Grenzenlos & ausgezeichnet – ADFC vergibt drei Sterne für den Werratal-Radweg

Gastbeitrag von Andrea Dominik

So wie sich die Werra längst als Identitätsstifterin in die Herzen der Menschen hineinmäandert hat, so hat sich der Werratal-Radweg zu einer Radverbindung entwickelt, auf die die Fahrradfreundinnen und -freunde zwischen Südthüringen, Nordhessen und Südniedersachsen nicht mehr verzichten wollen und die sie stolz an ihre Gäste aus der Ferne weiterempfehlen.

Das liegt nicht nur an der Schönheit des Werratals und der romantischen Landschaften rechts und links davon, sondern vor allem auch daran, dass der Werratal-Radweg auf seinem Kurs vom südlichen Thüringer Wald bis zum Weserbergland das Rückgrat für mindestens 34 weitere Radfernwege und Themenradrouten bildet.

Kontrovers haben die Vorstände der Werratal Touristik e. V. über das Für und Wider einer ADFC-Klassifizierung für den Werratal-Radweg diskutiert. Einen fünfstelligen Geldbetrag für Sterne, deren Effekt nicht genau messbar ist.

Die Gäste kommen doch auch ohne teure Sterne. Solche und andere Gegenargumente wurden ins Feld geführt. Am Ende war es die Zeit, die den Entschluss reifen ließ. Und die Gewissheit, dass sich nichts bessert, wenn man sich keine Ziele setzt.

In Thüringen hat es lange gedauert, bis die Defizite in der radtouristischen Infrastruktur behoben waren. In diesen Prozess haben sich viele Thüringer Kommunen mit großen Investitionen eingebracht, die vom Freistaat Thüringen kofinanziert wurden.

Da der Wartburgkreis über den längsten Werratal-Radweg-Abschnitt verfügt, waren die Anstrengungen hier auch besonders groß. Wichtigste Baumaßnahmen waren der seitenbegleitende Radweg parallel zur Kreisstraße K 97 zwischen Bad Salzungen und Tiefenort.

Die hier in mehreren Bauabschnitten errichtete Radverkehrsanlage mit ihren Balkonen über den sensiblen Auenbiotopen ist den Verantwortlichen des Wartburgkreises wirklich gut gelungen und sucht weithin ihresgleichen.

Die architektonisch spektakulären Radwegbrücken in Ebenau und in Frankenroda tragen viel zur Attraktivität des Werratal-Radwegs bei. Der Ausbau des Radwegs unterhalb der Krayenburg, das lange geplante und hervorragend umgesetzte Investitionsprojekt der Kreisstadt Bad Salzungen, hat die Maßnahmen abgerundet und nach Jahrzehnten die mühevolle Bergtour über den Krayenberg obsolet gemacht.

In Hessen hat der staatliche Mobilitätsdienstleister Hessen Mobil den Werratal-Radweg erst vor einigen Jahren ins Netz seiner Radfernwege aufgenommen.

Damit verbunden war die Einbindung des hessischen Werratal-Radweg-Abschnitts in das Qualitätsmanagement von Hessen Mobil – mit Qualitätssteigerungen, die die Thüringer noch heute neidisch machen.

Und in Niedersachsen liegt das Hauptaugenmerk natürlich auf dem Weserradweg, der seit Jahrzehnten die vorderen Plätze in der Beliebtheit der deutschen Radfernwege einnimmt.

2022 wurde der Klassifizierungsprozess dann endlich gestartet. Dr. Monika Micheel, Qualitätsbeauftragte für den Werratal-Radweg bei der Werratal Touristik e. V., erfasste gemeinsam mit Diethard Lindner, dem Qualitätsbeauftragten beim hessischen Geo-Naturpark Frau-Holle-Land die erforderlichen Daten.

Gemeinsam leiteten sie die ersten Maßnahmen zur Behebung festgestellter Mängel ein. Durch die Doppelbelegung der Werratal-Radwegstrecke zwischen Witzenhausen und Vacha mit dem Iron Curtain Trail (EuroVelo13) wurde ein weiterer Qualitätsmeilenstein erreicht: Die Strecke wurde komplett mit der neuen bundesweit einheitlichen FGSV-Beschilderung versehen.

So konnte der ADFC-Prüfer im Sommer 2023 nicht anders als dem Werratal-Radweg „großes Potenzial“ zu attestieren. Insbesondere lobte er das landschaftlich reizvolle Flusstal, die schönen Ausblicke und die häufig verkehrsarmen Wege.

Abwechslung brächten nach seiner Ansicht die zahlreichen Sehenswürdigkeiten und die schönen Fachwerkstadt- und -ortskerne der Werratalorte.

Während der Prüfer im Ergebnis seiner Befahrung für acht Kriterien jeweils vier oder sogar fünf Sterne vergeben konnte, wurden in den beiden entscheidenden Kategorien „Wegweisung“ und „Wegebreite“ nur unterdurchschnittliche Werte erreicht.

Die Beschilderung konnte zwar durch das Engagement der Thüringer Landkreise zwar noch verbessert werden. Die durch Poller, Umlaufschranken und ähnliche Hindernisse verursachte mangelnde Wegebreite verhinderte jedoch letzten Endes das ehrgeizige Ziel eines Vier-Sterne-Radwegs.

Drei Sterne für den Werratal-Radweg kann und sollte die Werratal Touristik e. V. nun gebührend feiern, darin waren sich Geschäftsführerin Heidi Brandt und ihr Kollege Jörg Peters, Tourismusverantwortlicher im Landkreis Hersfeld-Rotenburg, der zur Urkundenübergabe am Montag mit zur CMT nach Stuttgart gereist war, einig.

Beide werden aber auch im Verbandsvorstand dafür plädieren, das Vier-Sterne-Ziel bis zur Reklassifizierung 2027 wieder ins Auge zu fassen. Schließlich lautete die Ermutigung des ADFC-Prüfers: „Durch die sehr guten Bewertungen in fünf Kategorien steht dem Werratal-Radweg die Möglichkeit offen, mittel- oder langfristig eine Vier-Sterne Klassifizierung zu erreichen.“

Hintergrund:

Die ADFC-Sterneklassifizierung ist ein anerkanntes Gütesiegel für Radwege in Deutschland. Sie bewertet Kriterien wie die Oberflächenqualität, Wegbreite, Beschilderung und touristische Infrastruktur.

Die Klassifizierung hat eine Gültigkeit von drei Jahren und motiviert zu kontinuierlichen Verbesserungen. Im Rahmen des Klassifizierungsverfahrens profitiert ein Radweg von der professionellen Prüfung, die nicht nur Schwachstellen aufdeckt, sondern dank eines verbundenen und umfassenden Qualitätsmanagements auch die Grundlage für gezielte Verbesserungen bildet.

Die Werratal Touristik e. V. ist der Tourismusverband für das gesamte Werratal von den Quellen bis zur Mündung mit Sitz in Bad Salzungen.

Den Vorsitz hat derzeit Landrätin Nicole Rathgeber, Werra-Meißner-Kreis, inne. Geschäftsführerin ist Heidi Brandt, Landratsamt Wartburgkreis.