auf den Stationen verlassen. Ziemlich wichtig für die Anpassungslehrgänge und die abschließende mündliche Examensprüfung.
Die Prüfung hatte es inhaltlich in sich. Patty und Yao mussten ihr Wissen über verschiedene Krankheitsbilder unter Beweis stellen.
Unter anderem ging es um den Umgang mit Schlaganfallpatienten und die Symptome bei einem Herzinfarkt. Weitere Themen sind die Schmerzmittelgabe und Untersuchungsmethoden gewesen.
Weitere Aufgaben, mehr Verantwortung
Wissen, dass die beiden Frauen aus Thailand auf dem Weg zum Examen nicht nur theoretisch erworben haben. Bereits in der Zeit vor der Prüfung sind Patty und Yao, die in Thailand zu Krankenschwestern ausgebildet worden und in diesem Beruf tätig gewesen sind, in der Helios Klinik in Hünfeld im Einsatz gewesen – und zwar als Pflegehelferinnen.
Als solche haben sie beispielsweise Patienten umgelagert und mobilisiert, sind bei Visiten dabei gewesen, haben Vitalparameter wie den Puls gemessen oder Patienten zu Untersuchungen gebracht.
Seit die beiden die Examensprüfung bestanden haben, sind neue Aufgaben hinzugekommen – und es werden weitere folgen. Als Pflegefachkräfte tragen sie die alleinige Verantwortung für mehrere Patienten.
Sie stellen und reichen Medikamente, gehen in den fachlichen Austausch mit Ärzten und arbeiten Visiten ab.
Das Heimweh lässt nach
Nach einem solchen Tag gehen Patty und Yao dann nicht einfach auseinander. Sie sind nicht nur Kolleginnen, die zur selben Zeit aus demselben Land nach Deutschland gekommen sind.
Sie teilen sich auch eine Wohnung. Das hat gerade zur Beginn einiges erleichtert. Vor allem, wenn das Heimweh zu groß geworden ist.
„Es ist schön, nicht alleine zu sein“, sagte Yao einmal zu Beginn ihrer Zeit in Deutschland. „Patty ist eine gute Zuhörerin und eine Art Sitterin für mich.“ Und Patty ergänzte damals: „Yao hilft mir sehr, sie kümmert sich viel um mich.“
Heimweh plagt die beiden zwar immer noch dann und wann. „Besonders wenn ich nach einem Besuch bei meiner Familie in Thailand wieder zurück bin, bin ich traurig“, sagt Yao.
Und Patty kann nicht verschweigen, dass ihr das thailändische Essen immer mal wieder fehlt. Dennoch ist die Sehnsucht nach zuhause zum Glück deutlich weniger heftig geworden. Und das Examen wird beiden einen weiteren Schub geben.